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WDR-Reporter Burkhard Hupe zur EM„Die deutsche Mannschaft ist ein fragiles Gebilde“

Lesezeit 5 Minuten

Burkhard Hupe – hier im Stadion von Rom – berichtet live von der EM.

Frechen – Burkhard Hupe ist bei der Fußball-Europameisterschaft als Hörfunkreporter für den WDR unterwegs. Der 54-Jährige lebt mit seiner Familie in Frechen-Königsdorf. Manfred Christoph hat den gebürtigen Niedersachsen zu seinen Erwartungen an die EM befragt.

Herr Hupe, die DFB-Elf hat mit dem Weltmeister Frankreich und dem Europameister Portugal eine wahrlich schwere Gruppe erwischt. Dazu kommt Ungarn. Übersteht die deutsche Elf die Gruppe?

Da bin ich mir zu 100 Prozent sicher. Ich gebe allerdings zu bedenken, dass ich vor drei Jahren an dieser Stelle sehr überzeugt davon war, dass Deutschland sich gegen Südkorea durchsetzen würde, um das WM-Achtelfinale zu erreiche.

Wer gehört denn für Sie zum Favoritenkreis?

Wer sich in der „deutschen“ Vorrundengruppe durchsetzt, besitzt für mich die größten Chancen. Das ist von Anfang an der gefühlte K.-o.-Modus. Sehr gespannt und vorfreudig bin ich auf die englische Mannschaft, die mit ihren jungen Spielern in Sachen Technik und Tempo Maßstäbe setzen kann.

Bei der WM in Russland haben Sie aus dem Lager der Deutschen in Watutinki berichtet. Sind Sie dieses Mal wieder für die DFB-Elf zuständig?

Ursprünglich schon. Nach Rücksprache mit unserer Teamleitung bin ich in der Vorrunde aber zunächst als Springer unterwegs. Je nach Turnierverlauf und redaktionellen Nachfragen reise ich vielleicht aber noch nach Herzogenaurach.

Wer tippt am besten?

Übersteht die deutsche Fußball-Nationalmannschaft die schwere Vorrunde bei der Europameisterschaft? Welche Mannschaften schaffen es in die K.o.-Runde, wer scheidet frühzeitig aus, und wer wird Europameister? Für alle, die glauben, Antworten auf diese Fragen zu wissen, veranstalten wir ein großes EM-Tippspiel im Internet.

Dort kann man nicht nur attraktive Preise gewinnen, sondern sich auch zum Tipp-König oder zur Tipp-Königin aus dem Rhein-Erft-Kreis krönen. Im Kampf gegen die anderen Regionen bedarf es jeglicher Unterstützung, um zu beweisen, dass im Rhein-Erft-Kreis die geballte Fußball-Kompetenz zu Hause ist. Also: Anmelden und mitmachen.

Was für einen Fußball werden wir sehen, und auf wen oder was freuen Sie sich am meisten?

Ich hoffe einfach auf mehr Fußball als bei der WM in Russland, wo die Spiele zu oft an die nächtlichen Kaminfeuer-Übertragungen in den dritten Programmen erinnerten. Tore gab’s zu oft nach Standards. Es war eine durch und durch frustrierende WM. Belohnt wurde das Kalkül und nicht der Mut. So macht mir Fußball keinen Spaß.

Corona wird möglicherweise ein Thema sein. Wie oft werden Sie und Ihre Kollegen getestet?

Im Prinzip täglich. Vor jeder Reise ins Ausland kommt noch ein PCR-Test dazu. Es ist wie es ist.

Die DFB-Elf gehört nicht unbedingt zu den Top-Favoriten. Was erwarten Sie von der Mannschaft und wer wird die Führungsrollen im Team übernehmen?

Man hat in den letzten beiden Testspielen schon erkennen können, dass Hummels und Müller der Mannschaft wieder eine verlässliche Statik gegeben haben. Ich weiß aber nicht, was diese Erkenntnis wert ist, wenn die Franzosen ihr eigenes Ding durchziehen. Die Mannschaft ist ein fragiles Gebilde. Von Kollaps bis Triumph ist alles möglich.

Und auf was müssen wir uns beim Auftaktgegner Frankreich einstellen? Wie schätzen Sie unsere Nachbarn ein?

Wahrscheinlich die beste Mannschaft der Welt. Immer noch. Mit dem besten Spieler der Welt, und das ist für mich nicht Mbappé, sondern N’Golo Kanté, eine Maschine.

Wie haben Sie am Samstag die dramatischen Szenen um Christian Eriksen erlebt, der während des Spiels Dänemark-Finnland auf dem Spielfeld zusammengebrochen ist?

Ich saß im Zug nach Erlangen, um zum ARD-Team zu reisen, das die Nationalmannschaft redaktionell begleitet. Plötzlich vibrierte unsere Euro-Chatgruppe. Jeder versuchte dann, über seine Kanäle etwas zu erfahren. Zum Glück gab es schnell Anlass zur Hoffnung.

Können Sie sich in Ihrer langen Zeit als Sportreporter an einen ähnlich schlimmen Vorfall erinnern?

Nein. Natürlich ist man immer wieder Zeuge von schlimmen Verletzungen. Als der Dortmunder Morey sich vor ein paar Wochen im Pokalhalbfinale schreiend auf dem Rasen wälzte, war das im leeren Stadion kaum auszuhalten. Aber selbstverständlich nicht vergleichbar mit dem Drama um Eriksen.

Was halten Sie von der Entscheidung, das Spiel danach fortzusetzen?

Wahrscheinlich gibt es kein Schwarz und kein Weiß in dieser Frage. Jeder muss sie für sich beantworten. Den Spielern die Verantwortung zu überlassen, fand ich allerdings nur schwer nachvollziehbar. Vom sportlichen Wert des Spiels einmal ganz abgesehen. Ich war jedenfalls total überrascht. Es erinnerte mich an Fußballspiele, die keiner brauchte. Zum Beispiel das Champions-League-Spiel der Dortmunder gegen Monaco, einen Tag nach dem hundsgemeinen Angriff auf den Mannschaftsbus.

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Sie haben ja die Spiele der deutschen Eishockey-Nationalmannschaft im lettischen Riga kommentiert. Jetzt sind Sie als Reporter bei der EM im Einsatz. Ist das nicht Stress pur?

Für die Familie wahrscheinlich mehr als für mich. Die letzten Wochen waren ein ständiges Hin und Her. Und wenn der Papa zuhause ist, dann ist er doch nicht richtig da, weil er als Sportreporter am Schreibtisch im Schlafzimmer sitzt.

Werden Sie beim Spiel gegen Frankreich in der Münchener Allianz Arena sein?

Nein. Dann sitze ich auf gepackten Koffern, um am nächsten Morgen mit dem Zug nach Amsterdam zu fahren. Niederlande gegen Österreich – auch eine spannende Angelegenheit.

Was für ein Spiel erwarten Sie am Dienstag um 21 Uhr, und wie geht es aus?

Ich glaube, dass Deutschland mit 1:0 in Führung gehen wird, um dann am Ende ein schmeichelhaftes 1:1 zu erreichen.