Blick nach „Mordor“Kerpener Camp for Future des BUND klärt über Tagebau auf
- Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) lud junge Leute zur Ortsbekundung nach Buir ein.
- Referent Stefan Förster betont den friedlichen Bildungsauftrag der Campbewohner.
- Mit dem Blick in den Tagebau versucht er greifbarer zu machen, welche riesigen Mengen Kohlendioxid Jahr für Jahr bei der Verbrennung der Kohle anfallen.
Kerpen-Buir – „Vor euch seht ihr Mordor, hinter euch ist Buir“, erläutert mit ausladenden Armbewegungen der Jugendbildungsreferent des BUND Nordrhein-Westfalen, Stefan Förster, der Gruppe junger Leute. Mordor – das ist das „schwarze Land“ in Tolkiens „Herr der Ringe“.
Auch Stefan Schlang von der Bürgerinitiative Buirer für Buir“ ist mitgekommen, etwas außer Atem steht er auf dem Hügel. Sie sind den steilen Hang des Erdwalles hochgekraxelt, der hier am Ortsrand parallel zum tiefer gelegten Asphalt der Autobahn und dem Schotterbett der Kohlebahn einen inoffiziellen Aussichtspunkt bietet.
Rest des Hambacher Waldes
„Nein, das ist kein Training für eine Ende-Gelände-Aktion“, scherzte Förster wegen der Mühen. Er wird nicht müde, den Unterschied des Camps for Future der BUND-Jugend zur Aktionsgruppe „Ende Gelände“ deutlich zu machen, und betont den friedlichen Bildungsauftrag der Campbewohner im Klimaprotest. Dass es an Entschlossenheit auch im BUND nicht mangelt, macht aber einer von ihnen klar, der kaum auf dem Hügel angekommen, mit erhobener Faust wenige Zeilen eines Protestliedes gegen den Bergbaubetreiber anstimmt.
Dann sind sie alle bei der Sache, schauen mit gerunzelten Stirnfalten vor allem über die sommerliche Vegetation der Landschaft vor ihnen. Es sei „the rest of the Hambach Forest“, der Rest des Hambacher Waldes, den sie in einiger Entfernung vor sich sehen würden, und dort drüben sei der Kirchturm des einstigen 1700-Seelenortes Manheim, erläutert Stefan Förster auch auf Englisch seinen jungen Zuhörerinnen. Ein Ort, der allem Protest zum Trotz von Bergbaubetreibern immer noch in Vorbereitung auf die Ausdehnung des Tagebaues abgerissen werde.
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Solchen Gästen des „Camps for Future“, „die noch nie einen Tagebau gesehen hätten“, hat Förster eine Fahrradtour möglichst entlang des Erdwalls zum neun Kilometer entfernten Terra Nova angeboten. Dort erzählt er ihnen von der Geschichte des Tagebaues, von den ersten Planungen Anfang der 70er Jahre, vom Aufschluss 1978, der Schaffung „eines künstlichen Mittelgebirges in der Landschaft“ mit dem Aufschütten der Sophienhöhe aus Erde und Abraum, um nach drei Jahren endlich in 212 Metern Tiefe die erste Braunkohle fördern zu können. Auch die Abläufe zur Kohlegewinnung schildert er, „damit sie später einen Bagger von einem Absetzer unterscheiden können“. Mit dem Blick in den Tagebau versucht er greifbarer zu machen, welche riesigen Mengen Kohlendioxid Jahr für Jahr bei der Verbrennung der Kohle anfallen.
Manche sind mitgekommen, um es einfach mal gesehen zu haben, wie der Syrer Essa aus Hattingen. Den Tagebau kenne er sonst nur aus dem Film „Die rote Linie“. „Aufhören mit der Kohle und mehr Bäume pflanzen“, glaubt er, werde auch Menschen helfen, deren Lebensraum im ansteigenden Ozean zu versinken drohe. Zumindest die 23-jährige Hannah hat eine Ahnung. Erst kürzlich auf der Autobahnfahrt im Auto ihres Vaters habe sie einen Blick in das „große Loch“ werfen können. Kohle-Diskussionen führe sie schon seit langem, immerhin komme sie ja aus dem Ruhrpott. Aber dort sei der Steinkohleabbau ja schon lange Geschichte.
Während die Gruppe in Richtung Terra Nova radelt, ziehen andere zu Fuß mit Hund Laila an der Leine vom Camp in „Richtung Hambi“. In den Tagebau absteigen wollten sie nicht, „jetzt schon“ witzeln sie. Vielmehr wollten sie am Grubenrand zunächst einmal eine Diskussion mit der Security anfangen. Neben Bildungsangeboten stünden zum Ende der kommenden Woche Demonstrationen „Richtung Tagebau“ auf dem Stundenplan, kündigte Förster an.