„Die Situation ist absolut dramatisch“Gaststättenverband fordert Nothilfeprogramm
- Georg Frey (45) ist Kreisvorsitzender des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (DEHOGA).
- Er betreibt die Balthasar-Neumann-Speiserei in Brühl und ein Gästehaus. Außerdem führt er den elterlichen Hotelbetrieb in Weilerswist.
- Wolfram Kämpf sprach mit ihm über die Folgen der Corona-Krise
Rhein-Erft-Kreis – Herr Frey, Sie sind Kreisvorsitzender des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (DEHOGA) und betreiben selbst ein Restaurant und ein Gästehaus in Brühl. Wie dramatisch ist die Situation für Sie und Ihre Kollegen in Hotellerie und Gastronomie?
Georg Frey: Absolut dramatisch. Und das nicht erst seit gestern. Bereits vor zehn Tagen hat unser Verband eine landesweite Umfrage gestartet, um die Auswirkungen der Corona-Krise abzuschätzen. Damals bezifferten die Kollegen die Umsatzverluste bereits auf mehr als 80 Prozent.
Zuletzt mussten wir nahezu täglich neue Einschränkungen hinnehmen. Jetzt heißt es, wir dürfen noch zwischen 6 und 15 Uhr die Restaurants öffnen. Der touristische Hotelbetrieb ist komplett zum Erliegen gekommen. Für viele bedeutet das einen vollständigen Einnahmeausfall. Und selbstverständlich sorgen sich auch viele Mitarbeiter um ihren Job.
Erhält man denn eigentlich noch Stornierungsgebühren von den Gästen, die nun nicht mehr in den Rhein-Erft-Kreis kommen?
Nein, wir appellieren an alle, aus Kulanz darauf zu verzichten, umzubuchen oder die Kosten beim nächsten Besuch gutzuschreiben. Es würde auch nichts bringen, irgendwen zur Zahlung aufzufordern. Schließlich müssen wir auch an das Folgegeschäft denken. Ich will die Kunden ja nicht verprellen, sondern irgendwann wiedersehen.
Könnten die Restaurants denn nicht auf das Außer-Haus-Geschäft umsteigen?
Die Kollegen im Kreis werden bereits von den Betreibern von Online-Portalen kontaktiert, über die Bestellungen und Bezahlung abgewickelt werden können. Wer aber noch nie Lieferdienste angeboten hat, wird jetzt kaum in dieses Geschäft einsteigen. Denn die Kunden müssten ja erstmal vom neuen Angebot erfahren. Ich weiß jedenfalls von keinem Kollegen aus dem Kreis, der nun auf einmal auf dieses Geschäftsmodell setzt.
Das heißt, Restaurants und Hotels stehen vielerorts leer?
Ja, aber wir machen uns Gedanken. Mein Gästehaus liegt beispielsweise nicht weit entfernt vom Brühler Marienhospital. Vielleicht könnte es sinnvoll sein, dort Übernachtungsmöglichkeiten für medizinisches Personal oder sogar Patienten anzubieten.
Wenn Ärzte oder Schwestern vom langen Dienst erschöpft sind, könnten sie dort übernachten und würden sich eine lange Heimfahrt sparen. Ich will damit einen Beitrag zur Unterstützung leisten und sicherlich keinen Reibach machen. Auch wenn es schön wäre, wenn die Kosten irgendwie gedeckt würden.
Was müssen Politik und Behörden nun leisten, um Ihrer Branche zu helfen und eine Pleitewelle und Entlassungen zu verhindern?
Wir brauchen zunächst einmal Klarheit über Erlasse und Geschäftsbedingungen. Im Moment herrschen aber nur Verwirrung und Verzweiflung. Banken und die Arbeitsagentur sind kaum zu erreichen, weil auch sie gerade an Grenzen stoßen. Dabei benötigen viele Betriebe Kredite und Regelungen für ihr Personal.
Es muss ein Nothilfe-Programm beschlossen werden. Wir brauchen eine Übergangsperspektive und dafür sind auch direkte Finanzhilfen wichtig. Lange warten darf man nicht mehr. Denn ich schätze, dass im Rhein-Erft-Kreis schon die Hälfte der Betriebe mit dem Rücken zur Wand steht.