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„Wir haben gut gewirtschaftet“Bürgermeister Dirk Breuer spricht über die Zukunft von Hürth

Lesezeit 4 Minuten
Bürgermeister Dirk Breuer vor dem Hinweisschild auf die Partnerstädte an der Sudetenstraße

Strukturwandel und große Aufgaben: Eine Zwischenbilanz mit Bürgermeister Dirk Breuer

Hürther Bürgermeister Dirk Breuer sieht großes Potenzial in seiner Stadt. Wie das genutzt werden kann, verrät er im Gespräch.

Dirk Breuer (45) ist seit 2015 Bürgermeister in Hürth. Im Gespräch mit Andreas Engels zieht der Christdemokrat eine Zwischenbilanz über die erste Hälfte der Wahlperiode und blickt auf künftige Herausforderungen.

Corona, der Angriff auf die Ukraine, die Flüchtlingssituation, zwei Unwetter – in der ersten Hälfte der Wahlperiode gab es selten Normalität. Was hat Sie am meisten gefordert?

Die Dichte und Abfolge der Krisen ist schon, seitdem ich im Amt bin, eine Herausforderung. Die Coronaphase hat die Verwaltung intensiv gefordert. Was uns aber letztlich auch sehr stark gefordert hat, ist das Flutereignis gewesen, wo vier Grundschulen und drei Kindergärten betroffen sind. Das hat uns in unserem sehr ambitionierten Arbeitsprogramm in der Gebäudewirtschaft zurückgeworfen.

Nach den Unwettern gab es Kritik von Menschen, die von Überflutungen betroffen waren, an der Stadt und den Stadtwerken. Zu Recht?

Ich glaube nicht, dass es Versäumnisse beim Ausbau des Kanalnetzes gegeben hat. Das Kanalsystem ist über Jahrzehnte gewachsen. Überall in der Region konnte man sehen, dass die Dimensionierung für so außergewöhnliche Ereignisse nicht mehr ausreicht. Jetzt muss geschaut werden: Wie können wir reagieren? Aber es ist klar, die Stadtwerke brauchen dazu Ingenieure, und die wachsen im Moment nicht auf den Bäumen. Zu den außergewöhnlichen Ereignissen kommen ja auch noch die anderen Herausforderungen wie Strukturwandel, Klimaschutz und Verkehrswende.

Die Stadt verfolgt ehrgeizige Ziele. Wie kommen Sie voran?

Wir sind mit den Strukturwandelprojekten wie dem Blockchain-Reallabor sehr weit und haben jetzt den Förderbescheid für das AI Village bekommen. Mit unseren Projekten gehen wir im Rheinischen Revier voran, und ich hoffe, dass sie Impulse für unseren Wirtschaftsstandort entfalten. Wir arbeiten darauf hin, dass wir auch künftig für Unternehmen attraktiv sind. Mit dem Bebauungsplan Chemiepark-Süd und Headquarters Hürth haben wir Voraussetzungen für Ansiedlungen geschaffen. Andererseits muss man sehen, dass das Ende der Kohleverstromung ein kritisches Thema für einen Standort ist, an dem Tausende von Arbeitsplätzen an der chemischen Industrie hängen, die viel Energie verbraucht.

Auch die Fernwärme hängt an der Braunkohle. Was kann die Stadt zur Sicherung der Energieversorgung beitragen?

Wir sind im Gespräch mit RWE und dem Chemiepark, aber auch mit anderen Akteuren. Die Stadtwerke prüfen, wie die Wärmeversorgung für das Fernwärmenetz aufgestellt werden kann. Heute kommt ein großer Teil der Wärme aus dem Goldenbergkraftwerk. Bisher habe ich von RWE nicht gehört, dass das Kraftwerk geschlossen werden soll, sondern es soll mit anderen Energieträgern weiter betrieben werden. Aber wir suchen auch andere Möglichkeiten.

Welche könnten das sein?

Die Nutzung von Abwärme aus Betrieben ist ein wichtiger Faktor. Andere Überlegungen gehen dahin, dezentral Wärme zu erzeugen. Dabei könnte Wasserstoff eine Rolle spielen.

Die Mittel werden knapper. Gleichzeitig steht die Stadt vor großen Aufgaben, wie die Erweiterung von Schulen und den Bau von Turnhallen. Müssen sich die Bürgerinnen und Bürger auf Steuererhöhungen einstellen?

Wir haben Riesenprojekte wie die Feuerwache und die Neubauten am Ernst-Mach-Gymnasium. Und wir müssen auch noch weiter investieren, beispielsweise in die Erweiterung der Realschule. Aber das Geld verpufft ja nicht, dadurch entstehen Werte. Wo wir aber aufpassen müssen, sind die Betriebskosten im Bereich des öffentlichen Nahverkehrs. Wenn die Stadtwerke das Defizit nicht mehr durch wirtschaftliche Erträge abdecken können, müssen wir überlegen, was wir uns noch leisten können und ob das womöglich durch Grundsteuererhöhungen finanziert wird.

Das heißt, Sie schließen Steuererhöhungen nicht aus?

Dazu gibt es keine Pläne. Aber die Aufgaben müssen solide finanziert werden. Aktuell können wir auf eine gut gefüllte Ausgleichsrücklage zurückgreifen, weil wir in der Vergangenheit gut gewirtschaftet haben.

Welche Projekte haben Sie anstoßen können?

Wir haben Grundlagen gelegt, um Hürth städtebaulich weiterzuentwickeln. Wir haben Aussichten auf Fördermittel für die Entwicklung des Kreishausareals. Für die „Lebensader Lux“ haben wir Fördermittel bekommen, auch für andere Projekte wie den Fahrradweg am Burgpark und den Fahrradweg zwischen Fischenich und Hermülheim. Und wir haben die Wasserstoffmobilität ausgeweitet.

Welche Themen werden in Zukunft eine Rolle spielen?

Zum Beispiel die Frage, wie wir im Alter leben. Dazu haben wir Entscheidungen getroffen und auch schon umgesetzt. Das Seniorenquartier am Grüngürtel ist im Bau, für den Seniorenwohnpark in Burbach sind Weichen gestellt. Auch Verkehrsthemen nehmen Fahrt auf. So die Verlängerung der Stadtbahn nach Hürth-Mitte. Für Efferen haben wir ein Verkehrskonzept auf den Weg gebracht.

Wie beurteilen Sie die Zusammenarbeit mit dem Stadtrat?

Als sehr konstruktiv. Wir haben ein gutes politisches Klima, in dem jeder seine Meinung vertritt, ohne dass es unter die Gürtellinie oder ins Persönliche geht.