KorruptionsfälleVorwürfe gegen leitende Beamte in Frechen erhoben

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Im Frechener Rathaus wurden die Aufträge vergeben.

Frechen – Als die drei Angeklagten wegen der Korruptionsfälle im Frechener Rathaus Mitte Juli vom Kölner Landgericht zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt wurden, hatten viele gehofft, mit dem unliebsamen Kapitel endlich abschließen zu können. Doch Ruhe ist seither nicht eingekehrt. Zunächst wurde bekannt, dass alle drei Angeklagte in Revision gehen. Nun sorgt eine E-Mail für viel Wirbel, gezeichnet von einem der Angeklagten, dem ehemaligen Leiter der Abteilung Wohnung und Soziales.

Sie ist an fast alle Ratsfraktionen gesendet worden und liegt auch der Redaktion vor. Darin erhebt der Absender massive Vorwürfe gegen den zuständigen Beigeordneten der Stadt Frechen und den Fachdienstleiter.

Stadtverwaltung spricht von einer Kampagne

Er wirft ihnen die Manipulation eines Dienstleistungsvertrages mit einem Verband vor, der sich in den Jahren 2015/2016 um die Flüchtlinge in der Unterkunft am Frechener Gymnasium gekümmert hat. Die Stadtverwaltung streitet dies vehement ab. Sie spricht von einer „Kampagne des zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilten ehemaligen Mitarbeiters“.

Nachträglich, so behauptet der Absender in seiner E-Mail, sei unter Beteiligung der beiden Vorgesetzten eine dreimonatige Kündigungsfrist in den Vertrag mit dem Verband eingebaut worden, obwohl schon klar gewesen sei, dass die Bezirksregierung die Flüchtlingsunterkunft bald schließen werde. Dies habe zu einer „ungerechtfertigten Zahlung von 140 000 Euro“ geführt, heißt es in der E-Mail. Er habe genug Beweise gesammelt und werde Strafanzeige erstatten, kündigt der Absender an.

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Die drei Angeklagten wurden vom Landgericht Köln zu Haftstrafen verurteilt.

Die Stadtverwaltung entgegnet, dass die mit dem Verband getroffenen Vereinbarungen zur Beendigung des Vertragsverhältnisses in der öffentlichen Hauptverhandlung gegen den früheren Mitarbeiter ausführlich thematisiert worden seien. Bürgermeisterin Susanne Stupp habe sich über den Verlauf der Hauptverhandlung unterrichten lassen: „Für sie besteht keine Veranlassung, an der Integrität des Beigeordneten und des Fachdienstleisters zu zweifeln“, teilt die Stadtverwaltung mit.

Staatsanwaltschaft sieht keinen Tatverdacht

Wie die Staatsanwaltschaft Köln auf Anfrage mitteilt, sei in dem Verfahren geprüft worden, ob über den bekannten Beschuldigtenkreis hinaus ein Verdacht für strafbares Verhalten von weiteren Mitarbeitern der Stadt Frechen bestand. Hintergrund seien damals Anzeigen eines der Angeklagten gewesen. „Diese Ermittlungen führten allesamt nicht zur Bejahung eines entsprechenden Tatverdachts“, teilt Staatsanwältin Miriam Margerie mit. Neue Strafanzeigen, die zeitlich nach der Urteilsverkündigung liegen, seien bislang nicht eingegangen.

Die Politiker machen in ihren Stellungnahmen unisono deutlich, dass die Klärung der Anschuldigungen der Staatsanwaltschaft obliege. Es gelte die Unschuldsvermutung. Man könne weder die Authentizität der E-Mails noch die Richtigkeit der Vorwürfe prüfen, so die CDU-Fraktion.

Vorgänge vollständig aufarbeiten

Die Vorgänge müssten von der Stadt vollständig aufgearbeitet und transparent dargestellt werden, so die SPD: „Unsere Fraktion hat als erste nach dem Bekanntwerden der Korruptionsvorwürfe im Frechener Rathaus eine lückenlose Aufklärung gefordert, und das gilt auch heute“, sagt SPD-Fraktionsvorsitzender Hans Günter Eilenberger.

„Sämtliche Verdachtsmomente müssen zweifelsfrei ausgeräumt werden“, sagt Dieter Zander (Perspektive für Frechen): „Es erscheint jedoch schwer vorstellbar, dass über das Verfahren hinaus eine neue Sachverhaltslage vorliegt.“ Für die FDP stellt sich auch die Frage nach einer „dienstrechtlichen Einschätzung“. Um für mehr Transparenz zu sorgen, regt sie eine Sondersitzung des Stadtrates an.

Kritik wegen fehlender Informationen

Peter Singer (Die Linke) zeigte sich von der E-Mail überrascht und ist verwundert, das der ehemalige Abteilungsleiter die Vorwürfe erst nach der Verurteilung erhebe. Wie die meisten anderen Politiker sieht er es kritisch, dass die Verwaltung den Rat nicht über die Vorwürfe und die Haltung der Stadt dazu informiert habe. Singer: „Es darf nicht sein, dass in der Öffentlichkeit der Eindruck entsteht, dass hier nicht konsequent aufgeklärt wird.“

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Vor dem Landgericht hatten sich die drei Angeklagten verantworten müssen, weil Schmiergeld für Aufträge zur Bewachung von Flüchtlingsunterkünften und für die Versorgung der dort untergebrachten Menschen geflossen sein soll. Mit der Revision befasst sich nun der Bundesgerichtshof.

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