Das 1977 gegründete Pferde- und Reitsportgeschäft ist eine überregional bekannte Institution. Doch nach fast 50 Jahren ist bald Schluss.
Stammkunden sind entsetztBeliebtes Frechener Fachgeschäft „Der Reiterkeller“ schließt
Der heimelige Geruch aus einer Mischung von Leder und fruchtigen Leckerlis, die gediegene Atmosphäre mit vielen Holzelementen und die freundliche Fachberatung: Der Reiterkeller in Frechen an der Kölner Straße ist für viele Pferde- und Reitsportliebhaber aus der ganzen Region und weit darüber hinaus eine beliebte Anlaufadresse.
Ob Profisportler, die für mehrere Tausend Euro einen neuen Sattel erwerben, oder kleine Mädchen, die ihr erstes Taschengeld in eine möglichst pinke Bürste zum Striegeln ihres Lieblingsponys investieren – auf 800 Quadratmetern und zwei Etagen verteilt gibt es ein breit gefächertes Angebot rund ums Pferd.
„Wir wollen nicht immer mehr zum Probierstübchen des Internets degradiert werden“
Doch zum Schrecken vieler Stammkunden, die zum Teil schon in zweiter oder sogar dritter Generation kommen, ist damit bald Schluss: Nach fast fünfzig Jahren in Frechen schließt der Reiterkeller, voraussichtlich im Oktober. „Es ist meine freie Entscheidung, aber ich möchte nicht warten, bis ich zumachen muss“, berichtet die Inhaberin Hildegard Hoffmann-Willecke, die das Geschäft 1985 im Alter von nur 22 Jahren übernahm und seitdem mit zum Teil bis zu zehn Mitarbeiterinnen betreibt. Private Wünsche, wie mehr Zeit für die Familie , ihre hochbetagte Mutter, die eigenen Pferde und auch Reisen, seien ein Grund für die Schließung.
Über die anderen Umstände, die zu ihrem Entschluss geführt haben, spricht die Geschäftsfrau und Pferdeliebhaberin ganz offen: „Wir wollen nicht immer mehr zum Probierstübchen für das Internet degradiert werden“. Immer öfter würden Waren anprobiert und dann fotografiert. „Zudem muss man Geld übrig haben für das Pferd, die Kunden überlegen einfach mehr, es gibt eine Kaufzurückhaltung.“ Die Prognose in der Branche sei auch nicht gut, einige Lieferanten seien in Schwierigkeiten oder würden direkt verkaufen. Zudem würde der Nachwuchs fehlen, da immer mehr Schulbetriebe aufgrund der stark gestiegenen Kosten schließen müssten.
„Der Reiterkeller“ schließt: Kundeninnen und Kunden sind entsetzt
„Ich bin ehrlich, am Monatsende bleibt nach Abzug der Kosten trotz des großen Aufwands nicht mehr viel übrig, da suche ich mir doch lieber ein anderes Hobby“, so Hoffmann-Willecke. Auch die Suche nach einem potentiellen Nachfolger habe nichts ergeben: „Wer will heute noch Einzelhandel machen?“.
Der Abschied von ihrem Geschäft und den Kunden, zu denen sie und ihr Team oft freundschaftliche, langjährige Beziehungen pflegen, gehe ihr sehr nahe, berichtet die Geschäftsfrau, die seit 2002 mit ihrem Mann und Pferden auf einer idyllischen Hofanlage in der Eifel lebt. „Der Reiterkeller war mein Baby, mein Kind. Ganz viel Liebe und Herzblut stecken in jedem Quadratmeter.“ Irgendwann müsse man aber loslassen, vor allem wenn man auf so eine schöne Zeit zurückblicken könne.
Die Stammkunden seien entsetzt, erzählt sie gerührt. „Sie können es gar nicht fassen“. Oft würde gesagt: „Das könnt ihr doch nicht machen, ihr wart doch einfach immer da.“
Im Moment läuft ein Ausverkauf, zum Teil gibt es bis zu 50 Prozent Rabatt auf die Waren. Das Inventar, wie große Ausstellungspferde, ist zum Teil schon verkauft, der Rest soll dann über E-Bay-Kleinanzeigen den Besitzer wechseln. „Und wer weiß, vielleicht kommen wir in zehn Jahren ja wieder“, schmunzelt Hoffmann-Willecke.
Der Reiterkeller wurde 1977 durch den Kaufmann Jörg Geester gegründet. Erster Firmensitz in Frechen war ein kleiner Laden auf der Hauptstraße 139. Zu den Geschäftsräumen führte eine Treppe hinunter in den Keller – daher stammt der Name. Bereits ein Jahr später zog das Geschäft ein paar Hausnummer weiter in ein größeres Ladenlokal um. Damals gab es 1eine Geschäftsfläche von 50 Quadratmeter nin der Parterre mit zwei großen Schaufenstern.
Im Jahr 1985 folgte der Inhaberwechsel: Aus gesundheitlichen Gründen verkaufte Geester das Geschäft an Hildegard Hoffmann-Willecke. Nach einer weiteren Station in der Ringlok-Anlage kaufte sie 2010 den jetzigen Standort an der Kölner Straße. Die ehemalige Halle eines Reifenhandels wurde in ein 800 Quadratmeter großes Fachgeschäft umgebaut und im Mai 2010 bezogen. (