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Helfer aus ganz Deutschland in Erftstadt„Ich hab nur noch das, was ich am Leib trage“

Lesezeit 5 Minuten
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Ehrenamtlich war das THW im Einsatz.

Rhein-Erft-Kreis/Erftstadt – „Wir waren schon ein bisschen überrascht, als die Alarmierung von der Bezirksregierung in Arnsberg kam und wir nicht in die näher gelegenen westfälischen Hochwassergebiete, sondern zu euch nach Erftstadt beordert wurden. Aber in einer solchen Katastrophensituation fragt man nicht lange nach“, erklärt Ronnie Bittner.

Eine gute Stunde später waren der Verbandsleiter des DRK in Bönen und sein über 30-köpfiges Team startklar. In Unna schloss man sich am Donnerstagabend mit Trupps der dortigen Feuerwehr zusammen und eilte in einem Tross von 28 Einsatzfahrzeugen an die Erft.

Unwetter: 1000 Helfer sind in Rhein-Erft im Dauereinsatz

Zeitweise an die 1000 Helferinnen und Helfer von Dutzenden Organisationen aus nah und fern sind nach Angaben der Kreisverwaltung im Katastrophengebiet seit Tagen fast rund um die Uhr im Dauereinsatz. Die tatsächliche Anzahl liegt noch weitaus höher, weil die erschöpften Teams immer wieder von frischen Kräften abgelöst werden müssen. Und ein ganz großer Teil dieser Menschen packt zuweilen unter Einsatz der eigenen Gesundheit nicht für Geld, sondern ehrenamtlich mit an – so auch die Einsatzkräfte des Brühler Ortsverbandes des Technischen Hilfswerks.

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Auch in Unna setzte sich am Donnerstagabend ein großer DRK-Tross und der Feuerwehr in Bewegung. 

Schon am Mittwochabend begann man damit, am Klärwerk nahe Kerpen-Mödrath und anderen neuralgischen Punkten mit dem Auftürmen von Sandsackbarrieren und mit Pumparbeiten. THW-Einheiten aus dem ganzen Bundesgebiet unterstützten die Bundeswehr unter anderem auch bei der Räumung der Bundesstraße 265.

Rhein-Erft-Kreis: Jede helfende Hand wird gebraucht

Die Katastrophe zeige, wie wichtig ehrenamtliches Engagement gerade in der größten Not sei, sagt Ortsverbandssprecher Peter Taube und wirbt dafür, bei Organisationen wie dem THW aktiv zu werden: „Nicht nur in Extremfällen wie jetzt freuen wir uns über jeden und jede, die aktiv mitmachen. Es kann immer wieder Situation geben, wo wirklich jede helfende Hand gebraucht wird.“

Bei den DRK-Leuten aus Bönen muss Taube keine Überzeugungsarbeit mehr leisten. „In der Not zu helfen, ist einfach eine gesellschaftliche Aufgabe, für die wir alle uns aus Überzeugung entschieden haben. Wenn man nach dem Einsatz gemeinsam nach Hause fährt und sagen kann, wir haben unseren Job anständig gemacht und dazu beigetragen, die Not der Menschen ein wenig zu lindern, ist uns das Belohnung genug“, so Ronnie Bittner.

„Ich habe im Moment nur noch das, was ich am Leibe trage“

Das Ausmaß an Verzweiflung, mit dem er und sein inzwischen wieder abgereistes Team in Erftstadt konfrontiert worden seien, habe man in dieser schrecklichen Form allerdings noch nicht erlebt. Die Böner waren im Betreuungszentrum im Liblarer Schulzentrum stationiert und kümmerten sich um zeitweise bis zu 250 dort unterbrachte Opfer, darunter auch viele aus Altenheimen und Hospizen evakuierte Menschen: „Verpflegung mit Essen und Trinken, die Ausgabe von Kleidung und Sanitärbedarf, der Aufbau von Schlafplätzen, aber auch die Notfallseelsorge gehörten zu unseren Aufgaben.“

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Die Kameradinnen und Kameradinnen in den Einsatzgebieten mit Trinkwasser zu versorgen, war am Wochenende nur eine von vielen Aufgaben für das Team der Liblarer Feuerwehr.

