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Mensch ärgere dich nichtEine Partie „Kindheit" mit Gerd Overlack und Jim Boeven

Lesezeit 4 Minuten

Spielen macht Spaß, finden Jim Boeven (v.l.), Gerd Overlack, Ulla Jürgensonn und Bernd Rupprecht.

Erftstadt-Gymnich – Gewinnen und verlieren, Erfolg und Scheitern – wo liegt das so dicht beieinander wie beim Spielen? Und wo kann man darüber besser plaudern als an einem Ort, wo die Großen dieser Welt verhandelt haben, mal mehr und mal weniger erfolgreich?

Dumm nur, dass wir beinahe gescheitert wären mit unserer Idee, auf Schloss Gymnich eine Runde „Mensch ärgere dich nicht“ zu spielen: mit Schlossherrn Gerd Overlack, dem Schauspieler Jim Boeven und einem Karnevalsstar im Ruhestand. Letzterer meldete sich in letzter Sekunde krank. „Mensch ärgere dich nicht“ zu dritt? Kommt nicht in Frage. Da muss halt Redaktionsleiter Bernd Rupprecht dran glauben.

Spielbrett weckt Erinnerungen

Overlack hat den Spiegeltisch, an dem schon so viele Politiker gesessen haben, schnell noch mal mit dem Taschentuch poliert. Ernst schauen die alten Adeligen aus ihren Bilderrahmen auf unser seltsames Treiben, als wir das Spiel auspacken.

Schon der Anblick des Bretts mit den roten, gelben, blauen und grünen Männchen weckt Erinnerungen. „Ich habe das seit 27 Jahren nicht mehr gespielt“, sagt Boeven. Bei mir dürfte es 17 Jahre her sein – ich kann es am Alter meines längst erwachsenen Sohnes hochrechnen.

Gerd Overlack kann über die Frage nur milde lächeln: „Vier Wochen.“ Er hat drei Enkel, und dass er die Regeln kennt und durchsetzt, müssen wir leidvoll erfahren. Er ist streng, entscheidet in Zweifelsfällen glasklar.

Nur Würfelglück hilft

Das hat Methode bei ihm. Davon, dass Eltern oder Großeltern die Kinder gewinnen lassen, um ihnen die Enttäuschung zu ersparen, hält er gar nichts. Man müsse lernen, zu verlieren und Frust auszuhalten. Gesellschaftsspiel als Schule fürs Leben. Ich fände es ja nett, wenn er mal ein Auge zudrücken würde, als die anderen schon drei Figuren im Spiel haben und ich immer noch auf die erste Sechs beim Würfeln warte. Aber keine Chance. Und das, wo ich zugegebenermaßen so ungern verliere.

Vorbereitung, da sind Boeven und Overlack einig, ist unabdingbar, wenn man Erfolg haben will. „Wenn ich schlecht vorbereitet zum Dreh komme, leidet die gesamte Crew darunter“, erzählt der Schauspieler.

Beim „Mensch ärgere dich nicht“ gibt es keine Vorbereitung. Wie auch? Da hilft nur Würfelglück. Und das ist denkbar ungleich verteilt. Längst hat sich ein klarer Favorit herauskristallisiert, nur der Schlossherr kann dem Redaktionsleiter wenigstens noch einigermaßen auf den Fersen bleiben, während Jim Boeven und ich chancenlos aussehen.

Spielverhalten hat sich nicht geändert

Das Faszinierende an den altvertrauten Gesellschaftsspielen ist, dass sie uns ansatzlos zurück in die Kindheit katapultieren. Overlack ist als jüngstes von sechs Geschwistern großgeworden, wie er erzählt. Boeven erinnert sich an seine Schwestern, die so viel älter sind als er, dass an gemeinsame Spiele nicht zu denken war. Trotzdem habe er natürlich Gesellschaftsspiele gespielt: „Das war unsere App.“

Nicht das Spielverhalten der Kinder habe sich geändert, sagt der praktizierende Großvater Overlack, sondern nur das Medium. Und dann ist er auch schon wieder bei den Regeln: „Beim Spielen am Handy muss man klare zeitliche Grenzen ziehen.“

Blatt wendet sich im Spiel

Von Ärger kann bei dieser Runde „Mensch ärgere dich nicht“ keine Rede sein, die Laune wird immer besser. Die Frage, ob Brettspiele nur etwas für Kinder sind, stellt sich gar nicht. Oder es sind halt zufällig vier ziemlich große Kinder aufeinandergetroffen. Das Glück wendet sich spät, aber es wendet sich. Reihenweise werden die Spielfiguren jetzt vom Gegner geschlagen, wer gerade noch den Sieg vor Augen hatte, kämpft plötzlich auf einem der hinteren Plätze. Jim Boeven kann die Partie schließlich für sich entscheiden.

Klar, dass er da entspannt über Misserfolge plaudern kann. „Schon dumm, wenn du ein Drehbuch liest und findest, dafür bist du genau der Richtige. Und dann kommst du zum Casting und da sind 80 Leute, die alle aussehen wie du.“ Frage an den Schlossherrn: Hätte er es als Scheitern empfunden, wenn ihm bei der Versteigerung jemand Schloss Gymnich vor der Nase weggeschnappt hätte?

Gerd Overlack stutzt, lächelt. „Ach, das wäre nicht so schlimm gewesen.“ Vermutlich nicht schlimmer als der vorletzte Platz beim „Mensch ärgere dich nicht“.