Nur wenige Kerpenerinnen und Kerpen wissen von der Existenz des jüdischen Friedhofs. Rund 90 Grabstätten finden sich dort.
Gedenkstätte geplantFDP will jüdischen Friedhof in Kerpen aufwerten
Das Gewerbegebiet auf der einen, das Erft Karree auf der anderen Seite. Tausende von Autos fahren täglich an diesem Ort vorbei, den vermutlich nur wenige Kerpener schon einmal besucht haben. Der jüdische Friedhof in Kerpen spielt nach Einschätzung der FDP in der öffentlichen Wahrnehmung kaum eine Rolle. Dabei sei er ein wichtiger Teil der Geschichte und Erinnerung für die Kolpingstadt Kerpen.
Die Liberalen möchten dem jüdischen Friedhof und dem früheren jüdischen Leben den Stellenwert angedeihen lassen, den sie ihrer Ansicht nach verdient haben. In einem Antrag, den sie in der nächsten Ratssitzung vorlegen, werben sie dafür, den Friedhof wiederzubeleben und dort eine Gedenkstätte einzurichten.
Experten sollen bei der Neuausrichtung des Friedhofs beraten
Der alte jüdische Friedhof deute darauf hin, dass in früheren Zeiten die jüdische Kultur nicht nur in den großen Städten, sondern das Leben auch in ländlichen Regionen bereichert habe. Dieses Erbe müsse erhalten werden, fordert die FDP. Dazu gehöre insbesondere, den jüdischen Friedhof als Kulturdenkmal und als religiöse wie auch zeitgeschichtliche Gedenkstätte zu gestalten und zu erhalten.
Nach Vorstellungen der FDP soll die Stadtverwaltung den jüdischen Friedhof unter Anleitung von Forschern, Expertinnen und Experten aus den Bereichen Denkmalpflege, Geschichte, Kulturerbe, der Heimatfreunde Stadt Kerpen und Stadtarchivarin Susanne Harke-Schmidt wiederbeleben und als zeitgemäße Gedenkstätte einrichten. Dafür sollen entsprechende Landes- und Bundesmittel geprüft werden.
Ferner sollen die alten Grabsteine unter denkmalhistorischen Gesichtspunkten saniert und der Friedhof landschaftsgärtnerisch aufgewertet und barrierefrei ausgebaut werden. Zudem sollen der Baumbestand sowie die Grünflächen neugestaltet, Sitzbänke erneuert und weitere Sitzmöglichkeiten geschaffen und Gedenk- und Informationstafeln über die Geschichte des jüdischen Lebens in Kerpen aufgestellt werden.
Jüdisches Leben ab dem 17. Jahrhundert in Kerpen nachgewiesen
Der jüdische Friedhof Kerpen, mit knapp 90 Grabstätten der größte im Kreisgebiet, wurde von ca. 1852 bis 1938 genutzt. Von einer dauerhaften Ansässigkeit von Juden in Kerpen kann ab Mitte des 17.Jahrhunderts ausgegangen werden; bei ihrer Ansiedlung war die Herrschaft von Kerpen immer darauf bedacht, nur solche Familien aufzunehmen, die ein bestimmtes Vermögen nachweisen konnten; nur in diesem Falle wurde ein Schutzbrief ausgestellt, ist auf dem Portal www.jüdische-gemeinden.de nachzulesen.
Die Kerpener Synagoge in der Antoniterstraße wurde in den 1830er Jahren errichtet; der Backsteinbau wies einen separaten Eingang für Frauen auf, denen die Empore vorbehalten war. Eine private jüdische Elementarschule mit eigenem Gebäude existierte in Kerpen seit den 1840er Jahren; sie war einem Fachwerkhaus im Synagogenhof angebaut. Etwa 40 Jahre nach deren Bau erhielt die Schule einen öffentlichen Status und wurde damit von Stadt und Staat finanziell unterstützt, heißt es.