Für die einen war es Selbstironie. Für andere die Missachtung eines demokratischen Gremiums. Kerpen, der angedeutete Hitlergruß und die Folgen.
KommentarPolitik muss beim Umgang mit der AfD in Kerpen aufstehen statt wegsehen
Immer wieder hören oder lesen wir darüber, dass Menschen in Bussen oder Bahnen angepöbelt, beleidigt oder angegriffen werden. Und immer häufiger erfahren wir dann auch, dass Mitreisende den Täter gewähren lassen, wegschauen, einfach nichts tun. Aus Gleichgültigkeit? Ignoranz? Der eigenen Hilflosigkeit? Oder aus Angst, selber zum Opfer zu werden?
In Situationen wie diesen ist Entschlossenheit, gemeinsames Handeln und Einstehen für Schwächere gefordert. Kurzum: Zivilcourage. Erst kürzlich hat Landrat Frank Rock zwei Bürger ausgezeichnet, die nicht an sich, sondern an andere gedacht haben, die Hilfe brauchten. „Jemand war in Not. Da war für mich klar: Ich muss handeln“, sagte Christian Clintgens, der eine Preisträger. Der andere, Andŕe Lorbach, betonte, „Zivilcourage bedeutet für mich, nicht groß zu überlegen und Menschen zu helfen.“
AfD tritt die Werter der Gründerväter der Bundesrepublik mit Füßen
Diese Haltung auf eine andere Ebene übertragend bedeutet, dass nicht nur einzelne, sondern unsere gesamte Gesellschaft in Not ist und bedroht wird – von einer rechtsex-tremen Partei wie der AfD, die einen Teil dessen, was die Gründerväter der Bundesrepublik erschaffen haben, mit Füßen tritt.
Diese Werte gilt es zu verteidigen. Und es gilt, der AfD entschieden gegenüberzutreten und kleinste Anzeichen ihrer Ideologie zu unterbinden.
Der Kerpener Bürgermeister Dieter Spürck (CDU) und die 46 Frauen und Männer im Stadtrat haben dies nicht getan. Der CDU-Politiker als Vorsitzender des Gremiums ist über eine geschmacklose Äußerung des AfD-Vertreters Sascha Hümmer wortlos hinweggegangen, nicht wenige Politikerinnen und Politiker sahen sich bemüßigt, mit klar vernehmbarem Gelächter zu reagieren. Hümmer hatte in der Ratssitzung am Dienstag auf Spürcks Aufforderung, er möge seine Hand für eine Wortmeldung höher heben, mit den Worten reagiert, er müsse mit seinem rechten Arm etwas aufpassen. Versteckt war diese Anspielung auf den Hitlergruß wahrlich nicht.
Das Strafgesetzbuch stellt den Hitlergruß in all seinen Varianten zweifach unter Strafe. Zunächst macht sich gemäß § 86a Absatz 1 und 2 StGB strafbar, wer unter anderem nationalsozialistische Kennzeichen wie Fahnen, Abzeichen, Uniformstücke, Parolen und Grußformen verwendet. Eine solche Tat wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Daneben macht sich der Verwender des Hitlergrußes häufig auch gemäß § 130 StGB wegen Volksverhetzung strafbar. Diese Tat wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.
Nordhausen hat einen AfD-Oberbürgermeister verhindet
Im Nachgang zu der Sitzung, zwei Tage darauf, sagte Spürck, Hümmers Äußerung sei unangebracht und zukünftig zu unterlassen – gerade, was auch den Rahmen einer öffentlichen Ratssitzung betreffe. Eine Handhabe, Hümmers Verhalten juristisch zu sanktionieren, habe er nicht.
Nun, wenn Gesetze wie in diesem Fall (noch) nicht greifen, sollte der gesellschaftliche Zusammenhalt, das Einverständnis darüber, was opportun ist und was wir nicht dulden, umso ausgeprägter sein. So wie es die Bürger in Nordhausen vorgemacht haben. Sie verhinderten im September die Wahl eines AfD-Kandidaten zum ersten Oberbürgermeister unseres Landes – und dies, obwohl der vor der Stichwahl deutlich vor dem parteilosen Amtsinhaber lag.
Ein breiter gesellschaftlicher Konsens, eine beispiellose Mobilmachung und das Aussprechen dessen, was Konsequenzen sind, wenn AfD-Vertreter in wichtige Positionen gelangen, hat der Demokratie zum Sieg verholfen.
Nordhausen muss überall sein!