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Kommentar

Verzicht auf Kandidaten
Hürther Grüne genügen sich als Juniorpartner

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Lesezeit 3 Minuten
Auf dem Foto sind zwei Luftballons zu sehen, ein schwarzer und ein grüner.

CDU und Grüne harmonieren in Hürth gut.

Anders als in anderen Städten stellen die Grünen in Hürth keinen Bürgermeisterkandidaten. Das kann zu einem Bumerang werden.

Ein Alleinstellungsmerkmal ist in der Politik – und auch im restlichen Leben – viel wert: Wo Grenzen zerfließen, wo bei Positionen Abgrenzungen nicht mehr erkennbar sind und alles zu einem großen Einerlei gerät, bewährt es sich, etwas zu tun oder zu haben, womit man sich von anderen abhebt.

Ob die Grünen in Hürth sich diese Gedanken gemacht haben, als sie beschlossen haben, bei der Kommunalwahl im September ohne eigenen Bürgermeisterkandidaten anzutreten? Bei nur einer Enthaltung haben sie in dieser Woche diesen Verzicht erklärt – und gleichzeitig sich darauf festgelegt, den amtierenden Bürgermeister Dirk Breuer (CDU) in seinem Vorhaben für eine dritte Amtszeit zu unterstützen.

Eine Partei ohne Kandidaten entleibt sich ein Stück weit selbst

Dieser Vorgang ist im Rhein-Erft-Kreis im Wahljahr einmalig. In anderen Kommunen haben die Grünen bereits – zum Teil frühzeitig und weit vor den jeweiligen Amtsinhabern – entschieden, wen sie ins Rennen schicken. In Erftstadt macht's Thommy Mewes, Simone Holderried in Brühl, Annika Effertz in Kerpen und Anke Lundborg in Pulheim.

Wenn es darum ginge, eine Zusammenarbeit mit einem größeren Partner auch nach dem 14. September fortzusetzen, hätten sich beispielsweise die Grünen in der Schlossstadt ebenfalls die Mühe sparen können und dem SPD-Mann Bernhard Schumacher ihre Unterstützung zusichern können.

Hürth: Grüne wollen Zusammenarbeit mit der CDU fortsetzen

Was sie wohlweislich nicht getan haben. Schließlich wissen sie – anders als ihre Parteifreunde in Hürth –, dass sich eine Partei ein Stück weit selbst entleibt, wenn sie den Wählerinnen und Wählern kein eigenes Angebot unterbreitet. Schließlich ist die Erkenntnis nicht neu, dass Wahlen über Gesichter entschieden werden. Ohne eine Galionsfigur riskieren die Grünen, dass sie wichtige Stimmen für die Stadtratswahl einbüßen.

Dabei haben sie ihren Verzicht doch damit begründet, dass sie die Zusammenarbeit mit der CDU fortsetzen und mindestens so erfolgreich wie bisher grüne Positionen in dieser Koalition durchsetzen wollen. Das wird ihnen aber nur gelingen, wenn sie ähnlich starken Wählerzuspruch erhalten wie 2020.

Letzten Endes geht es auch um ein Bekenntnis, das da lautet: „Schaut her, wir können auch Bürgermeisterin oder Bürgermeister!“ Und wenn es bei dieser Wahl nicht klappen sollte, dann vielleicht bei der nächsten. Aber sich von vornherein als Juniorpartner für die CDU anzudienen, dürfte auch einem Teil der grünen Wählerschaft zu billig sein.

Solche machttaktischen Erwägungen kannte man sonst   von der FDP. Besonders auf Bundesebene tat sie oft alles, um bloß mitzuregieren.

Und möglicherweise wird die Grünen-Klientel der Empfehlung ihrer Partei, Amtsinhaber Breuer zu wählen, auch gar nicht folgen, sondern ihre Stimme einem anderen Kandidaten geben. Beispielsweise Michael Kleofasz von der SPD – er hatte in dieser Woche angekündigt, wie schon 2020 zu kandidieren.

Dann hätten die Grünen die Rechnung ohne den Wirt gemacht.