Der Freizeitpark will sich vergrößern, bislang blockierte die Brühler Politik die Pläne. Warum sich das bald ändern könnte – und was geplant ist.
Nabu erwägt KlagePhantasialand will Hotelresort und Halle bauen – So realistisch sind die Pläne
Noch sind es rund neun Monate bis zur Kommunalwahl in NRW. Doch beim Phantasialand in Brühl dürfte man die Tage bis zum Wahltermin am 14. September inzwischen ungeduldig rückwärts zählen. Der Freizeitpark drängt seit Jahrzehnten auf eine Erweiterung seiner Fläche, um insbesondere für zahlungskräftige Mehrtagesgäste attraktiver zu werden. Doch bislang blockiert die Brühler Politik dieses Ansinnen. Jetzt haben auch lokale Umweltschutz-Initiativen Widerstand gegen die Ausbaupläne angekündigt. Droht den Planungen das endgültige Aus? Wir beantworten die wichtigsten Fragen und Antworten.
Was plant das Phantasialand?
Die Verantwortlichen des Freizeitparks betonen schon lange die Notwendigkeit eines Ausbaus. Geplant ist, ein Aquapark-Hotelresort sowie eine Theater- und Konzerthalle auf dem Erweiterungsareal zu errichten. Das sei weiterhin aktuell, erklärt Ralf-Richard Kenter, der die Planungen als Beauftragter der Geschäftsführung im Blick hat. „Kernziel ist die Entwicklung des Phantasialands zu einem Kurzurlaubsziel, um den Einzugsbereich zu erweitern und das Unternehmen so dauerhaft an seinem Standort zu sichern“, sagt Kenter.
Nach derzeitigem Stand ist also nicht mit neuen Achterbahnen zu rechnen. Vielmehr geht es um zusätzliche Mehrtagesgäste. Das Phantasialand hat bislang drei Beherbergungsstätten gebaut. Zuletzt wurde 2020 das Hotel Charles Lindbergh mitten im Park eröffnet. Diese Möglichkeiten gelten nun aber als nahezu ausgereizt. Andere Parks haben mehr Platz und daher in dieser Hinsicht bessere Voraussetzungen.
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Seit wann will sich der Freizeitpark vergrößern?
Die Diskussion um die Erweiterung der Fläche ist inzwischen mehrere Jahrzehnte alt. Ursprünglich wollte sich das Unternehmen auf einer Fläche von rund 30 Hektar ausdehnen. Doch damit stießen die Verantwortlichen auf Widerstand. Nach langen Diskussionen fand man 2013 einen Kompromiss, den alle im Regionalrat der Bezirksregierung vertretenen Parteien mittrugen. Die nun zur Disposition stehende Fläche wurde damals in einer Änderung des Regionalplans umgesetzt.
Um welche Fläche geht es?
Der Freizeitpark würde gerne nach Westen expandieren. Es geht um eine im Landesbesitz befindliche Fläche, die einem Dreieck gleicht und zwischen der Landesstraße 194 im Norden, der Autobahn 553 im Süden und dem Parkareal im Osten liegt. Das Areal umfasst rund 15 Hektar, ist bewaldet und steht großteils unter Naturschutz. Zudem befindet sich dort mit dem sogenannten Ententeich ein kleines Gewässer.
Warum geht es seit Jahren nicht voran?
Zunächst gab es ein Moderationsverfahren mit Anwohnern und weiteren Beteiligten zu den Auswirkungen einer Erweiterung. Dann klemmte es unter der damals rot-grünen Landesregierung beim Verkauf der im Landesbesitz befindlichen Waldfläche. Erst die darauf folgende schwarz-gelbe Landesregierung stellte vor der NRW-Wahl 2022 die Weichen für eine Erweiterung: In einem Vertrag mit dem Phantasialand wurden Bedingungen für eine mögliche Expansion mittels eines Grundstückstauschs zwischen dem Freizeitpark und dem Land Nordrhein-Westfalen fixiert.
Demnach erhält das Phantasialand vom Land die rund 15 Hektar große Fläche um den Ententeich. Das Land bekommt im Gegenzug vom Phantasialand knapp 39 Hektar Wald in Hürth und Erftstadt. Noch befindet sich der Freizeitpark aber nicht im Besitz der Erweiterungsfläche. Der Eigentumsübergang dieser Flächen erfolgt formal erst mit Inkrafttreten des noch durch die Stadt Brühl aufzustellenden Bebauungsplans. Bislang hat die Stadt aber kein Baurecht geschaffen. Das rot-grüne Mehrheitsbündnis im Brühler Rat hält sich an die nach der Wahl 2020 getroffene Vereinbarung, eine Erweiterung des Phantasialands auf Eis zu legen.
