Nach Klage gegen Stadt KerpenObdachloser darf in Container für Flüchtlinge wohnen
- Michael Götze darf nun doch in seinem Kerpener Wohncontainer bleiben.
- Die Stadt Kerpen hat nach Gesprächen mit dem Oberverwaltungsgericht Münster eingelenkt.
- Das Obdachlosenheim, das Götze zugewiesen wurde, hatte der 55-Jährige nach wenigen Tagen verlassen.
Kerpen – Michael Götze hat es geschafft. Der 55-jährige Obdachlose wohnt seit ein paar Wochen in einer Containeranlage, die für Flüchtlingen gedacht ist. Hier hat er ein eigenes Zimmer. „Hauptsache abschließbar“, sagt Anwalt Patrick Baumfalk, der für Götze juristisch gegen die Stadt zu Felde gezogen ist.
Die Stadtverwaltung hatte Götze eine Unterkunft im Obdachlosenheim Zum Wolfsberg in Horrem zugewiesen, das einen schlechten Ruf hat: Immer wieder soll es dort zu Schlägereien und gegenseitiger Abzocke unter den Bewohnern gekommen sein. Zudem macht das Haus, das demnächst renoviert werden soll, einen heruntergekommenen Eindruck. Götze hatte es da nur ein paar Tage ausgehalten und es dann vorgezogen, auch im Winter lieber auf der Straße zu leben.
Obdachlose sehen Vorteile in Flüchtlingscontainern
Wohnraum für Bedürftige gibt es in Kerpen eigentlich genug: Denn die Stadt hatte im Zuge des Zuzugs von Flüchtlingen Dutzende Wohncontainer angeschafft, die aber größtenteils leer stehen, weil der Zustrom an Menschen aus dem Ausland nicht so groß war wie erwartet.
Warum sie nicht für obdachlose Menschen nutzen, die keine Flüchtlinge sind? So dächten viele Obdachlose, berichtete Karin Meyer von der Teestube Lichtblick, einem preisgekrönten Obdachlosentreff, im Februar. „Dort haben sie mehr Ruhe.“ Auch Götze wollte in einen Container ziehen, die Stadtverwaltung lehnte das ab.
Er nahm sich einen Anwalt und erlitt zunächst eine Niederlage: Das Verwaltungsgericht Köln lehnte im Februar den Erlass einer Zwischenverfügung ab, mit der die Stadt gezwungen werden sollte, Götze einen Container zur Verfügung zu stellen.
Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht in Münster
Die Stadt hatte vor Gericht erfolgreich darauf gepocht, selbst entscheiden zu können, welchen Wohnraum sie obdachlosen Menschen zuweise. Zudem hatte sie ausgeführt, in der Unterkunft Zum Wolfsberg in Horrem herrschten keine „fürchterlichen und menschenunwürdigen Zustände“.
Baumfalk legte für seinen Mandanten Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Münster ein. Mit einer Reihe von eidesstattlichen Versicherungen versuchte er zu belegen, wie problematisch die Zustände in der Horremer Unterkunft sind. Auch legte er ärztliche Atteste bei, wonach sein Mandant an Osteoporose und Arthrose in den Beinen leide.
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Die Obdachlosenunterkunft Zum Wolfsberg liege aber – wie der Name schon sagt – auf einem Hügel: Um sie zu erreichen, müsse auf einer Länge von 95 Metern eine Steigung bewältigt werden, die für einen gehbehinderten Menschen „nicht einfach überwindbar“ sei.
„Im Kontakt“ mit dem Oberverwaltungsgericht habe die Verwaltung eingelenkt, wie Stadtsprecher Erhard Nimtz einräumt. Götze wurde in einen Container eingewiesen. „Die Gehbehinderung war der Knackpunkt“, sagt Nimtz. Er betont – wohl um Nachahmer abzuschrecken –, dass es eine „Einzelfallentscheidung“ sei.
Die Stadt habe keine Niederlage erlitten. Es sei so, dass die Container für den Fall, dass erneut Flüchtlinge untergebracht werden müssten, in Reserve gehalten werden sollten. „Wer weiß, was noch kommt?“ Doch Götze könnte nicht der einzige Obdachlose mit neuem Wohnsitz im Container bleiben: Schon hat Baumfalk zwei weitere Mandanten.