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NachwuchsmangelKerpener Dachdeckermeister kämpft mit Social-Media-Challenge für das Handwerk

Lesezeit 3 Minuten
Oliver Oettgen lächelt in die Kamera

Oliver Oettgen ist der Initiator der „Handwerksdenker:in-Challenge“.

Der Nachwuchsmangel im Handwerk ist eklatant. Oliver Oettgen aus Kerpen hat auf Social Media Aufmerksamkeit für die Branche geschaffen.

Als im Gespräch mit Oliver Oettgen der Satz „Handwerk hat goldenen Boden“ fällt, winkt der Dachdeckermeister ab: „Jetzt ist eigentlich ein Euro fürs Phrasenschwein fällig!“ Und er fügt hinzu: „Die Auftragslage im Handwerk ist sicherlich nicht schlecht, aber das Image ist verbesserungswürdig und der Nachwuchsmangel eklatant. 200.000 Fachleute fehlen zurzeit in unserer Branche.“

Oettgen belässt es jedoch nicht beim Klagen. Mehr als ein Jahr lang hat er sich Gedanken darüber gemacht, wie er seine Branche stärker ins Bewusstsein der Öffentlichkeit heben könnte. Natürlich kamen die Sozialen Medien sofort ins Spiel. Er entwickelte dort eine „Handwerksdenker:in-Challenge“, wobei ihm die gegenderte Form wichtig ist.

Oettgen gibt per Video Einblicke in das Handwerk

Was ist darunter zu verstehen? Auf Facebook, Instagram, Tiktok und Linkedin startete Oettgen am 13. März einen Video-Podcast: Zwei Wochen lang gibt es täglich ein neues Video. Er rief dazu auf, ihm Fotos und Videos zu schicken, in denen handwerkliche Tätigkeiten dokumentiert werden: „Du berichtest darüber, was toll ist im Handwerk, du berichtest über die Menschen, was sie lieben im Handwerk, auch über deine Leistungen im Handwerk.“

Die jungen Leute sollten dem Handwerk eine echte Chance geben
Oliver Oettgen, Dachdeckermeister

Oettgen zeigt Videos seiner Mitarbeiter und verweist auf die Qualität ihrer Arbeit. Er referiert über Arbeitssicherheit, erzählt motivierende Geschichten über Menschen, die auf Umwegen den Schritt zum Handwerk geschafft haben, und betont die gute Zusammenarbeit im Handwerk.

Am elften Tag seiner Challenge führt Oettgen die persönlichen Voraussetzungen auf, die man für einen handwerklichen Beruf mitbringen sollte: Lernbereitschaft, Geduld, Ausdauer, technisches Verständnis, handwerkliches Geschick, Fingerspitzengefühl, Teamfähigkeit. Dass es neben den bekannten Handwerksberufen wie Maler, Schreiner, Maurer auch solche gibt, die die meisten nicht sofort auf dem Schirm haben, zeigt Oettgen anhand einiger Beispiele auf: Seiler, Vergolder, Hutmacher.

Vision einer gemeinsamen Handwerksplattform

Zum Abschluss dann Oettgens Fazit: 25.000 Klicks auf seine Videos, ein Beitrag bei Radio Erft, eine Einladung zur Gesamtschule Geilenkirchen. Der Dachdeckermeister will auch in Zukunft in den digitalen Medien präsent sein.

Ihm schwebt eine Plattform vor, auf der Handwerksbetriebe, Innungen, Verbände gemeinsam das Handwerk präsentieren und Nachwuchs rekrutieren können: „Die jungen Leute sollten dem Handwerk eine echte Chance geben, bevor sie andere Wege einschlagen.“ Er betont, dass es ihm nicht um Werbung für seine Firma geht, sondern gesellschaftliches Interesse im Vordergrund stehe.

Auftragsbücher aktuell „fast schon überfüllt“

Marion Meissner, Inhaberin eines Dachdeckerbetriebes in Bergheim, findet die Idee einer gemeinsamen digitalen Werbeaktion gut, würde es aber begrüßen, wenn die Organisation bei einer neutralen Stelle läge, zum Beispiel bei der Kreishandwerkerschaft. Dort sieht man ebenfalls die Vorteile solcher Plattformen, weist aber auch darauf hin, dass die Auftragsbücher „gut gefüllt, wenn nicht schon fast überfüllt“ seien. „Daher ist es aktuell schwierig, Werbung zu machen, da man eigentlich hofft, dass kaum oder keine potenziellen Kunden auf diese anspringen.“

Gleichwohl begrüßt Heinrich Ropertz, Hauptgeschäftsführer der Kreishandwerkerschaft, die Initiative Oettgens: „Marketing sollte auch in guten Zeiten betrieben werden, um für schlechtere Zeiten gerüstet zu sein.“