Bürgerinitiative„Waldfreunde Königsdorf“ wehren sich gegen neuen Waldpflegeplan
Frechen-Königsdorf – Der Brief an das NRW- Umweltministerium ist raus. Jetzt wartet die Bürgerinitiative „Waldfreunde Königsdorf“ händeringend auf eine Antwort.
Natürlich möglichst in ihrem Sinne. Denn in Königsdorf gärt es. Streitpunkt: der Königsdorfer Forst, knapp 330 Hektar groß und in dieser Form einmalig in Deutschland. „Beim Königsdorfer Wald handelt es sich um ein zusammenhängendes Laubwaldgebiet auf der Ville-Hochfläche mit naturnahem Perlgras-Buchenwald, Eichen-Hainbuchen- und Eichen-Buchenwald-Beständen, zum Teil mit hohem Alt- und Totenholzanteil“, präzisiert der aktuelle Waldpflegeplan des NRW-Landesbetriebs „Wald und Holz“. Er sei daher in seiner Besonderheit als einziger nicht rekultivierter Altwald in der Region zu pflegen und zu entwickeln.
Dennoch knackt es gehörig im Gehölz, seit der Waldpflegeplan im Dezember 2016 in Kraft trat. Der Zorn der Bürgerinitiative entzündet sich vor allem an zwei Bestimmungen des umfangreichen Maßnahmenkatalogs. Punkt eins: Er erlaubt den Einsatz von Forwardern, von schweren Holztransportern, auf unbefestigten Wegen. Punkt zwei: „Lebensraumtypische“ Bäume von bis zu 120 Jahren dürfen ohne Rücksprache mit den Waldfreunden „im Rahmen der Durchforstung entnommen“, sprich: geschlagen werden.
Schwere Fahrzeuge verbannen
„Ein Unding“, sagt Werner Fink, Sprecher und Vorsitzender der Bürgerinitiative. Die nämlich will Forwarder und andere Gefährte generell aus dem Wald verbannen und die Altersgrenze für Bäume bei 80 Jahren ansetzen. Das ist nicht neu. Seit 2010 liegen die „Waldfreunde Königsdorf“ mehr oder minder im Clinch mit dem zuständigen Regionalforstamt Rhein-Sieg-Erft. Damals sahen die Königsdorfer ihr Waldgebiet vor allem durch das massive Abholzen alter Bäume und den Einsatz von Harvestern, schweren Holzerntemaschinen, in Gefahr. „Der Wald wurde zerhackt, der Boden zerstört“, erinnert sich Fink. Und fürchtet: „Die Spuren der Harvester werden noch in 100 Jahren zu sehen sein.“ 1700 Unterschriften sammelte die Bürgerinitiative im Sommer 2010, um gegen den Raubbau an der Natur zu protestieren. Sie mobilisierte Lokalpolitiker und Umweltschützer und schalteten schließlich das NRW-Umweltministerium ein.
Vorläufiger Stopp 2011
Mit Erfolg. 2011 ordnete NRW-Umweltminister Johannes Remmel einen vorläufigen Stopp der Baumfällungen an und drängte die Streithähne unter der Leitung von zwei Mediatoren zum Dialog. Die Schlichtungsverhandlungen zwischen Bürgerinitiative und Forstamt mündeten Ende 2012 in einen Mediationsvertrag, der 2016 von dem neuen Waldpflegeplan abgelöst wurde.
In der Vereinbarung hieß es unter anderem: „Bestandspflegende Maßnahmen an Laubbäumen nur jünger als 60 Jahre“ und „Forstmaschineneinsatz nur auf befestigten Wegen“. Statt der Forwarder wurden fortan Pferde zum Holztransport eingesetzt, eine Methode, die beispielsweise von dem Förster und Bestellerautor Peter Wohlleben praktiziert wird.
Das Verfahren habe sich unter anderem aus Tierschutzgründen nicht bewährt, sagt hingegen Uwe Schölmerich, Leiter des Regionalforstamtes Rhein-Sieg-Erft. Zwar rücke man, soweit das möglich sei, weiterhin mit Pferden bis zum nächsten festen Weg. Komplett vermeiden ließe sich der Einsatz von Forstmaschinen jedoch nicht.
Auch die Abholzung von bis zu 120 Jahre alten Bäume sieht der studierte Forstwirt weitaus weniger problematisch als die Bürgerinitiative. „Es gibt eine Kartierung von 11 000 Alt- und Totholzbäume, die alle stehen bleiben. Weitere werden hinzukommen. Auf dem Rest der Fläche werden im Sinne der Naturschutzverordnung zwar auch Bäume im höheren Alter gefällt, aber äußerst zurückhaltend.“
Endloser E-Mail-Verkehr
Man sei vonseiten des Forstamts zudem durchaus bereit, mit der Bürgerinitiative über das Fällen von Bäumen zu reden, die älter seien als 120 Jahre. „Aber die wollten die Grenze bei 80 Jahren ansetzen.“ Was Fink wiederum als Kompromiss ansieht. „Wir sind schon von 60 auf 80 Jahre raufgegangen. Abgesehen davon, dass wir die Holzwirtschaft ganz beenden wollten,“ Schölmerich bedauert den erneuten Streit, der auch durch einen „endlosen Mail-Verkehr“ im vergangenen Jahr nicht beigelegt werden konnte. „Alles, was wir gemeinsam erreicht haben, rückt deswegen in den Hintergrund.“ Dabei sei man sich durchaus einig, dass dies ein ganz besonderer Gebiet sei, und viele Vorstellungen der Aktivisten seien in den Waldpflegeplan eingeflossen.
Ganz ähnlich sieht das Georg Verbücheln vom „Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW“. Das Amt habe vorab geprüft, ob der Plan „die naturschutzfachlichen Gesichtspunkte ausreichend abbildet oder nicht“. Ergebnis der Prüfung: „Dieser Plan ist aus naturschutzfachlicher Sicht ein ganz besonders guter.“
Antwort auf den Brandbrief
Dennoch: Die Zeichen stehen weiterhin auf Sturm. In Düsseldorf feilt man an einer Antwort auf den Brandbrief der Waldfreunde. Man werde allen Beteiligten unter Federführung des Umweltministeriums einen Gesprächstermin anbieten, teilte der Leiter der Landesforstverwaltung, Huber Kaiser, mit. Wann das sein werde, könne er leider noch nicht sagen.