Kerpen-Sindorf – Die Berichte über Hotelbetreiber, die ihre Häuser mit Schummel-Sternen schmücken, sind auch Reiner Wilkens zu Ohren gekommen. „In unserem Metier gibt es nichts, was es nicht gibt. Aber im Endeffekt werden sich die Kunden von solchen Tricks nicht blenden lassen. Was wirklich zählt, ist, dass der Gast sein Hotel nach dem Aufenthalt zufrieden verlässt“, sagt der Hotelier, der in Sindorf gemeinsam mit seiner Schwester Anne eine besondere Herberge betreibt: Das Wilkens Anno 1835 ist bereits seit fünf Generationen im Familienbesitz, es befindet sich trotz mehrerer Modernisierungen und Erweiterungen immer noch am ursprünglichen Ort am Breitmaar – und es firmiert als eines von nur acht Vier-Sterne-Hotels im Kreis.
„Und unsere Sterne sind garantiert echt. Erst vor ein paar Wochen waren die Prüfer wieder da und haben unsere Klassifizierung erneuert. Die erforderliche Punktzahl für die vier Sterne haben wir locker erreicht“, betont Wilkens und präsentiert stolz die frische Urkunde des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga).
Ein solches Testat können längst nicht alle Hoteliers vorweisen. Manche verzichten freiwillig auf die mit Aufwand und Kosten verbundene Zertifizierung. So finden sich unter den 111 registrierten Hotels im Rhein-Erft-Kreis derzeit lediglich 22 Sterne-Häuser, die nach den strengen Regeln der Deutschen Hotelklassifizierung ausgezeichnet worden sind.
Die meisten von ihnen tragen drei Sterne. Nobelherbergen mit fünf Sternen sucht man an der Erft vergebens. Immerhin vier Sterne als „Unterkünfte für hohe Ansprüche“ haben neben dem Wilkens Anno 1835 die Villa Sophienhöhe in Kerpen, der Frechener Hof in Frechen, das Gut Hohenholz und das Landhaus Danielshof in Bedburg, das Ascari Parkhotel in Pulheim, die Ramada-Hotels in Brühl und Hürth sowie das Phantasialand-Hotel Ling-Bao. Und dann gibt es auch im Rhein-Erft-Kreis noch einige Hotels, die eigentlich nicht mit Sternen werben dürften, dies im Internet, in Broschüren oder auf ihren Hausfassaden aber trotzdem tun. „Unsere offiziellen Sterne muss man sich alle drei Jahre durch eine erneute Prüfung aktualisieren lassen. Manche Hotels benutzen längst abgelaufene Sterne aber weiter“, sagt Marie-Therese van den Bergh vom Dehoga.
Ungereimtheiten bei Hotels im Rhein-Erft-Kreis
Allein schon um den Wert des eigenen Gütesiegels zu schützen, schaue man nun noch genauer hin: „Im Rhein-Erft-Kreis sind wir bei unseren Recherchen auf zehn Hotels gestoßen, bei denen es Hinweise auf gewisse Ungereimtheiten gibt. Da werden wir in jedem einzelnen Haus nachhaken“, so van den Bergh.
Nicht nachhaken muss die Dehoga im Wilkens Anno 1853. „Die Kommission war ja gerade erst da. Und die wollen es schon ziemlich genau wissen. Auch in einem mit 16 Doppelzimmern, vier Einzelzimmern und einer Suite eher kleinen Hotel wie unserem dauert eine solche Begehung locker drei, vier Stunden“, berichtet Reiner Wilkens. Auch auf kleine Details werde geachtet: „Auf jedem Zimmer muss eine Informationsmappe für die Gäste bereitliegen. Bei unserer Mappe wurde das Fehlen eines alphabetischen Registers bemängelt. Da muss man dann sofort nachbessern.“
Mit seinen vier Sternen fühlt sich der 42-jährige Hotelier optimal eingestuft. „Drei Sterne klingen eher nach Durchschnitt und würden das, was wir an Ausstattungskomfort und Service bieten, nicht angemessen widerspiegeln.“ Andererseits sei er auf den fünften Stern, für den dem Hotel beispielsweise der Wellnessbereich fehlt, gar nicht scharf, verrät Reiner Wilkens. „Den Aufwand für die zusätzlichen Extras müsste ich über den Zimmerpreis wieder reinholen und dann Sätze verlangen, die der Markt bei uns im Kölner Umland kaum hergibt.“ Und wenn man zu nobel daherkomme, dann würde das neben den Geschäftsreisenden auch die alteingesessenen Stammkunden abschrecken. Wilkens: „Wir sind schließlich nicht nur ein Haus für den anspruchsvollen Übernachtungsgast, der es schick und modern mag, sondern auch ein fest im Ort verwurzeltes Traditionslokal für die Leute von hier, die im Biergarten den Feierabend genießen oder im Gastwerk-Bistro eine Kleinigkeit essen möchten. Wichtiger als jeder Stern ist mir, dass die Leute wiederkommen, weil sie sich bei uns wohlgefühlt haben.“
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