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„Unverantwortlich“Beachbar statt Parkplatz – Belvedere-Sperrung in Brühl bleibt umstritten

Lesezeit 3 Minuten
Ein Bild der Kölnstraße während der Abenddämmerung.

Die Kölnstraße wird derzeit von 6000 Autos täglich frequentiert. Im Spätsommer werden dort vorübergehend deutlich weniger Wagen fahren. Dafür erhalten Gastronomie und Passanten mehr Platz.

CDU-Ratsherr Peter Kirf etwa befürchtet nach überstandener Pandemie „weitere Umsatzeinbußen“ für Ladenbesitzer.

Die bislang als Verkehrsexperiment titulierten Spätsommerwochen, in denen Belvedere und Kölnstraße nicht in erster Linie dem Autoverkehr und Parken dienen werden, haben einen neuen Namen: „Brühl macht Platz“ heißt die an die Europäische Mobilitätswoche geknüpfte Aktion jetzt.

Der neue Titel hat an den Emotionen, die die Planungen auslösen, nicht viel geändert. Das machte die jüngste Sitzung des städtischen Verkehrsausschusses deutlich. Diese reichen von großer Vorfreude bis gewaltiger Sorge. CDU-Ratsherr Peter Kirf etwa befürchtet nach überstandener Pandemie „weitere Umsatzeinbußen“ für Ladenbesitzer und Dienstleister, wenn der Belvedere als größter innerstädtischer ebenerdiger Parkplatz von Ende August an für rund einen Monat nicht genutzt werden kann.

Menschen mit Einschränkungen würde leiden

Es sei „unverantwortlich“ mehr als 200 Parkplätze alternativlos wegzunehmen. Darunter litten insbesondere Menschen mit eingeschränkter Mobilität, die auf das Auto angewiesen seien. Es fehle an Akzeptanz in der Bevölkerung, Bleiche oder Markt seien für Veranstaltungen viel besser geeignet, so Kirf. „Viele Großstädte fahren diesbezügliche Projekte wieder zurück. Nur Brühl glaubt, es besser zu wissen“, echauffierte er sich.

Der Parkplatz Belvedere mit Platz für rund 200 Autos.

Auf dem Belvedere sollen viele Veranstaltungen steigen.

Einen Mitstreiter hat er in FDP-Fraktionschef Jochem Pitz. Dieser bezeichnete die Einschränkungen für Autofahrer als „Brachialpädagogik“ der rot-grünen Ratsmehrheit. „Und zwar gegen den erklärten Willen der Händler“. Schließlich gebe es für auswärtige Innenstadtbesucher keine adäquate Alternative. Das wollte Grünen-Ratsherr Daniel Buncic so nicht stehen lassen. „Es gibt hunderte weitere Parkmöglichkeiten in der Innenstadt“, betonte er.

Die gewöhnlich von rund 6000 Autos täglich frequentierte Kölnstraße bekomme mit der Aktion „die Gestalt, die sie haben müsste, damit Leute sich dort aufhalten wollen“, so Buncic. Seine Partei sei keineswegs gegen den Einzelhandel. Die Ursache der Schwierigkeiten des stationären Handels sei ohnehin längst da und habe nichts mit einer vorübergehend anderen Nutzung des Belvedere zu tun. Conny Richter (Grüne) ermunterte dazu, die Spätsommerwochen dafür zu nutzen, Platz und Straße anders zu erleben. „Es geht um den Schalter im Kopf“, sagt sie.

Weniger Autoverkehr gleich mehr Sicherheit

Auch Annegret Neumann, die sich seit Jahren in Kinderschutzbund und Kinderunfallkommission engagiert, warb für einen Perspektivwechsel. Für Kinder böte sich die Chance, den Belvedere als Platz zum Spielen zu erleben. „Weniger Autoverkehr bedeutet zudem mehr Sicherheit etwa auf dem Schulweg“, sagte sie.

Um Optimismus bemühte sich der Technische Beigeordnete Ralf Ritter. Man unternehme erhebliche Anstrengungen, um ein attraktives Programm zu initiieren und die Menschen über verkehrliche Einschränkungen und alternative Parkmöglichkeiten zu informieren. Es brauche mehr Mut, „um diese tolle Stadt voranzubringen“. Zudem kündigte die Verwaltung eine Auswertung der Erfahrungen durch die Hochschule Bochum an, um Rückschlüsse für eine künftige Gestaltung der Kölnstraße ziehen zu können.

Täglich soll es Veranstaltungen geben

Hennig Korte, Leiter der Abteilung Verkehr, kündigte an, es werde jeden Tag mindestens eine Veranstaltung geben. Diese reichen von Konzerten, Lesungen, Poetry-Slam bis zu Sportangeboten. Dafür werden ein Soccercourt, ein Pumptrack und eine Bühne auf dem Belvedere aufgebaut. Für eine Beachbar wird auf einer kleinen Fläche Sand aufgeschüttet.

Auch an eine vorübergehende Begrünung, einen großen Sandkasten, Sitzelemente, Toiletten-Container, einen erhöhten Ausguck und zusätzlichen Raum für Außengastronomie, sogenannte Stadtterrassen, entlang der Kölnstraße, ist gedacht. Für Radler wird es Stellplätze und eine Reparaturstation geben. Die Tiefgaragen am Belvedere und E-Ladesäulen bleiben erreichbar. Auch Taxi- und Bewohnerparkplätze wird es weiterhin geben.