Zwangsräumung nach AuseinandersetzungKerpener Rentnerpaar in Übergangsheim gezogen
- Das Dilemma zeichnete sich schon seit Monaten ab.
- Besitzerin und Mieter des 120-Quadratmeter-Hauses gerieten in Auseinandersetzungen.
- Schließlich kam der Gerichtsvollzieher.
Kerpen-Horrem – „Ich will hier raus“, sagt die 65-jährige Rentnerin unter Tränen. Mit ihrem Lebenspartner (73) musste sie das seit 2007 gemietete Haus in Horrem per Zwangsräumung verlassen. Seit Donnerstag leben beide im Wohnungslosenheim der Stadt an der Josef-Bitschnau-Straße.
Pünktlich um 9.30 Uhr, wie angekündigt, standen Gerichtsvollzieher, Hausbesitzerin, Anwalt, städtischer Ordnungsdienst und Schlüsseldienst (zum Auswechseln der Schlösser) vor der Tür des Rentnerpaares. Sie hatten ein paar Sachen ins Auto gepackt – Bett, Garderobe, Kaffeemaschine, ein paar Lebensmittel – und zogen um ins Übergangsheim. Den restlichen Hausstand müssen sie binnen vier Wochen im Beisein der Besitzerin aus der Wohnung holen.
Besitzerin und Mieter gerieten in Auseinandersetzungen
Das Dilemma zeichnete sich schon seit Monaten ab. Besitzerin und Mieter des 120-Quadratmeter-Hauses gerieten in Auseinandersetzungen. Nach schleppender Behebung eines Wasserrohrbruchs im März 2019 kürzte das unverheiratete Paar die Miete nach Rücksprache mit dem Mieterbund. Ab November floss zudem drei Monate lang nur die halbe Miete.
Das Sozialamt zahle die Hälfte (für ihn), die Arge (für sie zuständig) wartete auf einen Teilungsmietvertrag. Den habe die Besitzerin, die sich gegenüber dieser Zeitung nicht äußern möchte, nicht unterschreiben wollen, sagt der Rentner.
Klage gegen die Kündigung
„Dafür klagte sie Mietrückstände ein, auch als die Zahlungen längst geflossen waren.“ Gegen die Kündigung, die dann ausgesprochen wurde, klagte das Paar, erwirkte gerichtlich Aufschub, bis schließlich vor zwei Wochen der Räumungsbescheid ins Haus flatterte. „Ich habe mich so geschämt, als die am Donnerstag vor unserer Tür standen“, sagt die 65-Jährige.
In der Welt unterwegs
Ihr Lebensgefährte ist gelernter Elektriker, hat in Aachen studiert mit Abschluss zum Diplomingenieur und war seit 1975 freiberuflich als Fachmann für speicherprogrammierte Steuerungen unter anderem in der Autobranche tätig. Bis China, Russland und Indonesien führte ihn seine einträgliche Tätigkeit. Im vergangenen Jahr noch hat er mehrere Projekte bearbeitet. Viel für die Rente eingezahlt hat er nicht, „dafür aber gut gelebt“, wie er einräumt.
2010 folgte die Scheidung, die Rente wurde dadurch weiter reduziert, bis 300 Euro übrig blieben. Die wurden vom Staat auf 600 Euro aufgestockt. Bis vergangenes Jahr „sind wir mit dem Ersparten gut rumgekommen“, sagt er. Seine Partnerin erhält als kaufmännische Angestellte im Einzelhandel ebenso nur eine schmale Rente, die aufgestockt wird. Das Sozialamt habe „geduldet“, wie es aus der Stadtverwaltung heißt, dass das Paar, das im November Miethilfe beantragt habe, im Haus wohnen bleibe und die 1020 Euro Warmmiete übergangsweise übernommen.
Paar findet keine passende Wohnung
Nach der Kündigung müssen sich die beiden jetzt eine Wohnung suchen, die 68 Quadratmeter und 450 Euro Kaltmiete nicht überschreiten darf. Übernommen werden von der Stadt auch Nebenkosten (160 Euro) und Heizkosten (110 Euro). „Eine solche Wohnung ist nirgends zu finden“, sagt der Ex-Freiberufler deprimiert.
In ganz Nordrhein-Westfalen hätten sie sich intensiv umgeschaut. Bei einem Umzug in eine andere Stadt müssen Kerpen und die Verwaltung am Zielort den Wohnungswechsel billigen. „Eine Zielstadt hat uns eine Wohnung, die 450 Euro kosten sollte, verweigert, weil sie zu groß war“, empört sich das Paar.
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Die restlichen Möbel wollen sie nicht ins Übergangsheim holen, sondern am liebsten gleich in eine neue Wohnung. Aber die Hoffnung, eine nach den Maßgaben passende Bleibe zu finden, hat viele Dämpfer bekommen. „Das ist zurzeit überall sehr schwer, sozialgeförderten Wohnraum zu finden“, räumt ein Stadtsprecher ein. Zurzeit sind die beiden Rentner ratlos.