Streit wegen Brandschutz-PlänenKerpener sollen 50.000 Euro für Rettungsweg zahlen
Kerpen-Horrem – Rund 50 Jahre alt sind die Mehrfamilienhäuser entlang der Hauptstraße 58 bis 94 in Horrem in Richtung Quadrath. Die auffälligen Wohnblocks, die im Volksmund auch den Namen „Stalin-Allee“ tragen, seien seitdem laufend saniert und immer wieder auf den neuesten technischen Stand gebracht worden, berichtet Günther Böhmer, der Miteigentümer des Hauses Hauptstraße 78 ist. Doch nun gibt es Probleme mit dem Brandschutz.
Damit es auch für eine kleine Zwei-Zimmerwohnung in der vierten Etage einen zweiten Rettungsweg gibt, drohten der Wohnungseigentümergemeinschaft nun zusätzliche Kosten in Höhe von rund 50.000 Euro, so Böhmer. Er weist darauf hin, dass solche Kosten auf die Mieten in dem Gebäude umgelegt würden. Da müsse sich niemand wundern, dass Wohnen in Deutschland teurer werde.
Darum brauchen die Wohnungen einen neuen Rettungsweg
Problem der Häuser ist, dass sie von der rückwärtigen Seite aus mit Feuerwehrfahrzeugen nicht oder nur schlecht erreicht werden können. Im Notfall, bei dem das Treppenhaus etwa verraucht und damit unzugänglich ist, müsste eine Rettung also von der Vorderseite aus erfolgen. Die meisten Wohnungen verfügen auch über ein Fenster an der Vorderseite.
Anders ist dies bei einer Reihe von kleinen Appartements, die nur nach hinten hin ausgerichtet sind. Diese können zumeist im Notfall aber noch über Steckleitern erreicht werden, über welche die Feuerwehr verfügt. Bei den Appartements im vierten Stock geht das aber nicht. Sie liegen zu hoch.
Zuständig für den Brandschutz ist die Stadt Kerpen: Wie Pressesprecher Erhard Nimtz berichtet, habe man für acht der neun Wohnblocks schon brandschutztechnische Lösungen gefunden, beziehungsweise stehe kurz davor. Nur bei Haus 78 gebe es wegen dessen besonderer Lage noch Probleme.
Die Stadt schlägt nun vor, dass vom Balkon des Appartements im vierten Stock eine Treppe zum Flachdach und auf dem Flachdach ein Laufsteg zur Vorderseite installiert wird, um so einen zweiten Fluchtweg für dieses eine Appartement zu schaffen. Die Kosten lägen bei rund 50.000 Euro, meint Böhmer, der entsprechende Angebote schon eingeholt hat.
Kerpener Anwohner hat einen anderen Vorschlag
Böhmer schlägt dagegen vor, Balkone in der vierten Etage mit Fluchttüren für rund 2500 Euro auszustatten, so dass der Bewohner des Appartements im Notfall in eine der Nachbarwohnungen gelangen könnte, die wiederum Fenster zur Vorderseite haben. Die Stadt weist dies zurück: Ein zweiter Rettungsweg über eine „andere Nutzungseinheit“ sei nicht zulässig.
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Nimtz betont, die Stadt habe Verständnis für die Wohneigentümer und suche eine möglichst kostengünstige Lösung. Andererseits sei es auch so, dass nach diversen Brandkatastrophen die Vorschriften vom Gesetzgeber verschärft worden seien. Die Stadt stehe hier auch „strafrechtlich“ in der Verantwortung, falls etwas passiere.
Böhmer betont, er habe Verständnis für notwendigen Brandschutz. Im vorliegenden Fall seien die Behörden aber nicht flexibel genug: „Der Amtsschimmel wiehert gewaltig.“