„Sexuelle Grenzverletzung“Neue Vorwürfe gegen Erftstädter Pfarrer erschüttern Gemeinde

Pfarrer Stephan Weißkopf informierte während der Pfarrversammlung über die Vorwürfe.
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Erftstadt – „Ich bin erschüttert“, sagte Pfarrer Willi Hoffsümmer zu den neuen Vorwürfen, die gegen den Liblarer Pfarrer Winfried Jansen erhoben werden. „Ich leide mit den Leuten, die am Schweigemarsch teilgenommen haben und ein stückweit irregeleitet waren.“ Vor allen Dingen sieht er jetzt keine Chance mehr, Jansen zurückzuholen. Dass sich nun auch ein mutmaßliches Opfer aus Erftstadt gemeldet habe, sei „das Schlimmste, was passieren konnte“.
Hoffsümmer ist Pfarrvikar in Bliesheim und langjähriger Weggefährte von Pfarrer Jansen, der Anfang Februar von seinen Ämtern entbunden worden war, weil ihm vorgeworfen wird, in den 70er-Jahren sexuelle Grenzverletzungen an einem neun Jahre alten Mädchen begangenen zu haben.
Bei Frauen entschuldigt
Wie es nun in einer gemeinsamen Erklärung von Jansen und dem Erzbistums Kölns heißt, haben sich zwei weitere Betroffene gemeldet. Die neuen Vorwürfe beziehen sich auf „,mehrjähriges sexuell grenzverletzendes Verhalten gegenüber einem Kind Anfang der 70er-Jahre“, als Jansen Kaplan in Köln-Sülz war. In einem weiteren Fall geht es um eine Jugendliche in den 80er-Jahren in Erftstadt.
In der Erklärung räumt Jansen ein, dass sein Verhalten für die Betroffenen sexuell grenzverletzend war. Der heute 73-Jährige entschuldigt sich darin zudem bei den betroffenen Frauen und bei der Kirchengemeinde.
Myriam Iber gehört dem Pfarrgemeinderat Erftstadt-Ville an, sie nahm am Dienstag an Gesprächen mit dem Erzbistum teil, in denen die neuen Vorwürfe bekanntgemacht wurden. „Man muss in dieser Situation mit allen Beteiligten fair umgehen und die Vorwürfe prüfen“, betont sie. Die Solidaritätsbekundungen für Pfarrer Jansen hält sie aber nach wie vor für richtig: „Da geht es ja darum, was die Menschen persönlich empfinden.“ Sie selbst kenne Jansen schon seit Jahrzehnten und spreche ihm nach wie vor ihr vollstes Vertrauen aus: „Ich weiß aber auch, dass man angesichts der Vorwürfe dieses Vertrauen nicht von jedermann verlangen kann.“ Deswegen habe es aus ihrer Sicht auch keine andere Möglichkeit als die Beurlaubung von Pfarrer Jansen gegeben.
Für den Pfarrgemeinderat stehe nun im Mittelpunkt, die Gemeinde zusammenzuhalten. „Wir brauchen personelle Unterstützung“, erklärte Iber. Außerdem hätten viele Gläubige Fragen: Wie geht es mit den Kommunionkindern und den Messdienern weiter, wie mit der pastoralen Arbeit in Kindergärten und Schulen? Dazu biete das Erzbistum Gespräche mit allen Gemeindemitgliedern an. Aufgrund der aufgetretenen Spannungen soll ein externer Mediator oder Coach zwischen der Pfarreiengemeinschaft und dem Erzbistum vermitteln.
Überrascht von den neuen Vorwürfen zeigte sich Rechtsanwalt Raymond Pieper, der aus Solidarität zu Pfarrer Jansen unter anderem eine Unterschriftenaktion ins Leben gerufen hatten. Mehr als 3300 Unterschriften seien bisher zusammengekommen, berichtete Pieper. An der Kritik am Verfahren des Erzbistums, das einer Vorverurteilung gleichkomme, halte man fest. „Wir treten auch weiterhin mit Nachdruck dafür ein, dass alle Vorwürfe aufgeklärt werden.“ Abstand nehme man angesichts der neuen Vorwürfe aber von der Forderung, dass Jansen für die Dauer des Verfahrens nach Erftstadt zurückkommen solle. Kritik übt Pieper an der Informationspolitik des Erzbistums: Er würde sich eine direktere Kommunikation mit der Pfarrgemeinde wünschen.
„Ich bin traurig über die Entwicklung, die die Angelegenheit genommen hat“, erklärte Kreisdechant Achim Brennecke. Das weitere Vorgehen müsse nun gut begleitet werden. Brennecke war bereits während des Solidaritätsgottesdienstes für Jansen in Erftstadt zu Gast. „Ich stehe auch weiterhin als Gesprächspartner zur Verfügung“, sagte Brennecke.