Das sei psychisch alles nicht so leicht zu verarbeiten, gibt Bittner zu und denkt dabei an Menschen wie den Blessemer Philipp Wasmund. Er ist einer von denen, die im Schulzentrum untergekommen sind: „Ich habe im Moment nur noch das, was ich am Leibe trage, und selbst das mir wurde teilweise gespendet. Viele Blessemer haben jetzt dazu auch noch Angst vor Plünderungen.“

Einwohner aus Erftstadt-Blessem kritisieren späte Evakuierung

Derweil sprechen die ebenfalls aus dem am schlimmsten getroffenen Dorf stammenden Jürgen und Ellen Diers den Hilfsteams einen Riesendank aus: „Ihr seid Helden!“ Die Diers gehörten zu einer Gruppe von evakuierten Menschen, die am Samstag an der Carl-Schurz-Straße vor der Absperrung standen und voller Sorge in Richtung Blessem blickten. „Die Einsatzkräfte sind großartig. Sie geben wirklich alles“, betont Marvin Wojtkwiak.

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Aber es gibt auch Kritik. Warum die Evakuierung erst am Donnerstag gegen 9 Uhr begonnen habe, wo der Strom doch schon gegen 2 Uhr abgestellt worden sei, fragt sich Jens Hillienhoff: „Da musste doch schon bekannt gewesen sein, dass etwas Schlimmeres kommt.“ Andere bemängeln, dass es kaum Lautsprecherdurchsagen und keinen Sirenenalarm gegeben habe. Groß ist nun vor allem der Wunsch, endlich nach Hause zu dürfen sowie nach schnellen und klaren Informationen, wie es denn nun kurz- und mittelfristig in Blessem weitergehen soll.

„Die Hilfsbereitschaft und der Zusammenhalt untereinander ist phänomenal“

Stefanie Eßer aus Liblar musste wieder weinen, als sie am Samstagmittag ihr Hochzeitskleid zu den vom Hochwasser zerstörten Habseligkeiten in ihren Vorgarten legte. Dort lag auch schon, ebenfalls in einer schwarzen Kleiderschutzhülle verpackt, der Hochzeitsanzug ihres Mannes. Auspacken wollte sie die Erinnerungsstücke nicht mehr. Nur noch ein letztes Foto vom großen Teddybären, bevor auch er wohl bald im großen Müllcontainer verschwinden wird.

In kürzester Zeit sei das Wasser in den Keller ihres Hauses eingedrungen und habe dann schnell bis zur Zimmerdecke hochgestanden. „Das alles ist einfach unfassbar“, sagte sie. Es sprenge all ihre Vorstellungskraft. Stefanie Eßer wohnt im Dechant-Lindenweg. Dort schien es, als habe die Flut mit ihrer enormen Zerstörungswut in so gut wie jedem Haus gewütet. Auch am Samstag waren die Feuerwehrleute im Einsatz um die Keller der Betroffenen leer zu pumpen.

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 Auch das Brautkleid und der Hochzeitsanzug der Eheleute Eßer mussten auf den Müll.

Ganz ähnlich sah es auch in der Carl-Schurz-Straße aus. Mit teils versteinerten Gesichtern waren auch dort die Anwohner dabei, ihre Wohnungen und Keller leerzupumpen und auszuräumen. Viele wirkten völlig übernächtigt. „Die Hilfsbereitschaft und der Zusammenhalt untereinander ist aber phänomenal“, meinte eine jüngere Frau. Das bestätigten auch ihre Nachbarn. Tatsächlich waren nicht nur Hilfsorganisationen aus ganz Deutschland nach Erftstadt gekommen, auch viele Privatleute und vor allen Dingen sehr viele Landwirte aus Erftstadt und dem Umland haben nicht lange gefackelt sondern spontan sogar mit schwerem Gerätschaften einfach mitgeholfen.