„Es geht nicht nur um Mehlherstellung“Ehepaar dokumentiert Mühlen im Rhein-Erft-Kreis
Rhein-Erft-Kreis/Hürth-Gleuel – Über eine Brücke aus Holz, eingerahmt von einem ebenso hölzernen Geländer, geht es durch ein Flügeltor in den Innenhof der alten Correns-Mühle. Nur ein paar Schritte sind es. Doch hier scheint die Zeit langsamer zu vergehen. Die Umgebung wird ruhiger.
In traditionellem Fachwerkstil präsentieren sich die Gebäude, die den Innenhof umschließen. An allen Ecken tummeln sich Pflanzen, mal in Kübeln, mal als Ranken an den Fassaden blühend, grün und bunt.
Ehepaar Sierck dokumentiert die Mühlen in Rhein-Erft
Im urigen Hof der historischen Mühle steht das Ehepaar Sierck. Michael und Helga Sierck stammen aus Wesseling und erfassen und dokumentieren im Auftrag für das Rheinische Mühlen-Dokumentationszentrum (RMDZ) ehrenamtlich die alten Mühlen im Kreisgebiet. Ausgestattet sind sie mit Karte, Fragebogen, Kamera und einem geübten Blick.
Beide interessieren sich sehr für Geschichte und Archivierung, und da sei ihnen diese Aufgabe perfekt erschienen. „Ich bin inzwischen in Rente“, sagt Michael Sierck, der einen Doktortitel in Geschichte hat. „Natürlich könnte ich auch am Wochenende zu Hause rumsitzen.
Die Nutzung der Gebäude sei besonders interessant
Aber so reise ich immer mit meiner Frau durch die Region. Das ist doch viel besser.“ Der 67-Jährige Historiker ist zudem Theologe. Ihn interessieren vor allem die alten Gebäude und wie die Besitzer ihre Mühlen nutzen. „Man lernt jeden Tag etwas Neues“, sagt er.
Begrüßt werden die beiden von einem der Mühlenbesitzer, Karl Maria Fölling, der in der Mühle wohnt. Genutzt wird die Mühle heute als Wohnhaus. Dr. Elisabeth Zenses ist als Koordinatorin des Mühlen-Dokumentationszentrums ebenfalls dabei.
Die historischen Daten sollen erhalten werden
„Dieser Termin ist einer der ersten für die Mühlendokumentation im Rhein-Erft-Kreis. In Köln und Düsseldorf haben wir die Mühlen bereits großflächig erfasst“, sagt Zenses. „Uns interessieren vor allem die Fragen: Welcher Bestand an Mühlen ist überhaupt noch da? Wie klassifiziert man sie? Wie sehen sie heute aus? Und wie werden sie genutzt?“
Bei den dokumentierten Mühlen müsse es sich nicht, wie im Fall der Correns-Mühle, um Baudenkmäler handeln. Manchmal seien eben auch gar keine Bauwerke mehr erhalten, sondern nur Grundstücke oder Mauerreste, sagt Zenses. „Die Erfassung ist dennoch wichtig, um die historischen Daten zu erhalten und für weitere Forschung zu nutzen.“
Michael Sierck: „Mühlen sind Kulturgut“
Aufmerksam folgen die Gäste Karl Fölling, der Besonderheiten an der Fassade, den Fenstern oder den Dächern hervorhebt, und gern von seiner Mühle erzählt. Er sei seit 1988 Besitzer, seit 1989 wohne er auch dort. Sieben Wohnungen gebe es auf dem Gelände. Drei davon seien verkauft worden, vier vermietet. „Wir wollen uns langsam auch vermehrt darum kümmern, dass die Mühle weiterhin Besitzer hat, die sich um sie kümmern“, erklärt Fölling die Bemühungen, die Wohnungen zu verkaufen.
Geschichte und Erfassung
Über die Mühle
Die Correns-Mühle wurde im 18. Jahrhundert gebaut. Sie ist auch unter den Namen Keips- oder Mittlere Mühle bekannt und die einzige erhaltene historische Mühle in der Stadt.
Ursprünglich gab es entlang der Bäche am Osthang der Ville unzählige Mühlen, sechs davon allein in Gleuel. Neben der Correns-Mühle die Ölmühle bei Schallmauer, die Obere und Untere Mühle, die Burgmühle und die Sielsdorfer Mühle. Als sie noch in Betrieb war, verfügte die Correns-Mühle über ein oberschlächtiges Wasserrad und drei Mahlgänge.
1935 wurde der Antrieb auf Diesel- und Elektrizität umgestellt, da der Gleueler Bach wegen des Braunkohlenabbaus zeitweise versiegte. In den 50er Jahren wurde der Mühlenbetrieb eingestellt, die Gerätschaften und Antriebsteile sind jedoch erhalten. Die Besitzer bemühten sich ab 1988 um denkmalgerechte Renovierungen.
Die Ergebnisse der Dokumentation durch das Rheinische Mühlendokumentationszentrum (RMDZ) fließen in einen Forschungsbericht ein, der veröffentlicht wird. Damit werden die Grunddaten für weitere Forschungen zugänglich gemacht. (at)
Bei der Correns-Mühle handelt es sich um eine alte Wassermühle aus dem 18. Jahrhundert. Das Wasserrad ist nicht erhalten. Hinter den Gebäuden fließt aber nach wie vor der Gleueler Bach. „Mühlen sind Kulturgut“, sagt Michael Sierck. „Sie sind vielseitig einsetzbar, auch heute noch. Dabei geht es nicht nur um die Mehlherstellung. Das Getriebe und die Kraft der Mühlentechnik können auch für andere Zwecke genutzt werden, beispielsweise die Stromerzeugung.“
Mühlenstein wurde zur Eingangsstufe umfunktioniert
An der Gleueler Mühle könne man schön beobachten, wie eine gemeinschaftliche Wohnnutzung funktioniere, sagt Helga Sierck. Sie bewegt sich im Hof von einer Ecke zur anderen und hält ihre Eindrücke mit der Kamera fest, während ihr Mann den Erfassungsbogen ausfüllt. Er trägt unter anderem Daten über den Standort der Mühle, ihr Alter, die erhaltenen Bauwerke und Antriebsmerkmale ein. Und um welche Art Mühle es sich handelt natürlich.
Plötzlich zeigt Michael Sierck aufgeregt auf eine halbkreisförmige Stufe vor einer Eingangstür. „Das könnte ein Teil des alten Mühlensteins sein, der umfunktioniert wurde.“ Eifrig notiert er seinen Fund auf dem Fragebogen. „Es ist spannend zu sehen, wie mit dem Kulturgut heute umgegangen wird“, sagt Michael Sierck. „Damals war Mühlentechnik hochindustriell, heute ist sie ja im Prinzip veraltet.“
Dennoch könnten kreative Wege gefunden werden, die Bauwerke zu nutzen, sagt auch seine Frau. „Zum Beispiel als Wohnhaus, wie hier, oder als Museum und Gasthof. So kommt das Leben in die historischen Bauwerke zurück.“
Bis alle Mühlen im Rhein-Erft-Kreis erfasst sind, wird es eine Weile dauern. Ein Jahr will das Ehepaar dafür unterwegs sein. Es sei eine spannende Entdeckungsreise, sagt Michael Sierck.