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GrundschulenIm Rhein-Erft-Kreis mangelt es an Platz, Personal und Zeit für Kinder

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An der Bodelschwinghschule in Alt-Hürth wurde ein Teil der Aula durch Stellwände abgetrennt und so zum provisorischen Lehrerzimmer umfunktioniert.

Rhein-Erft-Kreis – Durch neue, zusätzliche Lehrer hat sich die Personalsituation an den Grundschulen entspannt – und zugleich zu neuen Problemen geführt. Manche Lehrerzimmer sind zu klein. Wie Johannes Schuck im Gespräch berichtet, müssten Lehrkräfte in der Pause und beim Korrigieren ausquartiert werden. Das Pausenbrot müsse in der Aula, die auch Durchgangsraum ist, verzehrt werden, und Konferenzen fänden in der Turnhalle oder in der Aula statt. Es gebe auch Lehrerzimmer, die sich im Keller versteckten. Schuck ist Sprecher des Verbands Bildung und Erziehung (VBE) im Rhein-Erft-Kreis und Personalrat im Kreishaus.

Als die meisten der Grundschulen vor 50 Jahren gebaut wurden, konnte bei der Raumplanung niemand ahnen, dass die Schülerzahlen wieder wachsen würden und es einen großen Anteil an Teilzeitkräften geben würde. Daher hätten auch im neuen Schuljahr viele Grundschulen keine Räume speziell für die sonderpädagogische Förderung oder zur äußeren Differenzierung in der sozialpädagogischen Arbeit. Laut Schuck gibt es Schulen, in denen sich 40 Erwachsene (Lehrer und Betreuer aus dem Offenen Ganztag) zwei Toiletten teilen müssten – und das vorrangig in den Pausenzeiten.

Lehrer sind wegen drohender Corona-Welle besorgt

Insgesamt, so Schuck nach zahlreichen Gesprächen an vielen der 78 Grundschulen im Kreis, seien seine Kolleginnen und Kollegen besorgt wegen einer möglichen erneuten Corona-Welle im Herbst und im Winter. Wegen dieser Unwägbarkeiten erführen schon jetzt geplante Klassenfahrten eine Brisanz: „Wer zahlt, wenn wir wegen Erkrankung und Quarantäne von Lehrkräften kurzfristig Klassenfahrten absagen müssen?“, habe eine Schulleiterin gefragt, die eigentlich alle vierten Klassen auf die Abschlussfahrt schicken möchte.

Nach seiner Auffassung bräuchten die Kinder nach zwei Coronajahren unbedingt solche Gemeinschaftserlebnisse, aber die nach wie vor dünne Personaldecke lasse dies kaum zu, sagt Schuck. Tatsächlich konnten alle befragten Schulen bislang in diesem Schuljahr den Minimalstundenplan gewährleisten. Das gehe aber nur so lange, wie keine Lehrkraft erkranke oder in Quarantäne müsse. „Und es funktioniert auch nur, weil teilweise Sonderpädagogen in Klassenleitung gehen müssen“, beklagt der Gewerkschafter. Dann fehle die sonderpädagogische Fachlichkeit im gemeinsamen Lernen von Kindern mit und ohne Beeinträchtigung.

Auch Beschäftigungsverbote für Schwangere führten sofort zu Zusammenlegungen von Klassen. Sobald Lehrerinnen und Lehrer ausfielen, würde sich sofort offenbaren, das aktuell „alles wieder auf Kante genäht“ sei und es keine Vertretungsreserve gebe. Dabei wünschen sich die Grundschulleiterinnen aus Bergheim, Kerpen und Hürth, mit denen Schuck gesprochen hat, nach zwei Jahren Corona, „in Ruhe und mit Zeit“ arbeiten zu können. Die organisatorischen Herausforderungen zum Schuljahresbeginn hätten ihnen bereits wieder viele Zwölf-Stunden-Tage gebracht: „Da sind die Ferien schon wieder ganz weit weg“.

Digitalisierung ist wichtiger als neue Richtlinien

Die Digitalisierung müsse jetzt „gelebt werden“, heißt es. Und: „Wir müssen uns in die Technik reinfummeln“ sowie mit „intensiver Erziehungsarbeit die Corona-Folgen abzufedern versuchen“. Daher wünschen sich die Schulleitungen, möglichst nicht von Ministeriumsseite mit neuen Richtlinien- und Lehrplanerprobungen „behelligt zu werden“. Schuck: Lehrerinnen und Lehrer möchten lieber die „kostbaren außerunterrichtlichen Arbeitsphasen“ auf die selbstgesteuerte „ureigene Schulentwicklung konzentrieren“. Eine erfahrene Schulleiterin habe es sehr klar formuliert: „Es ist nicht damit getan, uns an den Grundschulen seitens Bezirksregierungen und Ministerium jetzt mal zwei Monate Pause nach Corona zu geben und dann wieder Business as usual zu betreiben.

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Corona ist noch gar nicht vorbei, und die Beziehungsarbeit mit den Kindern braucht Ruhe, Zeit und geeignete Räume. Papier ausfüllen für Abfragen, Statistiken und Konzepte ist jetzt noch gar nicht an der Zeit. Gemeinschaftserlebnisse und Beziehung müssten jetzt oberste Priorität haben!“