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Beziehungsarbeit mit SchleifpapierDas Glück liegt auf dem Stuhl aus Fichtenholz

Lesezeit 3 Minuten
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Michaela Heinen und Sergej Wolf aus Erftstadt mögen es sehr, zusammen etwas zu gestalten.

Erftstadt-Gymnich – Er begleitet uns durchs Leben: der Stuhl. Egal, ob in der Schule, im Büro oder zu Hause. Er ist manchmal repräsentativ, wird durchgesessen, bekleckert und am Ende auch entsorgt. Für die Pastoralreferentin Regina Oediger-Spinrath hat er noch eine ganz andere Bedeutung – er hilft dem Glück auf die Sprünge, ist sie sich sicher.

Seit vielen Jahren arbeitet sie als Referentin für Ehepastoral im Rhein-Erft-Kreis und organisiert Seminare für Paare, so jüngst ein gemeinsames Bogenschießen. Ihr aktuelles Angebot lautete: „Stellt dem Glück einen Stuhl hin.“

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Vier Paare arbeiteten intensiv zusammen und reflektierten gleichzeitig ihre Beziehung.

Dazu kamen am Samstag vier Paare in die Gymnicher Tischlerei am Kunibertusplatz, um unter Anleitung von Schreiner Oliver Kern einen ganzen Tag lang jeweils zu zweit einen Stuhl aus Fichtenholz zu zimmern und über ihre Beziehung zu reflektieren.

Dazu regte die Pastoralreferentin mit Zitaten, Geschichten unter anderem aus Pippi Langstrumpf und mit chinesischen Sprichwörtern an, über die Frage „Was ist für uns Glück?“ nachzudenken. Es wurde über Zuversicht, Gemeinschaft und Veränderung gesprochen.

Dem Mann das Seminar geschenkt

„In einer Ausstellung hat ein Künstler Stühle für bestimmte Lebensbereiche präsentiert. Das hat mich angeregt, meinem Mann mit diesem Seminar als Geschenk zu überraschen“, erzählte Monika Schüller aus Erftstadt. Ihr Mann Hans-Josef schmunzelte. Eigentlich hätte er an diesem Tag auch mit seinen Kollegen Kart fahren können. „Aber ich bin hier dabei“, so der 58-jährige Musiker.

„Wir basteln sehr gern. Sind ja auch beide Metallbauer, und mein Mann hat zudem eine Tischlerausbildung“, begründete Michaela Heinen ihr Kommen. „Aber wir wollten mal etwas Anderes zusammen machen als sonst Alltägliches. Und derzeit nimmt auch unser dreijähriges Kind viel Raum ein“, ergänzte die 42-jährige Hürtherin.

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Teamwork ist gefragt beim gemeinsamen Zimmern eines Stuhles, Monika und Hans-Josef Schüller hatten ihre Freude daran.

Rauskommen aus gewohnten Gedanken, gewohntem Verhalten und gewohnten Erwartungen war auch der Grund für die Kölner Paare Claudia und Christian Göbel sowie Ute und Peter Koenen dabei zu sein.Und los ging’s. „Die Leisten des Stuhles werden verschraubt und zum Schluss ineinander gesteckt“, informierte Kern und verteilte Holzlatten und Skizzen, erklärte den Teilnehmern, wie sie sägen, bohren, schleifen und schrauben können.

Jedes Paar entwickelte sein eigenes Tempo und erreichte das Ziel, den Stuhl fertig zu bauen. An allen vier Tischen ging es dabei meist harmonisch, fast verdächtig ruhig zu.

„Wir können uns gut gegenseitig handwerklich voran bringen“, betonte Sergej Wolf und lachte seine Frau an, die gerade feilte. „Ja, so hier in Werkstatt macht Beziehungsarbeit mehr Spaß.“ Die Art der Zuwendung sei eine andere als zu Hause, wo es beispielsweise um die Frage des Abwaschs gehe, bestätigte seine Frau Michaela Heinen.

„So ein Werk gemeinsam zu schaffen, finde ich schön. Und es ist toll zu merken, dass ich es auch kann. Ich bin glücklich, dass es so gut Hand in Hand ging“, resümierte Monika Schüller, nachdem alle Latten glatt geschliffen und verschraubt waren.

Konstruktive Krise gemeinsam überwunden

„Bei meiner Frau müssen immer auch die Kleinigkeiten genau sitzen, ich bin da etwas lockerer, aber der Stuhl ist jetzt genau richtig, nicht super genau richtig, aber genau richtig“, freute sich ihr Mann Hans-Josef. „Und an diesen Stuhl werden wir ewig positive Erinnerungen haben“, ist sich der Erftstädter sicher.

„Wir hatten zwischendurch eine kleine konstruktive Krise“, gestand die Kölnerin Ute Koenen. „Wir haben das aber zusammen wieder hingekriegt. Wir konnten hier in dem Seminar flexibel reagieren. Das hat uns was gebracht.“ Ihr Mann Peter ergänzte: „Wir werden für diesen Stuhl einen guten Platz finden.“