Die letzten Jungtiere wurden damals von einem Fuchs geholt. Jetzt begleiten Biologen in Frechen vier frisch geschlüpfte Uhu-Küken.
„Die Fantastischen Vier“Uhu-Küken schlüpfen in Frechener Quarzwerken
„Die Fantastischen Vier“ - bereits der Spitzname der neuen Einwohner von Frechen lässt Außergewöhnliches vermuten. Und tatsächlich beurteilen Fachleute ihre Existenz als selten und nicht alltäglich: Gleich vier Uhu-Küken sind in einem Nistkasten auf dem Gelände der Quarzwerke Frechen geschlüpft und haben sich in den vergangenen Wochen zu flauschigen und properen Jungvögeln entwickelt.
„Wir hatten erst einmal vier Küken am Stück, aber die wurden damals vom Fuchs geholt, bevor wir sie beringen konnten. Unsere vier Küken sind jetzt wohlauf“, erläutert Britta Franzheim, Biologin der Quarzwerke, begeistert. Unterstützt von Stefan Brücher von der Gesellschaft zur Erhaltung der Eulen (EGE) kümmert sie sich seit Jahren leidenschaftlich um die Uhus und ihren Nachwuchs.
Entwicklung der Jungtiere wird genau „gemonitort“
Jetzt konnten die Jungtiere bei einer aufwendigen Aktion aus dem Nistkasten genommen und beringt werden. Damit soll sichergestellt werden, dass die vier Wochen alten Jungvögel auch dann noch verfolgt und überwacht – „gemonitort“ - werden können, wenn sie mit den Flugübungen beginnen und Ausflüge starten.
Die komplette Entwicklungsgeschichte von der Eiablage über das Brüten bis zu den ersten Lebenstagen wird durch eine im Nistkasten installierte Kamera überwacht und dokumentiert. So entstehen spektakuläre Aufnahmen vom zaghaften Schlüpfen aus dem Ei, vom gemeinsamen Kuscheln oder vom Verzehr der Ratten, die die Uhumutter ihrem hungrigen Nachwuchs als Delikatesse bringt.
Der Kölner Autor, Fotograf und Exkursionsleiter Sven von Loga hat, wie er berichtet, laufend Screenshots von den Liveübertragungen gemacht und wird sie in den nächsten Tagen auf seinem Blog online stellen. Dort befindet sich bereits unter dem Titel „Meine Zeit im Uhunest“ eine bilderreiche Reportage über die Frechener Brut aus dem vergangenen Jahr.
Erste Flugübungen können über Blog verfolgt werden
„Für mich als Biologin ist die Beringung der Uhus immer eines meiner Highlights“, berichtet Britta Franzheim, „dank Stefan Brücher geht es den Frechener Uhus immer sehr gut.“ Dass die vier kleinen Flauschbälle aktuell wohlauf sind, bestätigt der deutsche „Uhu-Papst“: „Die vier Jungen sind wohlgenährt, wie auch die Kamera-Beobachtungen des Nestes zeigen, mangelt es hier nicht an Nahrung. Dies begründet auch die hohe Jungenanzahl. Die Uhu-Eltern erbeuten hier in Frechen offensichtlich hauptsächlich Ratten.“
In rund vier Wochen werden die Jungtiere mit ihren ersten Flugübungen beginnen, so Brücher: „Bis sie aber selbstständig sind, kann es noch bis September dauern.“ Mit den Quarzwerken arbeitet der Uhu-Experte schon seit Jahren eng zusammen: „Der örtliche Vogelschützer hat mich darüber informiert, dass Uhus im Tagebau der Quarzwerke brüten. Gemeinsam mit der Quarzwerke-Biologin Britta Franzheim haben wir Brutplätze identifiziert, die durch den Abbau in den nächsten Jahren gefährdet sein könnten.“
Um die Belange des Uhus und der Quarzwerke unter einen Hut zu bekommen, sei ein Nistkasten an geeigneter Stelle aufgestellt worden: „Er wird von den Uhus sehr gut angenommen.“ Die Zusammenarbeit findet fortlaufend statt. Immer wenn von dem Unternehmen ein neuer Abbauabschnitt vorbereitet wird, in dem sich Brutstelle der Uhus befindet, wird gemeinsam nach einem neuen Platz für den Nistkasten gesucht.
Franzheim und die örtlichen Vogelschützer beobachten die Uhus und ihre Jungvögel genau und geben Bescheid, wenn sie beringt werden können. Das Verfahren, das die „Fantastischen Vier“ entspannt mitgemacht haben, ist für Stefan Brücher sehr wichtig: „Einerseits ist die Beringung für mich als Forscher sehr interessant. Durch die individuell nummerierten Ringe kann ich das Verhalten eines einzelnen Uhus über einen langen Zeitraum hinweg genau nachvollziehen und so herausfinden, wie weit der Uhu fliegt oder wo er lebt.“
15 bis 20 Uhu-Paare im Kreis
Ein anderer sehr wichtiger Aspekt sei der langfristige Schutz der Uhus. Nur mit einer Beringung könnten zu Tode gekommene Tiere im Internet bei der Beringungszentrale gemeldet werden: „Auf diese Weise können wir Uhu-Schützer Ursachenforschung betreiben und herausfinden, woran die Vögel gestorben sind. Die gesammelten Daten und Erkenntnisse helfen uns, die entsprechenden Verursacher davon zu überzeugen, es in Zukunft besser zu machen und damit zum Schutz der Uhus beizutragen.“
Stefan Brücher schätzt den Uhubestand im Rhein-Erft-Kreis aktuell auf rund 15 bis 20 Paare: „Der Uhu hat irgendwann in seiner Entwicklungsgeschichte gelernt, dass sich der Bruterfolg vergrößert, wenn er in senkrechten Felswänden brütet.“ Dort nutze der Vogel kleine Höhlungen oder Balkone als Brutstätte. „Eine senkrechte Wand kann eine natürlich vorkommende 100 Meter hohe Felswand sein – wenn hier aber alle Brutplätze besetzt sind oder die Nahrung in anderen Gebieten besonders lockt, dann tut es auch eine fünf Meter hohe Steilwand in der Grube eines Tagebaus. So ist das auch bei den Quarzwerken in Frechen“, erläutert Stefan Brücher.
Neben der Steilwand locke die nahrungsreiche Landschaft rund um den Tagebau: „Die relativ hohe Anzahl an Jungen beweist, dass die Uhus sich im Tagebau durchaus wohlfühlen.“ Die Begeisterung über den gleich vierfachen Nachwuchs teilen alle Beteiligten „Ja, so kleine Uhus sind grandios“, resümiert Sven von Loga.