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Rettungsaktion in Hürth„Rettet das Huhn“ bewahrt 350 Hühner vor dem Schlachthof

Lesezeit 3 Minuten

Martina Lang aus Hürth mit Anneliese – den Hühnerstall für die geretteten Hühner hat sie selbst gebaut.

Hürth – Aus dem Anhänger kommt zaghaftes Gackern. 350 Legehennen schauen verstört aus ihren Transportboxen. Viele von ihnen sind ausgezehrt, ihr Federkleid ist dünn. Die ersten 18 Monate ihres jungen Hühnerlebens kannten sie nichts anderes als Hochleistungs-Eier zu legen – auf engstem Raum unter mehreren Tausend Artgenossen in der Massentierhaltung. „Dabei sind das schon Hühner aus Freilandhaltung“, erklärt Sarah Kirch vom Verein „Rettet das Huhn“. „Sie müssten mal die anderen sehen, die Hühner aus Bodenhaltung zum Beispiel. Die sind physisch und körperlich so fertig, da können wir nicht alle retten.“

Zusammen mit ihrem Freund Lukas ist die 28-Jährige zu einem kooperierenden Legebetrieb ins Sauerland gefahren, hat 350 „ausgediente“ Legehennen eingesammelt und ihnen damit das Leben gerettet. „Sie legen nicht mehr so viele Eier und wären sonst im Schlachthof gelandet“, erklärt sie.

Rund 51 Millionen Legehennen trifft es jährlich in Deutschland, aber rund 87.000 Hennen konnten die Mitglieder des Vereins seit 2007 retten und in ein zweites, schöneres Leben begleiten. In ein Leben mit Tageslicht, Erde, in der sie scharren können, einer kleinen sozialen Gruppe, Sandbädern und Zuneigung. „Hühner werden oft unterschätzt“, sagt Sarah Kirch.

Hühner können noch zwei, drei Jahre artgerecht weiterleben

„Sie sind überhaupt nicht dumm, sondern neugierig und abenteuerlustig. Es sind soziale Tiere, die gern in kleinen Gruppen zusammenleben. Leben zu viele Tiere auf engstem Raum, stresst das die Tiere so sehr, dass sie aufeinander einhacken und sich die Federn ausreißen.“ Das ist nun vorbei für Anneliese und Heidi, so sollen die neuen Haustiere von Martina Lang und Lukas Görtz aus Hürth heißen. Für die Hennen mit den ausgerissenen Federn gibt es noch wärmende Hühnerpullis, genäht von Mitgliedern des Vereins.

Lang und Görtz sind Wiederholungstäter, zu Hause in ihrem selbstgebauten Stall mit Auslauf warten bereits Henriette und Josephine auf die Neuankömmlinge. „Die Hühner erholen sich überraschend schnell, sie haben dann noch zwei bis drei fröhliche, artgerechte Jahre vor sich“, sagt Martina Lang. „Sie werden auch mit der Zeit ganz zutraulich. Wir möchten nicht mehr ohne Hühner leben.“

„Rettet das Huhn“: Leute reisen aus Bad Münstereifel, Bonn und Aachen an

Aus Bad Münstereifel, Bonn und Aachen kommen Leute mit Transportboxen, um ihre Hühner gegen eine Spende für den Verein in Empfang zu nehmen. Man spürt die Freude über die Neuankömmlinge, einige Hühner lassen sich sogar schon streicheln. Aline Hirtz aus Bad Münstereifel freut sich schon: „Bei uns werden die Hühner verwöhnt“, sagt sie. „Manchmal gibt es auch Brot mit Honig, und ins Haus dürfen sie auch.“

Mit allen Interessenten hatte Sarah Kirch vorher lange Gespräche geführt, damit die Hühner es auch wirklich gut haben im neuen Zuhause. Sie selbst hat auch einige Hühner gerettet, die jetzt mit ihr in der Eifel leben. Sie schwärmt: „Jedes Huhn hat seine eigene Persönlichkeit. Orange zum Beispiel ist so verschmust, wenn sie auf meinem Schoß sitzt und ich sie streichele, schläft sie sofort ein.“

Das ist es, worum es ihr und ihren rund 40 Mitstreitern vom Verein „Rettet das Huhn“ geht. Um ihre Würde zu wahren und darum, Hühner nicht mehr nur als Ware zu betrachten, sondern als Lebewesen. Und darauf zu achten, wo man seine Eier kauft. „Am besten auf dem Bauernhof, wenn die Hühner dort frei herumlaufen können“, rät sie.

Nach gut einer Stunde ist der Anhänger leer. Die frischgebackenen Federvieh-Besitzer ziehen mit ihren Schützlingen los, in ein neues, artgerechtes Zuhause. Sarah Kirch: „Ein Tier zu retten, verändert nicht die ganze Welt, aber die ganze Welt verändert sich für dieses Tier.“

Die nächste Aktion von „Rettet das Huhn“ findet am 27. Februar 2021 in Hürth statt. Infos von Sarah Kirch: 0178-2667737.