Krankenhäuser im Kreis im PortraitBrühler Krankenhaus soll neue Etage bekommen
- In den folgenden Wochen stellen wir wöchentlich die Krankenhäuser im Rhein-Erft-Kreis vor.
- Das Marien-Hospital in Erftstadt wird vorerst nicht berücksichtigt, weil es bei der Flutkatastrophe im Juli 2021 völlig zerstört wurde.
Brühl – Der ehemalige Eingang versprüht den Charme der Gründerjahre. Doch auf die steinernen Stufen hinauf zu der hölzernen Pforte an der Mühlenstraße verirrt sich heute kaum noch jemand. Längst hat das Brühler Marienhospital seinen Zugang einige Meter weiter, etwas zurückversetzt von der schmalen Straße, und längst ist aus dem 1894 eingeweihten Backsteingebäude ein hochmodernes Krankenhaus im Herzen der Stadt geworden.
Wenn der Kaufmännische Direktor Jan Patrick Glöckner die Lage des Hauses als ein gewichtiges Pfund herausstellt, meint er aber weniger die zentrale Örtlichkeit. „Bei Betrachtung des Rhein-Erft-Kreises verfügen wir für die Erreichbarkeit durch den Rettungsdienst über einen idealen Standort. Das ist neben dem breiten Spektrum der medizinischen Versorgung ein strategisches Faustpfand.“ Die gut aufgestellte Notfallversorgung mit Unfallchirurgie, Kardiologie, Intensivstation und OP-Kapazitäten mache das Haus an dieser Stelle „systemrelevant“.
Brühler Krankenhaus hat weiten Einzugsbereich
Ihm sei nicht bange um die Zukunft des Hauses, das als Grund-, Regel- und Notfallversorger diene und dessen Einzugsbereich vom Rhein im Osten bis in den Kreis Euskirchen und Düren im Westen sowie im Süden und Norden an die Grenzen von Bonn und Köln reiche: „Ich bin fest davon überzeugt, dass es uns auch in zehn Jahren noch geben wird.“ Die Zugehörigkeit zum Verbund der Gemeinnützigen Gesellschaft der Franziskanerinnen zu Olpe mbH (GFO) bestärke ihn in der Einschätzung.
Bereits seit 2008 ist das Marienhospital in Trägerschaft der GFO, seit Jahresbeginn spiegelt sich dies auch im Namen wider: Das Krankenhaus heißt seitdem offiziell GFO Klinik Brühl – Marienhospital. Das Tätigkeitsfeld des Verbunds beschränkt sich nicht auf den Krankenhausbetrieb. Zu den GFO-Einrichtungen zählen auch Angebote der Alten-, Kinder- und Jugendhilfe sowie Psychiatrien. „Eine Vernetzung dieser Angebote ist erklärtes Ziel der Politik“, sagt Glöckner. Da könne die GFO beispielhaft sein und mit umfassender Expertise glänzen.
Brühl: Krankenhaus rutschte in die roten Zahlen
Der Blick in die nahe Zukunft fällt aber weniger glänzend aus. 2021 ist das Krankenhaus nach vielen Jahren mit positiven Abschlüssen aufgrund eines pandemiebedingten Rückgangs der Patientenzahl im ersten Halbjahr in die roten Zahlen gerutscht. Nun setzt dem Haus die Inflation zu. Während die Kosten für Dienstleister und Zulieferer kräftig klettern, sind die Fallpauschalen für die Versorgung der Patienten fix.
Die Einrichtung
Das 1894 eröffnete Marienhospital versorgte zu Beginn eine überschaubare Patientenzahl. 533 Männer, Frauen und Kinder wurden laut Chronik 1904 stationär aufgenommen. Inzwischen sind es jährlich rund 25 000 Patienten, die stationär und ambulant versorgt werden. Auch in der jüngeren Vergangenheit ist die Zahl gestiegen. Von 2015 zu 2019 verzeichnete man bei den stationären Patienten eine Steigerung um rund zehn Prozent. Die Pandemie brachte einen Dämpfer.
2020 habe es einen Rückgang um 16 Prozent gegeben, teilt das Krankenhaus mit. Seit dem zweiten Halbjahr 2021 ist eine signifikante Erholung zu erkennen. Auch die Bettenzahl ist gestiegen. 2015 zählte man in den sechs Stationen 208 Betten plus acht in der Intensivstation. Nun sind es 220 Betten und zwölf Intensivbetten. Mit der Vollendung der Station Josef 4 wird die Bettenzahl auf 260 (zwölf in der Intensivstation) zunehmen.
