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BrühlDie besondere Herausforderung von Autismus und Corona

Lesezeit 3 Minuten

Magdalena Pryydun gründete 2016 in Brühl eine Selbsthilfegruppe für Eltern mit Kindern ASS.

Brühl – Die Pandemie hat den Alltag der Jugendlichen verändert. Da geht es dem 16-jährigen Victor nicht anders als seinen Altersgenossen. Fußball und Klavierunterricht fallen weg. Doch er hat größere Schwierigkeiten als andere, sich an Veränderungen zu gewöhnen. Denn Victor hat eine Autismus-Spektrum-Störung (ASS). Er braucht Routine. Das machte auch das Home-Schooling zur besonderen Herausforderung.

Seit sein üblicher Tagesrhythmus wegfällt, schläft er schlecht. „Ich habe manchmal Gedanken, die ich nicht haben will,“ erzählt er. Er erinnere sich sehr gut an schlechte Ereignisse und werde Traurigkeit schwer los, weil die Ablenkung fehle. Seine Mutter Magdalena Pryydun weiß, wie wichtig es für ihn ist, unter Gleichaltrigen zu sein. „Er ist so offen, weil wir ihn immer ermutigt haben, andere zu treffen“, sagt die Brühlerin. Ihre Befürchtung: Müsste ihr Sohn noch längere Zeit allein vor dem Bildschirm verbringen, würde er sich abschotten. Auch vor Corona ging Victor schon nicht allein einkaufen, in der Schule waren ihm die 30 Kinder in einer Klasse oft zu viel.

Selbsthilfegruppe

Victor hält sich streng an die Regeln, manchmal zu streng. Als er für zwei Wochen in Quarantäne musste, weil sein Busfahrer sich infiziert hatte, traute er sich nicht einmal mit Maske in den eigenen Garten.

2016 hat seine Mutter in Brühl eine Selbsthilfegruppe für Eltern von Kindern mit ASS gegründet. Auch diese Gruppe darf sich seit Oktober nicht mehr treffen. Magdalena Pryydun fehlt der Austausch mit den anderen Betroffenen. Zu den Treffen kommt sonst auch Familie Gubatz mit ihrem Sohn Theo. Er ist sieben Jahre und zeichnet gern. Seine Mutter sagt, er werde einmal Comiczeichner. Seit August vergangenen Jahres geht Theo zur Grundschule.

Einschulungsprozess wurde zum Marathon

Die Pandemie hat den Einschulungsprozess zu einem Marathon gemacht, denn auch Theo ist Autist.

Wegen der Corona-Einschränkungen waren im vergangenen Jahr die Ämter geschlossen, Dokumente konnten nicht ausgestellt werden. Die Schulbegleiterin, die Theo braucht, lernte er erst knapp vor der Einschulung kennen. Eigentlich sollten die beiden wochenlang Zeit haben, sich aneinander zu gewöhnen.

„Wir hatten immer sehr viel Glück“

Andere Auswirkungen der Pandemie kommen Theo entgegen. Die Kinder durften etwa nur jahrgangsweise auf den Pausenhof. „Die normalen Umstände hätten Theo überfordert“, sagt seine Mutter Melanie H. (Name geändert). Klare Regeln geben ihm Halt. Als einmal unangekündigt die Sitzordnung verändert wurde, kam er damit überhaupt nicht zurecht. Im Dezember ging die Klasse das erste Mal ins Home-Schooling. Theos Vater Stefan hat einen kulanten Arbeitgeber und durfte früh ins Home-Office. „Wir hatten immer sehr viel Glück“, sagt er. „Die Kita, die Lehrerin und die Schulbegleiterin sind Gold wert.“

Theo schlägt sich gut im Lernen daheim. Für die Autismus-Gemeinschaft sei die Coronazeit eigentlich hilfreich, sagt seine Mutter. „Weniger gesellschaftliche Reize, dafür mehr Chancen online. Corona inkludiert viele, die es sonst schwer haben.“ Aber auch ihr fehlen die Treffen mit der Selbsthilfegruppe.

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Für Theo ist Victor ein Vorbild: Was er schafft, ist für den Jüngeren ein Ansporn. Und obwohl der jetzige Wechselunterricht wieder eine Veränderung ist, weiß der Siebenjährige: „Schule haben ist besser als daheim lernen. Und Schluss!“ Audienz beendet, Theo will wieder spielen. Am nächsten Tag ist ja auch wieder Schule – vor Ort.