„12 Uhr mittags“So arbeitet die Kreisleitstelle in Kerpen
- In unserer Sommerserie machen wir Momentaufnahmen in der Region.
- Wir besuchen in den Ferien belebte und einsame Orte – und beobachten, was dort geschieht.
Kerpen – Sie ist das Herz des Feuerwehr- und Rettungswesens im Rhein-Erft-Kreis: Die Kreisleitstelle. Dort greifen die vielen Rädchen ineinander. Dort gehen alle Notrufe ein, und von dort aus werden Feuerwehr, Rettungswagen und Notärzte alarmiert, um den Menschen bei Gefahr und in der Not zu helfen. „Wir alarmieren, koordinieren und dokumentieren“, erklärt Abteilungsleiter Marcel Godesberg.
„Sprechen Sie die Dame an – schütteln Sie sie leicht an der Schulter – fühlen Sie ihren Puls – schauen Sie ob sie atmet“. Die Stimme von Dienstgruppenleiter Swen Schiffer klingt sachlich und sehr beruhigend. „Notarzt und Rettungswagen sind gleich bei Ihnen“, sagt er der Frau am Telefon. Sie hat 112 gewählt – den Notruf – und dem Disponenten am Telefon von der älteren Dame berichtet, die offensichtlich bewusstlos auf dem Gehweg liegt. Für Schiffer und seine Kollegen in der Kreisleitstelle der Feuerwehr sind solche Anrufe Alltag.
Bis zu 450 Notrufe und noch einmal so viele „normale“ Anrufe aus dem ganzen Kreisgebiet gehen im Durchschnitt täglich bei ihnen ein. Heulen beispielsweise Sirenen in einer Kommune oder sind verstärkt Rettungswagen und Feuerwehren zu hören, klingelt in der Leitstelle das Telefon merklich öfter. Die Anrufer fragen nach dem Grund der Rettungseinsätze oder nach der Bedeutung der Sirenentöne.
Viele Anrufe bei der Leitstelle bei Stromausfällen
„Extrem viele Anrufe erreichen uns, wenn es in den Kommunen zu Stromausfällen kommt“, merkt Godesberg an. In diesem Fall könne die Feuerwehr nicht weiterhelfen. Ansprechpartner seien die Energieversorger, die eine eigene Notrufnummern hätten.
Doch auch ohne Stromausfall klingelt das Telefon im Minutentakt. Kurz nach 12 Uhr fordert Disponent Ralf Rosenkranz die Feuerwehr Brühl zur Unterstützung des Rettungsdienstes an. Etwa zur gleichen Zeit schickt seine Kollegin Nicole Johna einen Notarzt und einen Rettungswagen in ein Altenheim, weil eine Bewohnerin schlecht Luft bekommt. Am Schreibtisch gegenüber ordert Michael Kremer Notarzt und Rettungswagen in ein Einkaufszentrum. Dort liegt ein Kind am Boden und krampft.
Stand der Intensivbetten im Rhein-Erft-Kreis im Blick
In der Regel sitzen fünf Beamte und ein Dienstgruppenleiter in der Kreisleitstelle – einer Art Großraumbüro. Tageslicht fällt durch eine Fensterfront und durch ein Oberlicht in den Raum. Die Schreibtische stehen so, dass die Wege davor und dahinter frei sind. Jeweils drei Schreibtische in einer Reihe nebeneinander, die anderen drei gegenüber.
Ein siebter Schreibtisch steht am Kopfende des Raumes. Dort hat der Dienstgruppenleiter seinen Platz. Bei ihm hängen fünf Bildschirme über dem Schreibtisch – alle anderen Disponenten blicken auf jeweils sieben Bildschirme. Auf einer Landkarte werden die Positionen der Rettungswagen angezeigt. Auf einen Blick sehen die Beamte den aktuellen Stand der im Rhein-Erft-Kreis verfügbaren Intensivbetten für Corona-Erkrankte, ebenso alle Notrufe, die über die Nora-App in der Leitstelle eingehen.
34 Leute arbeiten bei der Leitstelle des Rhein-Erft-Kreises
Weitere Schreibtische stehen in einem Nebenraum. Im Notfall sind 13 Einsatzleitplätze sofort verfügbar. Das Team um Marcel Godesberg zählt insgesamt 34 Beamte und Beamtinnen, die im 24-Stunden-Dienst arbeiten und alle eine feuerwehrtechnische Grundausbildung und medizinische Erfahrung haben.
Die Kreisleitstelle ist der hauptamtlichen Feuerwehrwache der Stadt Kerpen angegliedert. Bei Bedarf sind so weitere Beamte verfügbar. Sie alle haben eine zusätzliche Ausbildung, um Notrufe entgegen zu nehmen. Beispielsweise haben sie gelernt, in kürzester Zeit alle wichtigen Daten abzufragen, was, wann wo genau passiert ist. Sie verstehen es aber auch, die Anrufer zu beruhigen und mit Hilfe von Angehörigen oder Passanten Menschenleben zu retten.
„Wir betreuen die Anrufer am Telefon in entsprechenden Fällen, bis Rettungswagen und Notarzt vor Ort sind“, erklärt Godesberg. Von der Einsatzleitstelle aus gäben seine Mitarbeiter Hilfestellung etwa bei Reanimationen. Erst vor ein paar Tagen hätten Angehörige so ihr Familienmitglied nach einem Herzstillstand wiederbelebt. „Der Patient hat nach einer Woche das Krankenhaus ohne bleibende Schäden verlassen können“, berichtet Godesberg. Er wisse nicht, ob der Mann ohne die Reanimation überlebt hätte.