Könnte es nach der Kommunalwahl zu einem Kurswechsel kommen?
Im September könnte tatsächlich Bewegung in die Sache kommen. Während sich CDU und FDP ohnehin stets für den Ausbau des Freizeitparks starkgemacht haben, gilt eine Zustimmung bei der SPD nicht mehr als Tabu. „Grundsätzlich ist meine Haltung zu einer Erweiterung positiv“, hat SPD-Bürgermeister-Kandidat Bernhard Schumacher zuletzt betont. Er wolle aber noch die derzeitige Sicht der Park-Verantwortlichen erkunden.
Die Tür für den Umschwung öffnet auch Marcus Venghaus, SPD-Fraktionschef. Jedenfalls ein bisschen: „Wir sind dabei, uns zu positionieren und unser Wahlprogramm zu erarbeiten. Noch ist es zu früh, um etwas zu dem Thema zu sagen. Selbstverständlich ist das Phantasialand ein sehr wichtiges Unternehmen für die Stadt“, sagt Venghaus auf Anfrage dieser Zeitung. Ein Nein klingt anders. Von den derzeitigen Ratsfraktionen erteilen lediglich die Grünen dem Ausbau eine klare Absage. Sollte die Mehrheit im künftigen Rat für eine Erweiterung stimmen, könnte Baurecht geschaffen werden.
Was sagt das zuständige Landesministerium?
Aus Düsseldorf ist vorerst nicht mit Gegenwind zu rechnen. Auf Anfrage teilte das zuständige Ministerium für Landwirtschaft und Verbraucherschutz mit: „Innerhalb der Landesregierung gibt es aktuell keine Neubewertung des Vorgangs.“ Grundsätzlich könne das Land aber unter bestimmten Umständen von dem Vertrag zurücktreten, zum Beispiel „wenn das Phantasialand seinen vertraglich vereinbarten Pflichten nicht nachkäme oder die gesetzlichen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen nicht fristgerecht erfüllen und endgültig verweigern würde.“
Zum Vertrag zählt demnach unter anderem die Zusicherung des Phantasialands, ab Inkrafttreten des Bebauungsplanes Umweltbildungsmaßnahmen in der Region jährlich mit 20.000 Euro auf 20 Jahre zu unterstützen. Die dazu erforderlichen Planungen sollen bei entsprechendem Fortschritt der Bauleitplanung konkretisiert werden. Ebenfalls im Rahmen der Bauleitplanung werde über die Rücknahme der Schutzgebietsfestsetzung sowie die Kompensation des Eingriffs in den Naturhaushalt und das Landschaftsbild final befunden, heißt es aus Düsseldorf. Auch die Ersatzaufforstungsverpflichtung steht dann erneut auf der Agenda des Ministeriums.
Gemeint ist, dass dem derzeit größtenteils unter Naturschutz stehenden Erweiterungsareal dieser Status aberkannt werden müsste, ehe die Bagger anrollen. Auch würden die für den Tausch vom Freizeitpark vorgehaltenen Flächen in Hürth und Erftstadt erneut unter die Lupe genommen.
Woran könnte das Projekt scheitern?
Lokale Umweltschutz-Initiativen wie die Brühler „Parents for Future“ und der NABU haben bereits Widerstand angekündigt. Sie wollen möglicherweise auch Gerichte bemühen, um dem Vorhaben einen Riegel vorzuschieben und das Naturschutzgebiet zu bewahren. Dr. Bernhard Arnold, stellvertretender Vorsitzender des NABU Rhein-Erft, erklärte, Geld für eine Klage sei vom Kreisverband zurückgelegt worden. „Klagen kann jedoch nur der Landesverband“, so Arnold.
Zudem müsse man zunächst ermitteln, was Gegenstand einer Klage sein könne. Dafür sei unter anderem eine Bestandsaufnahme von Flora und Fauna im potenziellen Erweiterungsgebiet nötig. Grundsätzlich halten Ausbaugegner Wald und Teich für erhaltenswert. Sie sehen Bemühungen um den Arten- und Klimaschutz sowie den Schutz der unterhalb des Parks gelegenen Wohngebiete vor den Folgen von Starkregen durch eine Abholzung des Waldes und Versiegelung der Fläche konterkariert. Das sieht das Phantasialand ganz anders: „Die Erweiterung wird den Strukturwandel in der Region unterstützen und ökologisch verträglich sein“, betont Parkdirektor Kenter.
Im Landwirtschaftsministerium möchte man sich derzeit noch nicht weiter zu möglichen Klagen äußern. Nur so viel: „Eine mögliche Klageformulierung bleibt abzuwarten und ist zu bewerten, sobald sie vorliegt.“