Weil bei ihnen monatelang nach der Hochwasserkatastrophe keine Heizungen liefen, fürchten viele Flutopfer Nachteile bei der Energiepreisbremse. So hoch könnte der finanzielle Nachteil sein.
BeispielrechnungErftstädter Flutopfer fürchten Nachteile bei Energiepreisbremse
Fast eineinhalb Jahre ist die Hochwasserkatastrophe her. Noch immer leben viele Menschen in Häusern, die längst nicht komplett saniert sind. Jetzt treibt viele eine neue Sorge um: Sie fürchten, dass sie bei der versprochenen Energiepreisbremse in die Röhre schauen. In der Politik ist die Sorge mittlerweile wahrgenommen worden.
Die CDU Erftstadt und die Freie Wählergemeinschaft (FWG) haben an den Bundestagsabgeordneten Detlef Seif geschrieben. Der wiederum hat sich an Wirtschaftsminister Robert Habeck gewandt. „Im Interesse der betroffenen Menschen bitte ich Sie, das Anliegen der Flutgeschädigten im weiteren Verfahren zur Gaspreisbremse und Strompreisbremse aufzunehmen“, schreibt Seif (CDU). Zu dessen Wahlkreis gehören neben dem Kreis Euskirchen die Städte Brühl, Erftstadt und Wesseling.
Erftstädter Politiker schreiben Brief an Detlef Seif
Das neue Problem der Hochwassergeschädigten liegt darin begründet, dass viele ein halbes Jahr oder länger gar keine Heizung hatten. Die Flut hatte Keller und Erdgeschosse verwüstet, oft blieb keine andere Lösung, als die komplette Anlage herauszureißen. Dann mussten die betroffenen Räume von Schlamm und Schutt geräumt und zumindest notdürftig hergerichtet werden.
Und neue Gasheizungen wurden teils mit erheblichen Wartezeiten geliefert. Wer keine Heizung hat, verbraucht kein Gas. Und entsprechend wurde bei vielen der monatliche Abschlag seitens des Gaslieferanten herabgesetzt.
Die Gaspreisbremse der Bundesregierung funktioniert aber so, dass für 80 Prozent des Jahresverbrauchs, den der Gasversorger im September 2022 für den jeweiligen Gasanschluss angenommen hat, ein fester Preis von 12 Cent pro Kilowattstunde festgelegt wird. Für die übrigen 20 Prozent gilt dann der Marktpreis.
Beispiel: So groß kann der Nachteil für Flutopfer ausfallen
Ähnlich die Regelung beim Strompreis: Da werden 80 Prozent des Verbrauchs auf 40 Cent pro Kilowattstunde gedeckelt. Und auch das bringt Nachteile für Hochwasseropfer, deren Elektroinstallation über Wochen oder gar Monate außer Betrieb war. Sinn der Deckelung soll einerseits sein, die extremen Erhöhungen der Energiepreise für die Bürger abzufedern, aber gleichzeitig auch Anreize zum sparsamen Umgang mit Gas und Strom zu bieten.
Bisher habe sich erst ein Kunde mit diesem Problem an den Gasversorger gewandt, berichtet Jürgen Bürger von der GVG Rhein-Erft. Er rechnet an einem Beispiel vor, wie groß der Nachteil ausfallen kann.
Vor der Flut hat der Kunde im Rechenbeispiel 23.000 Kilowattstunden im Jahr verbraucht, durch den Verlust der Heizung waren es nur noch 16.000 Kilowattstunden, die in die Berechnung eingehen. Weil dann nur 80 Prozent des niedrigeren Verbrauchs gedeckelt werden und der Rest zu normalen Preisen zugekauft werden muss, kommt Bürger in seiner Berechnung auf rund 400 Euro Mehrkosten beziehungsweise weniger Unterstützung für den Kunden. Seif geht sogar von einer höheren Summe aus: „Für einen Vier-Personen-Haushalt können das bei Gas und Strom durchaus 1500 Euro werden.“
Er schlägt als Lösung vor, dass Betroffene einen Antrag stellen können, damit der eigentliche Verbrauch berücksichtigt wird. Wie Jürgen Bürger sagt, ist der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) an dem Thema dran. Die GVG als Gaslieferant könne den Flutopfern da nicht entgegenkommen: „Aktuell fehlt die Berechnungsgrundlage.“ Und inwieweit der Bund von seinem bisherigen Plan abweiche, sei nicht abzusehen.