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Angst, Ekel, AlbträumeFamilie aus Brühl fühlt sich nach Einbruch nicht mehr sicher – was helfen kann

Lesezeit 3 Minuten
Auf dem Foto ist Tobias Pohl zu sehen. Das Einbruchsopfer zeigt auf einen beschädigten Fensterrahmen.

Tobias Pohl zeigt das Fenster, das die Täter aufgebrochen haben.

Das Urvertrauen in ein sicheres Zuhause sei zerstört, erzählt Tanja Pohl. Die Zahl der Einbrüche ist 2023 laut Polizei wieder deutlich gestiegen.

Es war schon dunkel, als Tanja und Tobias Pohl mit ihren beiden kleinen Kindern am Samstag nach Hause kamen. „Wir waren bei Freunden auf einer Geburtstagsfeier“, berichtet der Familienvater. Um 21.15 Uhr schloss Pohl die Haustür auf. Im nächsten Augenblick stockten ihm und seiner Frau der Atem. Die Kinder weinten.

Das ganze Haus sah aus wie umgepflügt. „Sämtliche Schubladen und Schranktüren waren aufgerissen“, schildert Tobias Pohl. Alles habe durcheinander auf dem Fußboden gelegen. „Da denkt man erst einmal an gar nichts“, sagt der 37-Jährige. Es habe sich wie in einem Vakuum angefühlt – unwirklich.

Die haben sogar die Sparschweine unserer Kinder aufgebrochen
Tobias Pohl

Dann aber sei die Angst gekommen. Einbrecher waren in ihr Haus eingedrungen. „Was, wenn sie noch da sind?“, sei ihm durch den Kopf geschossen. Der Brühler rief die Polizei zur Hilfe. Seine Familie kam für die Nacht bei Verwandten unter.

Inzwischen ist zwar die Ordnung im Haus wieder hergestellt. Der Schock sitzt allerdings tief. „Die haben sogar die Sparschweine unserer Kinder aufgebrochen“, empört sich der Familienvater. Auch der Taufschmuck der Kinder und der alte Schmuck, den Tanja Pohl von ihrer Oma bekommen hatte, sind weg.

Das Foto zeigt die Babywiege der Familie Pohl aus Brühl.

Sogar die Babywiege im Wohnzimmer war den Dieben nicht heilig.

Auch Tage nach dem Einbruch ist das Ehepaar noch fassungslos. Sogar die Babywiege für den erwarteten Nachwuchs sei den Tätern nicht heilig gewesen. „Bis auf die Matratze haben sie das Kinderbettchen umgewühlt und alles auf den Boden geschmissen“, berichtet Pohl.

Dabei sei es nicht nur der Verlust der Unikate, der ihnen zusetze. Schlimmer sei die Angst, die Einbrecher könnten wiederkommen. „Ich fühle mich in unserem Haus zurzeit nicht mehr sicher“, sagt Tanja Pohl. Das Urvertrauen in ein sicheres Zuhause sei zerstört. Hinzu komme der Ekel. Fremde Menschen hätten in den intimsten Bereichen des Hauses gewühlt und dabei alles Mögliche angefasst. Allein der Gedanke daran lässt Tanja Pohl erschaudern.

Jedes Geräusch schüre die Angst weiter, sie könne kaum mehr schlafen. „Auch unsere Kinder haben Albträume“, berichtet ihr Mann. Mehrmals in der Nacht müssten die Eltern den Nachwuchs beruhigen.

Das Foto zeigt ein durchwühltes Zimmer. Schubläden sind aufgerissen, Schranktüren geöffnet. Auf dem Boden liegen Gegenstände verstreut.

Im ganzen Haus waren die Schränke und Schubladen durchwühlt. Sogar die Sparschweine der Kinder wurden geöffnet und leergeräumt.

Die Familie ist kein Einzelfall. Der Opferschutz der Polizei und auch die Ehrenamtler vom Weißen Ring, die Kriminalitätsopfer unterstützen, könnten ganze Bücher mit Schilderungen von Einbruchsopfern füllen.

„Jede Seele verarbeitet ein solches Eindringen in die Privatsphäre anders“, sagt Melanie Jachtmann vom NRW-Landesbüro Weißer Ring. Die Menschen seien erschüttert. Häufig litten sie unter dem Gefühl des absoluten Sicherheitsverlusts. Hinzu komme oft ein Ekel. „Das macht etwas mit den Betroffenen“, weiß Jachtmann. So desinfizierten manche Einbruchsopfer vor dem Aufräumen das ganze Durcheinander und wüschen die komplette Wäsche.

Weißer Ring empfiehlt Betroffenen, sich psychologische Hilfe zu holen

Sie habe auch schon erlebt, dass Betroffene Kleidung und Wäsche verbrannt hätten. Ein geringer Teil der betroffenen Menschen schaffe es nach einem Einbruch nicht, weiterhin in der Wohnung zu leben.

Schlafstörungen, Albträume, aber auch ein plötzliches Suchtverhalten wie beispielsweise hoher Alkoholkonsum oder eine enorme Schreckhaftigkeit könnten Anzeichen für ein Trauma sein. Den Betroffenen empfiehlt der Weiße Ring, auf jeden Fall psychologische Hilfe in Anspruch zu nehmen. Einigen reichten Gespräche mit den Ehrenamtlern über den Vorfall, andere bräuchten eine therapeutische Begleitung in den Stabilisierungsstunden, die der Weiße Ring anbiete.

Zahl der Einbrüche ist in diesem Jahr im Rhein-Erft-Kreis wieder gestiegen

Für die allermeisten ändere sich auch das Sicherheitsbedürfnis. Um vorzubeugen, würde mit Schlössern und Riegeln nachgerüstet. „Diesbezüglich ist die Polizei ein sehr guter Berater“, betont Jachtmann.

Die Ehrenamtler haben zurzeit sehr viel zu tun. Ein Sprecher der Kreispolizeibehörde teilte mit, dass es mit dem Ende der Pandemie wieder mehr Einbrüche gebe. Wurden 2022 bis Ende August rund 460 Einbrüche angezeigt, so sind in diesem Jahr im gleichen Zeitraum rund 650 Einbrüche.

Die Taten ziehen sich quer durch den ganzen Kreis. Fast täglich veröffentlicht die Polizei entsprechende Meldungen. „Die Diebe sind am selben Tag auch noch bei unseren direkten Nachbarn ins Haus eingebrochen“, merkt Pohl an.