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Jugendherberge in HürthUnterkunft auf Hürtherberg schließt nach 70 Jahren

Lesezeit 3 Minuten

Das Belegungsbuch der Jugendherberge hat zu viele weiße Seiten. Deshalb ist Schluss, wenn Herbergsmutter Paloma Köhler, hier mit Ehemann und Hausreferent Kurt Köhler, in den Ruhestand geht.

  1. Die Unterkunft auf dem Hürtherberg ist die einzige Jugendherberge im Rhein-Erft-Kreis.
  2. Das Belegungsbuch hat einfach zu viele weiße Seiten.
  3. Der Trägerverein hat nun entschieden, die Einrichtung nach 70 Jahren zu schließen.

Hürth-Kendenich – Seit 70 Jahren finden Reisende mit schmalem Budget ein günstiges Bett und preiswerte Verpflegung im Villehaus der Naturfreunde auf dem Hürtherberg. Doch in den vergangenen Jahren stiegen immer weniger Gäste in dem idyllisch im Landschaftsschutzgebiet gelegenen Gästehaus ab.

Das Gebäude und die Einrichtung sind in die Jahre gekommen, der Trägerverein ist geschrumpft; Ende des Jahres ist endgültig Schluss für die einzige Jugendherberge im Rhein-Erft-Kreis.

Das Haupthaus der Jugendherberge stammt aus dem Jahr 1949. Die Naturfreunde haben beim Bau kräftig mit angepackt.

In den Blütezeiten verzeichneten die Naturfreunde bis zu 14 000 Übernachtungen pro Jahr im Villehaus. Inzwischen sei die Zahl auf unter 5000 gesunken, die Auslastung der 60 Betten betrage gerade noch gut 20 Prozent. „Damit ist das Haus auf Dauer nicht wirtschaftlich tragbar“, begründet Vorstandsmitglied Walter Dittrich das Aus für die Jugendherberge, das bei der Jahreshauptversammlung im Frühjahr beschlossen wurde.

Ausstattung nicht mehr zeitgemäß

Den Hauptgrund für den starken Rückgang bei den Besucherzahlen sieht Dittrich in einem nicht mehr zeitgemäßen Ausstattungsstandard. „Das ist noch eine Jugendherberge alten Stils“, sagt das Vorstandsmitglied der Hürther Naturfreunde.

Die 16 Gästezimmer, die meisten davon mit vier bis sechs Schlafplätzen in Etagenbetten, haben zwar jeweils ein eigenes Waschbecken, die Gemeinschaftstoiletten befinden sich aber auf dem Flur. Zum Duschen müssen die Gäste sogar in den Keller hinuntersteigen. Die Ausstattung ist zwar gepflegt, aber spartanisch.

Idyllisch inmitten von Bäumen liegt das Villehaus. Das Treppenhaus musste vor 20 Jahren aus Brandschutzgründen angebaut werden.

„Heute haben die Leute einfach andere Ansprüche“, sagt auch Kurt Köhler, seit 45 Jahren ehrenamtlicher Hausreferent im Villehaus. „Ohne eigene Nasszelle auf den Zimmern läuft nichts mehr.“ Seit Jahren schreibe er das in die Geschäftsberichte, sagt Köhler.

Doch ein entsprechender Umbau wäre teuer – viel zu teuer für die Naturfreunde. Mehr als eine Million Euro müssten in das Gebäude investiert werden, hat der Vorstand überschlägig berechnet. Das Geld hätten weder die Naturfreunde, noch seien entsprechende Zuschüsse zu erwarten, sagt Dittrich.

Schwer an Kreditlast getragen

Schon der letzte Umbau hätte den Naturfreunden fast das Genick gebrochen. Vor 20 Jahren sollte eine größere Küche angebaut werden, doch dann zwangen Brandschutzauflagen für den Altbau den Trägerverein zu viel höheren Investitionen – insgesamt mehr als 600 000 Euro. Dafür gab es zwar Zuschüsse, aber der Verein trug in den Folgejahren schwer an der Kreditlast für den Eigenanteil.

Mit einem Sanierungsplan wurde 2007 das Aus für die Jugendherberge verhindert. Kernpunkt: Die Stadt kaufte den Naturfreunden das Villehaus am Adolf-Dasbach-Weg ab und verpachtete es für einen symbolischen Betrag zurück an den Verein.

Spartanisch ausgestattet, aber gepflegt sind die Gästezimmer mit ihren Etagenbetten. Allerdings fehlen eigene Sanitäranlagen.

Zur Belastung wurde aber auch der Mitgliederschwund. Heute haben die Hürther Naturfreunde noch 20 Mitglieder, fast alle sind im Rentenalter. Damit gibt es kaum noch jemanden, der ehrenamtlich beim Betrieb der Jugendherberge mithelfen kann – etwa Putz- und Küchendienste übernimmt oder die Herbergseltern am Wochenende entlastet.

Drei freie Tage am Stück sind Luxus

Kurt Köhler und seine Frau Paloma Valtierra Köhler, die seit Juli 2008 Herbergsmutter ist, müssen den Laden größtenteils allein schmeißen – und das sieben Tage die Woche, rund um die Uhr. „Drei freie Tage am Stück sind für uns schon ein Luxus“, sagt die Herbergsmutter. Ende des Jahres geht die 65-Jährige in den Ruhestand. Neue Herbergseltern wird es nicht geben.

Bei der Hauptversammlung im Frühjahr haben die Naturfreunde beschlossen, den Pachtvertrag zu kündigen. Das Villehaus fällt dann an die Stadt zurück. Bürgermeister Dirk Breuer sagt, er bedauere das Aus für die Jugendherberge. Schließlich habe sie nicht nur junge Touristen in die Stadt gelockt, sondern sei auch von den örtlichen Vereinen genutzt worden, die Gästegruppen günstig unterbringen wollten.

Nun muss sich der Verwaltungschef Gedanken über eine „verträgliche Folgenutzung“ für das Villehaus machen. Breuer kann sich vorstellen, dort eine Kita unterzubringen. „Die Lage an der Schnittstelle zwischen Hermülheim, Alt-Hürth und Kendenich ist günstig.“

Vorstand Walter Dittrich und die Herbergseltern blicken derweil mit Wehmut auf die bevorstehende Schließung ihrer Jugendherberge. Bei den Hürther Naturfreunden, die in diesem Jahr 90 Jahre alt werden, herrscht jedenfalls alles andere als Feierlaune.