ZukunftsvisionSo könnte der Tagebau Hambach nach der Braunkohle aussehen
- Was kommt nach der Braunkohle? Der Kerpener Beigeordnete Joachim Schwister sieht in den jetzigen Tagebauen Hambach, Inden und Garzweiler riesige Potenziale. Aus ihnen könne man Erneuerbare-Energie-Kraftwerke machen.
- Wie diese Vision ausgestaltet sein könnte und welche Ideen es noch gibt, erfahren Sie in diesem Artikel.
Kerpen – „Wenn man vor 125 Jahren erklärt hätte, man plane hier ein elf Kilometer langes, vier Kilometer breites und 400 Meter tiefes Loch, um darin mit Riesenbaggern herumzufahren und einige Kilometer weiter Kraftwerke mit der Braunkohle zu befeuern, dann hätten die Leute auch gesagt »Du hast sie nicht mehr alle«“, sagt der Kerpener Beigeordnete Joachim Schwister.
So gehe es ihm mitunter auch, wenn er von den Ideen der Kerpener Stadtverwaltung berichte, die mit Stichworten wie SpeicherStadtKerpen, FlexKraftWerk Hambach und MobilitätsHafenKerpen überschrieben sind. Doch wenn die Kohlekommission bald ihre Empfehlungen abgebe, dann müsse die Kolpingstadt gerüstet sein für die Projekte der Zukunft.
Wenn es nach Schwister geht, dann soll Kerpen in den kommenden Jahren zu einer hochmodernen Stadt ausgebaut werden. Nur eines soll bleiben, wie es ist: „Wir werden eine Energiestadt bleiben. Selbstverständlich liegt die Lösung für den Strukturwandel in der Energiewirtschaft und im Rheinischen Revier, wo sonst, da dies unsere Stärke seit rund 125 Jahren ist.“
An Ideen mangelt es nicht
Schwister ist mit Toyota, Shell, Innogy, dem Kreis, der Landesregierung und vielen anderen über neue Projekte im Gespräch, damit diese Pläne bald umgesetzt werden können. An Ideen mangelt es den Kerpenern nicht.
Schwister sieht in den jetzigen Tagebauen Hambach, Inden und Garzweiler riesige Potenziale. Aus ihnen könne man Erneuerbare-Energie-Kraftwerke machen. Windkrafträder und Photovoltaikanlagen sollen dort installiert werden. Darunter könne auch weiterhin Landwirtschaft stattfinden. Kombiniert mit Ringwasserspeichern könnten die Tagebaue auch nachts und bei Windstille Energie liefern.
Jeder heutige Kohletagebau könne zu einem solchen flexiblen Kraftwerk umgebaut werden, ist Schwister sicher: „Eine Windenergieanlage benötigt rund zehn Hektar Fläche, der Tagebau Hambach hat etwa 7000 Hektar Fläche, sodass etwa 700 Windkraftanlagen gebaut werden können.“ Plus Photovoltaikanlagen könne auf der Fläche ähnlich viel Strom erzeugt werden wie ein Kohlekraftwerk heute liefere, glaubt der Ingenieur.
Doch das ist nur ein Baustein für eine neue Struktur von Kerpen. Dazu gehören auch CO2-freie Gewerbegebiete oder Logistikgebäude, die sich über die Autobahn spannen und so nicht nur Platz sparen und Lärm schlucken, sondern auch als komplett vernetzte Ladestationen fungieren und Schwerlastverkehr als Dienstleistung für Köln, Bonn und Düsseldorf Fracht mit Wasserstoff betriebenen Fahrzeugen in die dieselfreien Innenstädte bringen. Dazu Solarpaneelen, die sich als Lärmschutz über die Autobahn wölben und zur Energieversorgung beitragen. Selbst das städtische Gasnetz könne mit 15 Prozent Überdruck fahren, so Schwister: „Das kann man dann als Speicher für Methangas nutzen, das man mit regenerativen Energien erzeugt.“
Wasserstoff spielt eine zentrale Rolle bei den Plänen der Kerpener. Durch Wind und Sonne erzeugt, soll der Brennstoff der Zukunft am Autobahnkreuz erforscht werden. Kerpen soll Modellkommune für Wasserstoffmobilität werden. Auch Platz für ein Institut der RWTH Aachen gebe es, so Schwister : „Die Boelcke-Kaserne am Autobahnkreuz wird bald aufgegeben. Dort kann dann auch die Brücke über die A4 von Sindorf auf den Campus entstehen.“