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„Es ging alles so schnell"Erftstädter suchen Rat in Sachen Hochwasserschutz

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Thomas Kahlix vom Hochwasser-Kompetenz-Centrum erklärt Bernd Bucher vom Erftvberband eine mobile Hochwasser-Schutzwand.

Erftstadt-Blessem – Auch am vergangenen Samstag war bei den vom Hochwasser im Juli betroffenen Bürgerinnen und Bürgern wieder Maloche angesagt. Viele unterbrachen ihre immer noch auf Hochtouren laufenden Sanierungs- und Renovierungsarbeiten jedoch für einen Abstecher zum Kirchplatz.

Dort machte auf Initiative des Erftverbandes und der Stadt nämlich erstmals das Infomobil des Hochwasser-Kompetenz-Centrums (HKC) Station. Vier Kölner Fachleute gaben Antworten auf die Frage, die derzeit vielen Geschädigten auf den Nägeln brennt: Was können wir vorsorgend tun, um Haus und Hof beim nächsten Mal besser vor den Fluten aus dem Fluss oder auch vor Starkregen zu schützen?

Erftstädter haben noch immer kein Wasser

„Hätten wir doch bloß rechtzeitig so ein Teil einbauen lassen. Dann wäre uns vermutlich viel Kummer erspart geblieben“, raunte Olaf Tillmanns seiner Frau Christiane zu, als ihnen HKC-Berater Werner Bergmann die Funktionsweise einer modernen Rückhalteklappe demonstrierte. Zwar waren die Sturzbäche aus der Erft am Schreckenstag knapp an Tillmanns’ Haus vorbeigerauscht, doch dafür floss umso mehr Wasser aus dem überlasteten Kanal in den nicht ausreichend abgesicherten Keller.

HKC-Berater Werner Bergmann zeigt eine moderne Rückstauklappe, die das Eindringen von Kanalwasser in den Keller verhindert.

„Es ging alles so schnell. Und am Ende stand das Wasser im Keller 1,80 Meter hoch. Alles, was da drin war, wurde zerstört, natürlich auch die Heizung. Wir haben immer noch kein warmes Wasser“, klagte Christiane Tillmanns. „Nun ist eine Komplettsanierung fällig. Putz, Estrich, Holzverkleidungen – alles muss erneuert werden. Zu allem Überfluss waren wir auch nicht gut versichert. Ohne die Hilfsgelder aus den Spendentöpfen, für die wir unendlich dankbar sind, wüssten wir nicht mehr weiter“, ergänzte ihr Mann, „aber dank der Beratung hier wissen wir nun wenigstens etwas besser, was nun zu tun ist“.

Erftstadt: Interesse an mobilen Schutzwänden

Markus Becker hat andere Probleme. Sein Haus ist nicht unterkellert, stattdessen wurde sein nicht eingefriedetes Grundstück teilweise überschwemmt und vieles zerstört, was dort gelagert war. Sein Interesse am HKC-Mobil galt deshalb vor allem mobilen Schutzwänden – und der Geschichte eines älteren Herrn aus Friesheim. Der war von den Nachbarn stets belächelt worden, weil er für den Fall, dass irgendwann einmal ein Hochwasser kommt, ein Mäuerchen rund um sein Anwesen gebaut hatte. Im Juli war der Mann der einzige in der Straße, der ohne große Schäden davongekommen ist.

„Man kann manchmal ohne allzu großen Aufwand einiges machen. Das wird vielen Leuten aber leider oft erst im Nachhinein klar“, sagte HKC-Berater Thomas Kahlix. So ist das Infomobil des Vereins derzeit gefragt wie nie, und der Erftverband hat für den 9. Dezember schon den nächsten Termin für Bergheim gebucht. „Die Leute sind durch die schlimmen Ereignisse im Moment hochgradig sensibilisiert. Wir hoffen, dass das so bleibt und dass nicht alles vergessen wird, wenn Gras über die Sache gewachsen ist. Hochwasserschutz muss in Zeiten des Klimawandels sowohl bei Privatleuten als auch bei Kommunen und Behörden dauerhaft weit oben auf der Agenda stehen“, betonte Kahlix’ Kollege Werner Bergmann.

Experte dämpft Erwartungen in Erftstadt

Das HKC-Team hatte ein ganzes Arsenal an Rückhaltesystemen, mobilen Spundwänden sowie Hochwasserschutzfenstern und -türen mit nach Blessem gebracht. Die Ratsuchenden interessieren sich brennend dafür, wie die Sachen funktionieren und was sie kosten. Kahlix sah sich allerdings mehrfach dazu veranlasst, allzu große Erwartungen zu dämpfen: „Gegen derart extreme Überflutungen, wie wir es hier an der Erft erleben mussten, ist letztlich kaum ein Kraut gewachsen. Dagegen kann sie niemand hundertprozentig schützen. Aber in vielen Fällen ist es durchaus möglich, das Ausmaß des Schadens durch gute Vorsorge zu minimieren.“

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Der Experte empfahl beispielsweise, darüber nachzudenken, ob zu öffnende Kellerfenster im Einzelfall wirklich notwendig sind. „Eine Alternative kann fest verbautes Schutzglas sein. Für die Be- und Entlüftung von Kellerräumen gibt es heute auch andere technische Möglichkeiten als geöffnete Fenster.“