Jörn Tüffers über die Personalentscheidung hinter verschlossenen Türen
KommentarAfD und CDU in Kerpen halten nicht viel von Öffentlichkeit
Nein, es war keine Überraschung, als die AfD in dieser Woche wissen ließ, dass sie ihren Kandidaten für den Bundestagswahlkreis 91 (Kreis Euskirchen/Brühl, Erftstadt und Wesseling) hinter verschlossenen Türen wählt und Medien unerwünscht seien. Die in Teilen rechtsextreme Partei war noch nie dafür bekannt, mit offenen Karten zu spielen. Intransparenz und Verschwiegenheit – wenn es um die eigenen Belange geht – ist Teil ihrer DNA.
Nun war schon vorher der Eindruck entstanden, dass im Kreisverband Euskirchen Grabenkämpfe stattfinden, schließlich war der langjährige Bundestagsabgeordnete Rüdiger Lucassen einem Staatsstreich ähnlich im November aus dem Rennen um die Direktkandidatur gekegelt worden – vom Leiter seines eigenen Wahlkreisbüros, Achim Brück. Das durfte dem 73-jährigen Oberst a. D. der Bundeswehr nicht gefallen. Und es kam ihm sicherlich nicht ungelegen, dass ein Mitglied eine Wiederholung der Wahl beim Landesverband durchsetzen konnte, dessen Vorsitzender Lucassen bis 2022 gewesen ist.
Ach ja, der Grund für die Beanstandung von Brücks Wahl: Der Delegierte hatte den Versammlungsort in Weilerswist nicht gefunden. Alle anderen hatten damit offenbar geringere Probleme. Und es sagt offenbar auch etwas über das Mobilfunknetz in der Voreifel aus – oder dem Suchenden ist in schierer Verzweiflung diese Idee gar nicht gekommen, ein anderes Mitglied anzurufen, das ihm den Weg hätte weisen können.
Mit der Orientierung und dem richtigen Kompass hat aber nicht nur die AfD ihre liebe Müh' – wobei es weniger um einen vermeintlich unklar benannten Veranstaltungsort geht. Eher geht es bei der CDU Kerpen um ihr Selbstverständnis bezüglich Transparenz und Demokratieverständnis. Auch sie ließ diese Redaktion wissen, dass sie auf deren Anwesenheit bei einer Mitgliederversammlung keinen Wert lege. Dort wählte die Partei am Donnerstag ihren Bürgermeisterkandidaten und die Bewerber für einen Sitz im künftigen Stadtrat und im Kreistag in Bergheim.
Eigentlich sind solche Anlässe für Parteien so etwas wie das Hohefest der Demokratie: Da geht es um was, und zwar um nichts Geringeres als um die Wahl von Frauen und Männern, die in den kommenden fünf Jahren die Interessen der Bürgerinnen und Bürger vertreten sollen. Nicht selten wird gerade die Nominierung eines Kandidaten oder einer Kandidatin fürs Bürgermeisteramt geradezu inszeniert: in der Hoffnung, dass dies in der Außenwirkung Wählerinnen und Wähler wahrnehmen und möglicherweise zu dem Schluss kommen, dass der- oder diejenige ein geeignetes Stadtoberhaupt wäre.
Und in nicht geringerem Maße in der Innenwirkung, ist doch eine medienwirksame Inthronisierung gleichsam der Startschuss für den Wahlkampf und das Signal an die Mitglieder, sich in den kommenden Monaten bis zum Wahltermin ordentlich ins Zeug zu legen.
Die CDU Kerpen geht einen anderen Weg. Sie schließt die Öffentlichkeit – und damit auch die Medien, die schließlich einen Teil von Öffentlichkeit schaffen – aus. Klar, sie darf das. Aber damit wirft sie Fragen auf, was sie zu verbergen hat. Sicher, im Nachgang gab es eine Mitteilung, wer was geworden ist. Aber die Verantwortlichen in der Partei haben offenkundig wenig Interesse daran, dass neutrale Beobachter Stimmungen wahrnehmen, Widersprüche aufzeigen und unangenehme Fragen stellen.
Bürgermeister Dieter Spürck, Parteichef Addy Muckes und der Fraktionsvorsitzende Klaus Ripp wählen den Weg der Wagenburgmentalität. Im September haben die Wähler die Wahl.