Zum Hospital gehören sieben Fachabteilungen, eine HNO-Belegabteilung, Darm-, Hernien-, Endoprothetik- und Traumazentren sowie ein Medizinisches Versorgungszentrum des GFO-Verbundes, das MVZ Brühl – Gelenkzentrum. (wok)
„Diese Probleme haben alle Krankenhäuser. Hier ist die Politik gefordert“, sagt Glöckner, das Haus sei grundsätzlich wirtschaftlich gesund. Er will daher den Ausbau und die Modernisierung des Hospitals vorantreiben.
Krankenhaus will in Brühl expandieren
Bereits in den zurückliegenden Jahren standen die Zeichen auf Expansion. Waren 2015 noch 450 Mitarbeiter im Marienhospital tätig, so sind es jetzt rund 600. Vor einiger Zeit begannen die Arbeiten zur Aufstockung des Gebäudetrakts neben dem historischen Teil. Die zusätzliche, 5,5 Millionen Euro teure Etage soll von Mitte 2025 an die Station Josef 4 beherbergen. Wenn im Herbst die ersten beiden Bauabschnitte vollendet sind, dienen die Räume zunächst als Interimsquartier für andere Stationen, in denen der Brandschutz auf den neuesten Stand gebracht wird.
Ende kommenden Jahres dürfte dann ein weiterer Bauabschnitt fertig gestellt sein. Dort soll die Alterstraumatologie mit zehn Patientenbetten eine Bleibe finden. Dabei gilt der Fokus der Behandlung Hochbetagter, die sowohl internistisch als auch chirurgisch versorgt werden müssen. Dies könne etwa ein Demenzerkrankter sein, der sich einen Oberschenkelhalsbruch zugezogen habe, gibt Krankenhaus-Sprecherin Britta Ellerkamp ein Beispiel.
Kurze Wege im Brühler Krankenhaus
Der Vorteil der Station werde in kurzen Wegen und intensivem Austausch von Internisten und Chirurgen bestehen. Hinzu kommt ein auf die Bedürfnisse Hochbetagter abgestimmtes Interieur mit besonderer Beleuchtung, Wegeleitsystem und behindertengerechten Hilfsmitteln. Das Land fördert den Bau der alterstraumatologischen Einheit mit 1,65 Millionen Euro. Die Gesamtkosten belaufen sich laut Krankenhaus auf 2,15 Millionen Euro.
Das sagt der AOK-Navigator
Der AOK-Krankenhausnavigator hat dem Brühler Marienhospital ein durchschnittliches Zeugnis ausgestellt. In den sechs untersuchten medizinischen Behandlungen schnitt das Krankenhaus im Herzen der Stadt zweimal überdurchschnittlich gut ab, zählte also zu den besten 20 Prozent im Bundesgebiet. In drei Bereichen gehört das Krankenhaus zu den mittleren 60 Prozent im Bundesgebiet, in zwei zum schlechtesten Fünftel.
Betrachtet wurden die Eingriffe Appendektomie (Blinddarm-Operation), Gallenblasenentfernung (Cholezystektomie) bei Gallensteinen, Verschluss einer Leistenhernie (Leistenbruch), Elektive Hüftgelenks-EP-Erstimplantation, Implantation einer Hüftgelenks-Endoprothese oder Osteosynthese bei Hüftfraktur sowie Kniegelenks-EP-Erstimplantation.
Genauer unter die Lupe genommen wurde der Zeitraum zwischen dem Jahr 2017 und 2019. Die beiden überdurchschnittlich bewerteten Eingriffe am Brühler Marienhospital waren die Kniegelenks-EP-Erstimplantation und die Behandlung von Leistenbrüchen. Als unterdurchschnittlich wurden die beiden Varianten der Operationen an der Hüfte beurteilt. (wok)
Bereits jetzt gut aufgestellt sieht man sich bei der Gefäßchirurgie und -angiologie. Die reibungslose Zusammenarbeit der Mediziner und das Angebot aller Therapieformen – also konservative Behandlung etwa mit Medikamenten, interventionelle Behandlung etwa mit dem Setzen von Stents und chirurgische Eingriffe wie Bypass-Operationen – mache das Marienhospital zu einem führenden Haus für Gefäßmedizin, sind sich die Verantwortlichen um den Ärztlichen Direktor Dr. Pascal Scherwitz sicher.
Um diese Stellung zu wahren, braucht es qualifiziertes und motiviertes Personal. Dessen Gewinnung erweist sich branchenweit als schwierig. In Brühl setzt man auf die Ausbildung unter dem eigenen Dach. „Das ist der beste Weg, Mitarbeiter zu gewinnen“, findet Glöckner. Als Trumpf erweisen sich zwei Wohngemeinschaften für Azubis in einem Nebengebäude. Denn die hohen Mieten in Brühl sind eine Schattenseite der in anderer Hinsicht so guten Lage des Marienhospitals.