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Technischer Beigeordneter im InterviewFrechener Bevölkerung wird weiter stark wachsen

Lesezeit 5 Minuten
Bauen Frechen

So wie hier an der Kreuzung Toni-Ooms-Straße/Alfred-Nobel-Straße wird an vielen Stellen im Frechener Stadtgebiet gebaut.

  1. Um mindestens 14 Prozent wird die Stadt Frechen bis 2024 wachsen, so die Bevölkerungsstudie, die die Stadt Frechen in Auftrag gab.
  2. Besonders die Kernstadt und Königsdorf seien attraktive Standorte und werden in den kommenden Jahren beliebt bleiben.
  3. Für die Schulen wird eine Überbelastung ab 2024 prognostiziert – die Stadt arbeite an Lösungen.

Frechen – Die Stadt Frechen ist im Wandel. Die Nähe zu Köln und der Strukturwandel stellen die Stadt vor Herausforderungen. Mit mindestens 14 Prozent Bevölkerungszuwachs rechnen die Verantwortlichen. Jennifer Seidel hat mit Robert Lehmann, technischer Beigeordneter der Stadt Frechen, über die Bevölkerungsentwicklung bis 2024 und die damit verbundenen Probleme und Herausforderungen für Stadt und Einwohner gesprochen.

Warum hat die Stadt eine Studie zur Bevölkerungsentwicklung in Auftrag gegeben?

Robert Lehmann: Wir haben in der Vergangenheit festgestellt, dass die Stadt Frechen sehr stark gewachsen ist, wie beispielsweise in Königsdorf. Wir haben größere Baugebiete entwickelt und haben das zum Anlass genommen, auch selbst stärker die Einschätzung vorzunehmen, wer da eigentlich hinzieht. Wie viele Familien ziehen zu? Wie ist die Struktur aktuell?

Besonders für Familien, die in Köln keinen Platz mehr finden, ist Frechen sehr attraktiv geworden. Die Weiterführung des Flächennutzungsplans, an dem wir gerade arbeiten, war für uns der Auslöser zu schauen, was das für die Infrastruktur bedeutet. Wo gibt es eine Auslastung, was an sich ja gut ist, aber wo gibt es auch eine Überlastung? Zusammen mit der Politik gab es dazu einen Arbeitskreis. Und ein Ergebnis aus diesem Arbeitskreis war, dass die Bevölkerungsentwicklung viel stärker auch mit den Infrastrukturbedarfen, die sich daraus entwickeln, verknüpft werden muss.

Wir haben verschiedene Szenarien gebildet, einmal das Maximum, einmal einen Mittelwert und einmal das Minimum, und geschaut, wie viel können wir eigentlich entwickeln, bis es dann an der ein oder anderen Stelle in den bestehenden Infrastruktureinrichtungen, wie zum Beispiel Schulen, zu voll wird.

Wie entwickelt sich die Stadt Frechen in den nächsten Jahren?

Wir sind selbst ein bisschen überrascht worden, dass laut der Studie, selbst beim minimalen Szenario, mit fast 14 Prozent Steigerung bis 2040 zu rechnen ist. Das ist schon sehr viel. Wir gehen aber auch aufgrund der bisherigen Entwicklung, rund sieben Prozent in den vergangenen zehn Jahren, davon aus, dass die Stadt weiterwachsen wird, und dass wir entsprechende Kapazitäten in den sozialen Infrastrukturen bereitstellen müssen. Aber wie viel, wo und vor allem wann: Das sind Fragen, die wir gemeinsam mit der Politik klären müssen.

In welchen Ortsteilen gibt es in den nächsten Jahren die größte Entwicklung?

Vor allem bei den attraktiven Standorten, die auch verkehrstechnisch gut gelegen sind, wird der Siedlungsdruck am größten sein. Das sind einmal die Frechener Kernstadt mit den angrenzenden Stadtteilen und auch Königsdorf. Inwieweit die Stadt dann selbst aktiv Baugebiete ausweiten muss, das wird man, denke ich, hinterfragen müssen. Aber es werden sich dort auf jeden Fall noch Veränderungen ergeben. Auch das Baugebiet in Habbelrath, an der Ammerstraße, wird in den nächsten Jahren schrittweise in die Entwicklung gehen.

Robert Lehmann

Robert Lehmann, technicher Beigeordneter der Stadt Frechen

Darüber hinaus wird es aber überall Anpassungen geben, weil ein Großteil des Baubestands ein gewisses Alter erreicht hat und man da normalerweise Modernisierungen wahrnehmen wird oder im Bestand Wohnhäuser auch neu gebaut werden.

Was bedeutet die Entwicklung für die Frechener?

Der Zuzug ist schon seit Jahren im Gang und kann durchaus bereichernde Elemente mit sich bringen, beispielsweise für Vereine. Aber natürlich hat das Auswirkungen auf die Menschen, wenn ein Gebäude umgewidmet wird oder Nachverdichtung stattfindet, also beispielsweise Häuser in zweiter Reihe gebaut werden.

Die Stadtverwaltung wird überall da, wo es keine Aus- sondern Überlastung gibt, vor die Herausforderung gestellt, neue Kindergärten und neue Schulen bereit zu stellen. Wir werden in Frechen eine vierte Schulform etablieren müssen, da gab es den Beschluss Anfang des Jahres zu, um zusätzliche Kapazitäten zu schaffen. Und wir werden die Realschule sanieren müssen. Im Grundschulbereich haben wir zwei Kapazitätslücken: In der Frechener Kernstadt und in Königsdorf. Auch im Kita- und Krippenbereich haben wir noch Nachholbedarf. Und wir müssen Spielplätze, Sportanlagen und Angebote für Jugendliche auf den Prüfstand stellen, wenn wir eine familienfreundliche Stadt sein wollen. Da kommt noch viel Arbeit auf uns zu.

Sehen Sie darin eine Chance oder macht Ihnen die prognostizierte Entwicklung sorgen?

Ich denke grundsätzlich positiv. Das ist natürlich eine Chance für die Stadt, ich sehe da große Gestaltungsspielräume und -Möglichkeiten. Da kann man langfristig viel Gutes für die Stadt errichten. Eine verbesserte Infrastruktur kommt auch der bestehenden Bevölkerung zugute. Aber es ist natürlich eine enorme Herausforderung alles umzusetzen.

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Wie gehen Sie mit der prognostizierten Überbelastung der Schulen ab 2024 um?

Es wird erstmal nur organisatorische Maßnahmen geben können. Also man wird schauen müssen, wie man die Schulen optimal verteilt, wie man möglicherweise Schüler verteilen kann. Wir haben auch die Möglichkeit, Klassenverbände etwas größer auszugestalten, auch wenn das natürlich nur eine Notlösung. Es ist Aufgabe einer qualifizierten Schulentwicklungsplanung, dies zu untersuchen. Im letzten Schulausschuss wurde der Weg für die Beauftragung eines Planers frei gemacht. Erste Ergebnisse werden für das Frühjahr 2023 erwartet.

Die Mauritiusschule soll laut Plan in eineinhalb Jahren fertig sein, da sollen neue Klassenräume entstehen. Das ist ein Bauprojekt, was schon begonnen ist. Auf Modulbauten auszuweichen ist auch ein Thema, aber schneller oder günstiger ist das auch nicht. Wir sind für alle Optionen offen und prüfen das regelmäßig, natürlich in Abstimmung mit der Politik, um da möglichst schnelle Lösung zu präsentieren.