Starke Männer und Frauen traten bei den Highland Games in Kerpen-Balkhausen in Disziplinen wie Steinestoßen und Baumstammwerfen an.
Highland GamesUngewöhnliches Kräftemessen der stärksten Frauen und Männer in Kerpen
Sabine Kentenich holte tief Luft. Viele Blicke waren auf die 53-Jährige aus Balkhausen gerichtet. Senkrecht hielt sie den mächtigen, rund 40 Kilogramm schweren und mehr als drei Meter langen Baumstamm vor sich, angelehnt an ihre Schultern. Dann hob sie ihn an, nahm Anlauf, stoppte und schleuderte den Stamm mit beiden Armen nach oben. Das schwere obere Ende des Stamms schlug im nächsten Augenblick auf dem Boden auf, ging in die Senkrechte – und überschlug sich dann vor den Augen der jubelnden Zuschauer. „Damit ist die Qualifikation geschafft“, sagte Kentenich strahlend.
Mehrere Hundert Fan verfolgten die Spiele
Sie war eine von zwölf Frauen im Teilnehmerfeld bei den Highland Games, die am Samstag in Balkhausen ausgetragen wurden. Auf dem Vereinsgelände der Sportgemeinschaft Balkhausen, Brüggen, Türnich (BBT) verfolgten mehrere Hundert begeisterte Fans die traditionellen Highland Spiele, die die Wildboars aus Kerpen und Umgebung seit vielen Jahren ausrichten. „Früher haben die Spiele auf einem benachbarten Feld stattgefunden“, berichtete Highlander Yves Gerlinger. Doch schon seit einigen Jahren seien die Highlander eine Abteilung in der SG BBT. „Seitdem haben wir hier eine Heimat für das Training gefunden, und die Veranstaltung kann auf dem Sportgelände stattfinden.“
Die Spiele waren erneut viel mehr als ein sportlicher Wettkampf unter Gleichgesinnten. Die Zuschauer, die von nah und fern gekommen waren, fanden dort wie alte Bekannte zusammen, erzählten, staunten und applaudierten begeistert. Zur guten Stimmung trugen auch die Castle-Pipers aus Wassenberg mit ihren Dudelsäcken bei. An Verkaufsständen konnten die Besucherinnen und Besucher zudem Kilts und anderes Zubehör erstehen. Wie alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer und viele Fans trug auch Sabine Kentenich den traditionellen Kilt. „Bei den schottischen Games ist der Kilt ein Muss“, versicherte auch die 43-jährige Nina Reinold aus Viersen. Wie alle zwölf Frauen war sie angetreten, um bei den Einzelwettkämpfen zu punkten. Allerdings: „Trotz des Wettkampfs sind wir gar keine richtigen Konkurrenten, sondern eine richtig gute Gemeinschaft.“ Das bestätigt auch Yves Gerlinger. Er moderierte die Wettkämpfe, bei denen die Sportlerinnen und Sportler im Gewichtwerfen an der Kette, Steinstoßen, Hammerwerfen, Gewichthochwerfen und Baumstammwerfen antraten.
Es gab dabei vier Kategorien – Open Heavy, Master, Damen und Nationen Cup. Jürgen Stickelbrock ist Vorsitzender des Deutschlandverbands der Highlander und war mit seinen 61 Jahren einer der ältesten Teilnehmer. „Ich mache das schon seit über 20 Jahren“, erzählt er. Der besondere Reiz des Sports liege für ihn in der Ursprünglichkeit dieser uralten Sportarten ohne moderne Technik. „Wir haben nur Eisen, Steine und Baumstämme.“ Tatsächlich wird erzählt, dass der Ursprung der Highland Games zurück bis zu den Kelten geht. Die allerersten Spiele sollen demnach schon im zehnten oder elften Jahrhundert stattgefunden haben.
„Früher wurden so die stärksten Clans untereinander ausgemacht“, berichtete Gerlinger. Am Ende schafften es Sabine Kentenich in ihrer Kategorie auf den achten und Nina Reinold auf den siebten Platz. Jürgen Stickelbrock konnte sich über den fünften Platz freuen. Den Nationen-Cup gewannen die Profis, der Belgier Glenn Nys vor dem Tschechen Vladislav Tulacek und dem Sachsen Philipp Friedemann. Ein Rekord konnte nicht gebrochen werden. Der 6,70 lange und 70 Kilogramm schwere Kult-Baumstamm der Wildboars konnte nach den Regeln geworfen und umgedreht werden. „Das hat in den vergangenen fünf Jahren nur Johann Langhorst aus den Niederlanden geschafft“, sagt Spielleiter Marius Linhoff.