Stichwahl in KerpenDieter Spürck will sein Amt verteidigen
- Am Sonntag, 27. September, können sich die Kerpener in der Stichwahl um das Bürgermeisteramt zwischen Amtsinhaber Dieter Spürck (CDU) und seinem Herausforderer Andreas Lipp (SPD) entschieden.
- Vorab sprachen Wilfried Meisen und Dennis Vlaminck mit den Kandidaten über die Personalnot in Kitas, den Hambacher Forst, den ÖPNV und vieles mehr.
Kerpen – Zwischen Amtsinhaber Dieter Spürck (CDU) und seinem Herausforderer Andreas Lipp (SPD) können sich die Kerpener entscheiden, wenn am Sonntag, 27. September, in der Stichwahl der zukünftige Bürgermeister gewählt wird. Mit den Kandidaten sprachen Wilfried Meisen und Dennis Vlaminck. Es wurde vereinbart, das in den vergangenen Monaten heftig umstrittene Thema „Beigeordnetenwahl“ diesmal nicht zu vertiefen.
Zum Mitbewerber
Spürck und Lipp betonen, vor dem Streit um die Beigeordnetenwahlen ein „ganz gutes Verhältnis“ zueinander gehabt zu haben. Auch außerhalb der Politik habe man miteinander reden können. Dies sei nun durch die „komplett konträren Ansichten“ in der Beigeordnetenfrage überdeckt. Grundsätzlich sei es auch so, dass im Stadtrat in den meisten Fragen einstimmig oder mit großer Mehrheit entschieden werde.
Andreas Lipp
Der 44-Jährige ist verheiratet und lebt in Sindorf. Er führt seit fünf Jahren die SPD-Fraktion im Stadtrat. Er arbeitet als Führungskraft beim Unternehmen Computacenter in Sindorf und ist dort als Betriebsrat für 600 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen zuständig. Lipp wohnt seit 1975 in Sindorf und hat das Kerpener Gymnasium besucht. Er ist unter anderem im Heimatverein Sindorf aktiv. (wm)
Dieter Spürck
Der 53-jährige Volljurist ist seit 2015 Bürgermeister der Stadt Kerpen. Vorher war er in Kerpen Sozialdezernent und Kämmerer. Seine beruflichen Stationen davor waren unter anderem die Gemeinde Weilerswist und die Kreisverwaltung. Spürck ist verheiratet und hat zwei Kinder. Im Kerpener Stadtrat wurde er in den vergangenen Jahren von CDU, FDP, BBK und Piraten unterstützt. (wm)
Zur Personalnot in Kitas
Lipp fordert, dass die Stadt mehr Erzieherinnen und Erzieher einstellt. Er verweist auf ein Gutachten aus dem Jahr 2017, wonach 14 Stellen für weitere Erzieher eingerichtet und besetzt werden sollen. Bislang sei dies nur zum Teil geschehen. Wenn die Stadt auf dem Arbeitsmarkt keine geeigneten Bewerber finde, müsse sie Erzieherinnen und Erzieher selbst ausbilden und mit attraktiven Arbeitskonditionen an die Stadt binden. Versuche der Stadt, die Personalengpässe mit Hilfe von Kita-Assistenzkräften und Vertretungspools zu entschärfen, seien gescheitert.
