Nach Flucht nur mit RucksackZahnärztin aus der Ukraine arbeitet nun in Hürther Praxis
Hürth-Fischenich – Am 23. Februar hat Yuliia Alieksieieva (27) noch in ihrer Zahnarztpraxis in der ukrainischen Hauptstadt Kiew gearbeitet. Da war die Welt für die junge Zahnärztin noch in Ordnung. Doch das änderte sich schlagartig mit Beginn des Angriffskrieg Russlands auf ihre Heimat. Inzwischen arbeitet sie in einer Hürther Praxis.
Über Nacht war nichts mehr wie zuvor. Als es gleich in der ersten Kriegsnacht nicht weit von Kiew zu einer heftigen Detonation durch einen Bombeneinschlag gekommen war, packte die junge Frau ihre Habseligkeiten und verließ, nur mit einem Rucksack auf dem Rücken, mit ihrer Tante Kiew und die Ukraine. Erst einmal seien sie viele Stunden zu Fuß gegangen. Auch nahe der polnischen Grenze mussten sie wieder laufen. Dort waren die Straßen total verstopft. Viele Fahrzeuge seien einfach abgestellt worden, deren Besitzer seien wohl auch zu Fuß nach Polen geflüchtet.
Zahnärztin aus der Ukraine darf in Hürth zurzeit nur aushelfen
Freiwillige aus Deutschland haben Yuliia Alieksieieva mit ins Rheinland genommen. „Meine Familie ist immer noch in Kiew“, sagt die 27-Jährige. Sie habe Kontakt. „Ihnen geht es zurzeit gut“, sagt sie. Die junge Zahnärztin lächelt. Auch wenn ihr Arztstatus in Deutschland nicht anerkannt ist, so freut sie sich dennoch jeden Tag auf ihre Arbeit. Das lenke sie ab, dabei lerne sie zudem die deutsche Sprache und bleibe im Arbeitsgeschehen.
Yuliia Alieksieieva arbeitet seit ein paar Tagen bei Zahnzeit 55 in Fischenich in der Zahnarztpraxis von Dr. Svetlana und Alexander Zalesski. Über seinen Freund und Kollegen Dr. David Benz aus der Schweiz haben der Fischenicher Zahnarzt und seine Frau vom Schicksal ihrer jungen ukrainischen Kollegin erfahren. „Wir wollten ihr direkt helfen“, sagt Alexander Zalesski. Er habe sie angerufen und nach Hürth in die Praxis eingeladen.
Inhaber der Hürther Praxis freuen sich über die Unterstützung
„Dieser Krieg ist eine einzige Katastrophe“, sagt der 32-Jährige. In seiner Praxis hat er fünf Zahnärzte und Zahnärztinnen beschäftigt. „Uns allen ist es eine Herzensangelegenheit, den vom Krieg in der Ukraine betroffenen Menschen zu helfen“, so der Praxisinhaber. „Was kann man anderes tun als zu helfen?“ Die junge Ukrainerin passe zudem hervorragend in sein Team. „Sie ist sehr engagiert.“
Doch damit ist sein Engagement noch längst nicht zu Ende. Wer Svetlana und Alexander Zalesski kennt, der weiß auch, dass sie sich schon immer für ihre Mitmenschen eingesetzt haben. Beide engagieren sich auch im Verein „Alpha Omega Deutschland“. Über diese Organisation konnte Zahnzeit 55 auch dank vieler Spenden von Berufskollegen, pharmazeutischen Unternehmen und Apotheken medizinische Hilfsgüter im Wert von 144.000 Euro an Krankenhäuser nach Kiew und Schytomyr schicken.
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Rechtlich darf Yuliia Alieksieieva in Deutschland zurzeit nicht als Zahnärztin arbeiten. Aber alle Anträge zur Anerkennung ihres Studiums und ihrer Abschlüsse seien gestellt. „Aktuell arbeitet sie bei uns hier als Helferin und Koordinatorin“, sagt Alexander Zalesski. „Sie assistiert uns bei der Arbeit, hilft und unterstützt.“ Zudem helfe sie beim Übersetzen. Denn Hilfe bietet Zahnzeit 55 auch allen aus der Ukraine geflüchteten Menschen an. „Wir behandeln sie hier völlig kostenlos – wir möchten ihnen gerne helfen“, sagt der Zahnarzt. Einige Geflüchtete seien auch schon gekommen. „Es waren zumeist Schmerzpatienten und Kinder, deren Behandlung schon in der Ukraine begonnen hat“, erklärt er.