Ein Jahr nach der FlutBliesheimer Schützen haben mächtig angepackt – mit Erfolg
Erftstadt-Bliesheim – Das hatte auch dem größten Optimisten erstmal den Garaus gemacht. Beim Anblick des Bliesheimer Schützengeländes mit Schießbahnen, das regelrecht in den Wassermassen der Flutkatastrophe vor einem Jahr untergetaucht war, mochte kaum jemand mehr an eine Zukunft des im Jahr 1450 gegründeten Vereins glauben.
Schützenfest konnte wieder im eigenen Haus gefeiert werden
Durch die lange Zeit der Corona-Pandemie ohnehin geschwächt fanden schon lange keine Wettbewerbe auf heimischem Grund statt, und dann die Naturkatastrophe. Doch nun, ein Jahr später, zeigt sich: Statt Verein und Heim aufzugeben, haben die Schützen wieder Hoffnung geschöpft, jüngst sogar ein fröhliches Schützenfest im eigenen Hause feiern können.
Vorstandsmitglied Alexander Rosentalski führt die Presse und Ortsbürgermeister Frank Jüssen durch die Vereinsräume an der Merowingerstraße, nun einen Steinwurf von der friedlich dahin plätschernden Erft entfernt. Die Vereine helfen sich gegenseitig, leihen Material und technische Ausrüstung aus, Handwerker aus den eigenen Reihen legen Hand an, um Schäden Zug um Zug zu beseitigen. „Die Scheibenzuganlage der Kleinkaliberbahn ist ausgeliehen, der Raum frisch gestrichen. Und unser Kommandant Paul Bert Schmitz verlegte eigenhändig das Parkett“, berichtet Rosentalski.
Wenn schon saniert werden müsse, dann solle die Technik der Schießanlagen auch gleich auf den neuesten Stand gebracht werden. Digitale Technik wird auch bei den Bliesheimer Grünröcken Einzug halten. „Unsere Jugendabteilung ist wieder im Aufbau, ein erstes Treffen mit 15 bis 20 Leuten fand bereits statt, ebenso ein erstes Schießtraining“, berichtet Rosentalski.
Schützenkönig Kevin Vosen baute neue Mathias-Klause
Blickfang im Vorraum der Halle, wo das Mauerwerk aber noch bis zum Herbst hinein trocknen muss, bevor auch hier verputzt und gestrichen wird, ist die Mathias-Klause. Die alte Theke wurde abgerissen und eine imposante neue aus Holz aufgebaut. „Unser Schützenkönig Kevin Vosen, der selbstständiger Schreiner und Tischler ist, schuf die Teile und baute sie zusammen“, bericht Rosentalski mit strahlender Miene.
Dank Getränkeausschank finden Vereinsabende im Schützenhaus wieder statt. Die Wiederherstellung der Sanitärräume muss aber noch warten. Das Material ist allerdings schon vor Ort. Bis zu Inbetriebnahme der Toiletten behelfen sich die Schützen mit einem Sanitärwagen vor dem Haus.
Bliesheimer Bruderschaft zählt inzwischen 200 Mitglieder
Dass das Schützenfest mit Festumzug und ausgelassener Stimmung so zwanglos wie einst gefeiert werden konnte, hätte der Verein sich so niemals vorstellen können. „Das Bier floss und die Tanzfläche war voll“, berichtet der Schütze. Natürlich musste noch viel improvisiert werden. So wurden die Stühle teils ausgeliehen, teils gespendet. Und weil es beim Fest so schön war, konnte der Verein auch weiteren Zulauf vermelden. Ein Dutzend neuer Mitglieder bei der inzwischen auf 200 Mitglieder angewachsenen Bruderschaft sei hinzugekommen.
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„Schätzungsweise 80 bis 90 Prozent der Reparaturen erfolgten in Eigenleistung, vom Wiederaufbau der Terrasse, Verlegung von Rollrasen, Fenstereinbau und vielen mehr“, berichtet Rosentalski. Der Verein ging, wie anderorts bei flutgeschädigten Betroffenen, für seine Auslagen in finanzielle Vorleistung und rechnet später mit dem Land ab.Die Not, so sei zweifelsfrei bei den Schützen und im Ort deutlich zu spüren, habe die Menschen zusammengeschweißt, beobachtete Ortsbürgermeister Jüssen.
Mut und Optimismus hat die Schützen gestärkt
„Aufgeben ist und war keine Alternative“, fügt er hinzu. Mut, Optimismus und eine gute Portion Trotz stärken die Schützen. Passend zu dieser Haltung hatten sie auf dem Schützenfest Pins verkauft, entworfen vom Ordenhersteller Bley aus Bonn, dessen Designer Guido Ronig just aus Bliesheim kommt.
Auf dem Pin ist ein fröhlicher Schütze abgebildet, knöcheltief in den Fluten stehend und in beiden Händen riesengroße Coronaviren haltend. Umrahmt ist das Bild mit dem Schriftzug: „Mer sinn immer noch do, do, do – Et jeht wigger. Mit sinn nit kapottzekrieje.“ Der Pin wurde gegen einen Obulus verkauft. Rosentalski: „Das Ding fand reißenden Absatz.“