Spürck fordert weitere Untersuchungen über den Personalbedarf an den Kindergärten: Die im Rahmen des Gutachtens geforderten 14 neuen Stellen seien „finanziell nicht darstellbar“ gewesen. Nicht alle Einrichtungen seien von Personalnot gleichermaßen betroffen. „Wir haben nicht flächendeckend in allen Einrichtungen eine extrem hohe Ausfallquote.“ Dafür könne es unterschiedliche Gründe geben: etwa ein „Teamproblem“ oder eine schlechte Lärmakustik in den Gebäuden. Bevor man beim Personal „in die Vollen“ gehe, müssten erst die Ursachen für die Ausfallquoten gesucht und Strukturen optimiert werden. „Wenn dann herauskommt, dass wir mehr Personal brauchen, dann werden wir das auch einstellen.“
Zur Lage im Rathaus
Spürck betont, dass nach einer gewissen Überbrückungszeit nun bald alle Schlüsselpositionen im Rathaus besetzt seien. Allerdings gebe es im Bauamt noch Personalbedarf, aber dafür wolle die Stadt eine neue Planungs- und Baugesellschaft mit einem externen Partner gründen. Das wäre schon zügig umgesetzt worden, wenn es nicht ein Vergabestreitverfahren gäbe, das nun vor Gericht ausgetragen werde. Er hoffe auch, dass durch Digitalisierung weitere Personal- und auch Raumressourcen im Rathaus freigesetzt werden.
Die Gespräche
Noch ist die Kommunalwahl nicht gelaufen. In fünf Städten des Kreises stehen am Sonntag, 27. September, Stichwahlen an. In Brühl, Frechen, Kerpen, Pulheim und Erftstadt entscheiden die Wählerinnen und Wähler, wer Bürgermeister wird, da hier im ersten Durchgang am 13. September keiner der Kandidaten die absolute Mehrheit erreichen konnte.
Da auch das Rennen um die Nachfolge von Landrat Michael Kreuzberg noch nicht entschieden ist, sind nicht nur in diesen fünf Städten, sondern in allen Kommunen des Kreises die Wahlberechtigten ein weiteres Mal aufgefordert, an die Urne zu gehen. (dv)
Lipp wünscht sich, dass die Stadtverwaltung mit der Digitalisierung schon früher angefangen hätte. „Dann wären Kapazitäten frei für Arbeiten, die heute liegenbleiben.“ So habe ein Organisations- und Effizienzgutachten schon 2016 festgestellt, dass auf dem Bauordnungsamt mehr Personal nötig sei. Dies würde zu einer verbesserten Bauabnahme von städtischen Gebäuden führen, was wiederum Geld spare.
Spürck bezweifelt diesen Effekt: „Klar kann man sagen, wir müssten mehr Personal beschäftigen. Aber wir sind in der Haushaltssicherung. Jedes Mal, wenn wir einen Haushalt vorlegen, kriegen wir von der Kommunalaufsicht sehr deutlich ins Stammbuch geschrieben, dass wir sowohl unsere Standards als auch unsere Personalausstattung überprüfen müssen. Ich kann nicht einfach den Stellenplan ausweiten, wie ich es gerne hätte.“
Zum Wohnungsbau
Spürck und Lipp wollen beide mehr sozialen Wohnungsbau in Kerpen. Spürck setzt dabei auf private Initiative von Investoren und auf die Wohnungsbaugesellschaft Erftland, die in den nächsten Jahren in Kerpen verstärkt aktiv werden solle.
Lipp fordert eine feste Quote an Sozialwohnungen für jedes Neubaugebiet. „Ohne Quote hat es bislang nicht funktioniert. Die Erftland hat in den letzten vier Jahren in Kerpen ganze zwei Häuser gebaut. Wir brauchen aber in Zukunft über 50 Prozent geförderten Wohnungsbau.“
Zum Stadtbild
„Wir müssen an der Mentalität der Menschen arbeiten“, sagt Spürck. „Am besten ist Schmutz und Müll, wenn er erst gar nicht entsteht.“ Klappe dies nicht, könnten auch die Regeln für Verstöße verschärft werden – etwa für das Wegwerfen von Zigarettenkippen. Auch sei es für ihn vorstellbar, den Ordnungsaußendienst präsenter zu machen.
So sieht es auch Lipp: „Die Strafen müssen höher werden.“ Er wäre auch für eine Kampagne nach dem Motto: „Liebe deine Stadt“.
