Weil er sein Auto im Starkregen falsch parkteHürther droht jetzt die Pfändung
Hürth-Hermülheim – Karl-Heinz Streichardt ist sauer. In den Händen hält der 77-jährige pensionierte Polizist ein Schreiben der Stadtverwaltung Hürth. Nicht irgendein Schreiben, sondern eine Pfändungsankündigung der Stadtkasse. Wenn er nicht innerhalb von drei Tagen ein Bußgeld von 112 Euro bezahlt, drohen ihm Sach-, Lohn- oder Kontenpfändung.
Zur Vorgeschichte: Bei einem Hochwasser im Mai konnte der 77-Jährige, der am Hürther Bogen wohnt, im letzten Augenblick sein Auto vor den Wassermassen aus der Tiefgarage retten. Den Wagen stellte er auf einem Grünstreifen vor dem Haus ab, wohlwissend, dass man dort nicht parken darf. Doch die Zeit drängte, weil auch weitere Bewohner ihre Fahrzeuge in Sicherheit bringen wollten. Auf dem Weg zurück in seine Wohnung stürzte Streichardt schwer.
Hürther konnte sich vor Schmerzen kaum bewegen
„Wir konnten die Haustür nicht mehr aufmachen, weil das Wasser von der Innenseite dagegen drückte“, berichtet er. Er kletterte kurzerhand durch ein kleines Fenster neben der Tür. Dabei verlor er das Gleichgewicht und stürzte acht Stufen die Treppe herunter. „Ich dachte, mein Rückgrat sei gebrochen“, so Streichardt. Der 77-Jährige hatte sich das Steißbein schwer verletzt.
„Ich konnte mich kaum bewegen und schon recht nicht mein Auto wegsetzen.“ Am nächsten Morgen hing ein Knöllchen am Scheibenwischer seines Wagens. 55 Euro sollte er zahlen.
Hürther Verwaltung wollte Fall noch mal prüfen
Streichardt nahm Kontakt mit dem Ordnungsamt auf. In einer solchen Notlage ordnungswidrig abgestellte Fahrzeuge im direkten Notstandsgebiet zu sanktionieren, halte er moralisch für nicht gerechtfertigt. Als ehemaliger Polizeibeamter wisse er, dass es Fälle gebe, in denen nach »pflichtgemäßem Ermessen« entschieden werden könne.
Die Stadtverwaltung sagte zu, die Sache noch einmal zu prüfen und forderte den Hürther auf, einen Arztbericht einzureichen. Das tat er auch. Diagnostiziert ist neben einen Fingerverletzung auch die Steißbeinfraktur.
Rücknahme der Verwarnung nicht möglich
Doch das reichte der Stadt nicht aus, um Milde walten zu lassen. In der Stellungnahme heißt es: „Der vorgelegte Arztbericht hat diese Aussage (Streichardt hätte seinen Wagen aufgrund der Verletzung nicht wegsetzten können, Anm. der Red.) nicht bestätigt, sodass mit Berücksichtigung der Gleichbehandlung eine Rücknahme der Verwarnung nicht möglich war. Aufgrund des schriftlichen Einspruchs des Herrn Streichardt sowie der konträren Beurteilung seitens des Ordnungsamtes wurde der Fall zur Klärung über die Staatsanwaltschaft Köln an das Amtsgericht Brühl gegeben. Während dieser Klärung und eines gegebenenfalls stattfindenden Verfahrens können derzeit leider keine weitergehenden Informationen oder Auskünfte in dieser Angelegenheit gegeben werden.“
Das Ordnungsamt hatte am Tag nach der Überschwemmung 33 Verwarnungen wegen Falschparkens erteilt. Streichardt ist verärgert, er will sich kundig machen, ob die Stadt ohne Gerichtsbeschluss pfänden kann. Er überlegt, es auf einen Prozess ankommen zu lassen.