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„Glyphosat ist das kleinere Übel“Warum ein Verbot die Landwirtschaft ruinieren könnte

Lesezeit 3 Minuten
Glyphosat REK 2

Thomas Neisse begutachtet einen Blühstreifen, den er angelegt hat. Durch die Trockenheit hat er sich nicht so entwickelt, wie es eigentlich gedacht war.

  1. Über ein Verbot des Pflanzengifts Glyphosat wird seit Längerem in der Landwirtschaft diskutiert.
  2. Landwirt Thomas Neisse aus Erftstadt-Konradsheim hält ein Verbot für schwierig.
  3. Glyphosat ist für viele Höfe überlebenswichtig, denn eine wirkliche Alternative gibt es nicht.

Erftstadt-Konradsheim – „Das ist eine politische Diskussion, die längst nicht mehr auf der Basis von Fakten geführt wird.“ Thomas Neisse verfolgt die Debatte um Glyphosat kritisch. Schließlich wäre er als Landwirt vom Verbot des Pflanzenschutzmittels, das als krebserregend gilt, unmittelbar betroffen. Was er vermisse, seien Lösungsvorschläge für die Probleme, die ein Verbot mit sich bringen würde, sagt der Agrarbetriebswirt.

Rübenpflanze

Eine Rübenpflanze wie diese kann 10.000 Samenkörner freigeben. Sie muss entfernt werden.

Auf 230 Hektar baut Familie Neisse bei Erftstadt-Konradsheim Weizen und Gerste, Rüben Erbsen und Ackerbohnen an. Thomas Neisse erklärt, warum er dabei Glyphosat einsetzt. Nach der Ernte und vor der nächsten Aussaat sät er eine Zwischenfruchtmischung. „Die Zwischenfrucht bearbeitet den Boden für uns“, schildert der Agrarbetriebswirt die Aufgabe dieser Pflanzen.

Sie versorgten die Erde mit Zucker, organischen Säuren und Aminosäuren, die wiederum Mikroorganismen als Nahrung dienten. Die Zwischenfrucht nehme Stickstoff auf und verringere so die Nitratbelastung des Grundwassers. Außerdem verhindere sie, dass Wind und Regen den Ackerboden abtrügen. Und schließlich lockere sie mit ihren Wurzeln die Erde auf.

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Vor der nächsten Aussaat aber müssen die nützlichen Helfer weichen, sonst würden sie die Feldfrüchte verdrängen. Eigentlich sollte der Frost die Zwischenfrucht abtöten, doch die Winter seien meist zu milde. Also werde Glyphosat gespritzt.

Pflügen an Stelle von Glyphosat: Keine wirkliche Alternative

Die Alternative: die Pflanzen vor dem Winter unterpflügen. Denn nähmen sie aber keinen Stickstoff mehr auf und auch kein CO2 . Und das Pflügen bekomme dem Boden nicht gut, erklärt der Landwirt. Der verliere bei so einem Arbeitsgang rund zehn Prozent seiner Feuchtigkeit – einer der Gründe, warum die Bauern mittlerweile lieber eggen als pflügen.

Glyphosat erscheint Thomas Neisse als das kleinere Übel. „Unsere Pflanzenschutzspritze arbeitet GPS-unterstützt“, erzählt er. Sprich: Das Gerät weiß, wo es bereits gespritzt hat, und stellt beim erneuten Überfahren die Düsen ab. Er bringe so wenig Gift wie möglich auf den Acker aus, betont der Konradsheimer, und schaue erst nach, ob es auch wirklich nötig sei: „Schließlich möchte ich ja auch etwas verdienen.“ In die Nahrungskette gerate Glyphosat übrigens nicht, es werde in weniger als einer Woche im Boden abgebaut.

Glyphosat REK 3

Auf den Disteln tummeln sich die Wildbienen.

Er befürchtet deutliche Umsatzeinbußen, wenn er kein Glyphosat mehr verwenden darf. Und fordert, dass bei einem Verbot des Mittels auch keine Lebensmittel mehr importiert werden dürfen, die aus Ländern stammen, in denen Glyphosat noch gespritzt wird.

An anderer Stelle ist Thomas Neisse sehr wohl dafür, den Einsatz des Pflanzengifts zu verbieten: In Gärten und öffentlichen Grünflächen. „Wenn ich manchen mit der Handspritze im Vorgarten sehe, frage ich mich, ob er so präzise dosiert wie wir Landwirte.“