Zum Hambacher Forst
Spürck sagt, er habe die „große Hoffnung, dass im Rahmen der anstehenden Leitentscheidung eine Befriedung im Wald herbeigeführt werden kann, dass diejenigen, die sich dort aufhalten, erkennen, dass es nicht mehr im Sinne des Klimas ist, den Wald weiter kaputt zu wohnen“. Man dürfe im Wald keinen rechtsfreien Raum dulden und müsse aufpassen, dass es dort nicht wieder zu Gefahren „für Leib und Leben“ komme. „Wir müssen hier mit Augenmaß herangehen, um nicht neue Eskalationen zu bekommen.“
Lipp sagt: „Diejenigen, die sich für die Natur und den Hambacher Forst eingesetzt haben, haben ihr Ziel erreicht. Der Forst ist gesichert. Das finde ich gut.“ Sie hätten es geschafft, dass die Energiewende nun schneller komme, als dies eigentlich geplant gewesen sei. Nun aber müsse im Wald Ruhe einkehren.
Zum Haushaltsplan
Spürck sagt, er wolle Grund- und Gewerbesteueranhebungen vermeiden. So hoffe er darauf, dass die Stadtwerke über kurz oder lang Gewinne abwürfen. „Mit regenerativen Energien kann man gutes Geld machen.“
Lipp fordert hier, endlich „Fahrt aufzunehmen“. Auch dies sei wieder eine Frage der Personalausstattung, gerade auch, um mit den Stadtwerken im Strukturwandel eine Rolle spielen und so große Unternehmen nach Kerpen holen zu können: „Bis jetzt verkaufen die Stadtwerke nur Gas und Strom und statten das eine oder andere Wohngebiet mit einer Wärmeversorgung aus. Wenn wir mitspielen wollen, müssen wir für wettbewerbsfähige Angebote sorgen, dafür brauchen wir mehr Personal.“
Zum ÖPNV
Sowohl Spürck als auch Lipp sind der Meinung, dass Kerpen ein schon recht gutes Angebot im Öffentlichen Nahverkehr hat. „Natürlich kann man alles ausbauen, man muss aber dann auch gucken, wie das bezahlt und angenommen wird“, sagt Lipp. Er wünscht sich mehr Ringbuslinien in Kerpener Stadtteilen, wie es eine schon für Sindorf gibt.
Spürck weist darauf hin, dass es der Stadt gelungen sei, den Schulbusverkehr in den Öffentlichen Nahverkehr zu integrieren. Dadurch seien erhebliche Einsparungen erzielt worden, die nun für Taktverdichtungen genutzt werden können. So gebe es zwischen Kerpen und dem S-Bahnhof Sindorf tagsüber schon einen sehr guten Takt. „Gerade zu später Stunde und an Wochenenden geht natürlich noch mehr. Das muss aber auch finanzierbar sein.“
Zum Individualverkehr
Lipp ist dagegen, den „individuellen Pkw-Verkehr zu verteufeln“. Deshalb müsse auch an das innerörtliche Parkplatzangebot gedacht werden. „Wir brauchen einen gesunden Mix aus allem. Dabei muss der ÖPNV mehr werden, die Pkw weniger, aber das eine darf das andere nicht komplett verdrängen.“
Spürck sagt, wenn die Verkehrswende gelingen solle, könne nicht jede Familie drei Autos vor der Haustür stehen haben. Er wünscht sich die verstärkte Nutzung von Carsharing und Fahrrädern. Im Gegensatz zu Lipp schließt er die Einführung von Parkgebühren in den Ortskernen nicht aus. „Da bin ich noch unentschlossen.“ Durch Parkgebühren könnten Einnahmen erzielt und Dauerparken unterbunden werden. Dass dies ortsansässige Geschäfte schädigen würde, glaubt Spürck nicht. Auch in Bergheim oder Brühl gebe es Parkgebühren: „Da sterben die Innenstädte auch nicht ab.“