Kostenexplosion beim Brühler Rathausbau. Sattes Ausgabenplus beim Europagymnasium. Und die Kosten für das Haus der Bildung laufen aus dem Ruder.
Kommentar zu teuren BautenPolitiker in Rhein-Erft müssen auf die Kostenbremse treten
Wir kennen das doch alle vom wöchentlichen Einkauf: In den Regalen der Supermärkte stehen verführerische Produkte. Und groß ist die Versuchung, sie in den Einkaufswagen zu legen, auch wenn sie nicht auf dem Einkaufszettel standen und nicht zwingend erforderlich sind, um den wöchentlichen Bedarf an Lebensmitteln zu decken.
Ähnliche Situation, gleiche Überlegungen: Ein Auto hat einem über viele Jahre gute Dienste erwiesen, nun aber muss es ersetzt werden. Ein Neuwagen, ja das wär's doch. Den ließen sich die Bundesbürger im vergangenen Jahr im Schnitt 45 000 Euro kosten. Das ist viel Geld. Ob nicht auch ein Gebrauchter reicht, mit weniger PS, mit Stoff- statt Ledersitzen und ohne andere Extras?
Dafür muss eine alte Frau lange für stricken
Die meisten von uns wissen, wie die Entscheidung lauten würde: lieber auf Nummer sicher gehen und keine Risiken eingehen. Schließlich geht es um unser Geld und wir wissen nicht, wie sich die Lage in Zukunft entwickeln wird. Sind die Jobs sicher? Wie entwickelt sich die Inflation? Kommt unsere Wirtschaft wieder in Schwung? Was lassen wir uns die Energiewende kosten – die wir alle mitbezahlen? Kann sich jeder die Wohnung, in der er lebt, noch leisten?
Solche Abwägungen erscheinen manchem Politiker fremd. Wurde doch zuletzt beispielsweise in Kerpen bekannt, dass der geplante, über alle Fraktionsgrenzen hinweg befürwortete Neubau des Europagymnasiums 230 Millionen Euro kosten soll. Vor sechs Jahren waren 90 Millionen Euro veranschlagt worden. Dann kamen Corona, der russische Angriffskrieg auf die Ukraine, gestiegene Baukosten aufgrund der allgemeinen Teuerung ... sodass zwischenzeitlich von 160 Millionen Euro die Rede war. Auch dafür muss eine alte Frau schon lange stricken.
Bei 230 Millionen – und seien wir ehrlich: dabei wird es nicht bleiben – geraten einige Politikerinnen und Politiker in der Kolpingstadt doch ins Grübeln. Allen voran die FDP, die erwartungsgemäß ihr favorisiertes Modell ins Feld führt: Ein Privater baut die Schule und die Stadt mietet sie. Und genauso erwartungsgemäß kommt aus Verwaltung und anderen Parteien die Ablehnung: Das rechne sich am Ende nicht, und die Stadt zahle sogar noch drauf.
Also eine Nummer kleiner planen. Und so schlägt Baudezernent Thomas Marne vor, das Foyer zu verkleinern, die Standards bei der Bauausführung – etwa bei Fliesen – zu senken und auf eine überdachte Fahrradabstellanlage zu verzichten. Die „Ersparnis“: vier bis fünf Millionen Euro. Mit Verlaub: Die machen den Kohl jetzt auch nicht fett.
Schulneubauten für Kinder, die noch gar nicht geboren sind
Natürlich ist es verzwickt. Es wurde viel zu wenig in Bildung investiert. Viele Schulen bröckeln, Teile der Gesamtschule Kerpen sind nach einem Wasserschaden 2023 auf Sicht nicht nutzbar; und Kinder, die in den Genuss moderner Schulen kommen, in denen das Sich-Wohlfühlen das Lernen beflügelt, sind noch gar nicht geboren. Heißt: Wer heute einen Schulneubau beschließt, wird frühestens im nächsten Jahrzehnt bunte Bänder zur Eröffnung durschneiden können.
Kerpen hat viele Namen: In Brühl explodierten die Kosten für das neue Rathaus, und der Großteil der Verantwortlichen nahm es mit einem Achselzucken hin. Und auch auf einer Ebene höher, im Kreis, sitzt das Geld locker. Die Kosten für das Haus der Bildung verdoppeln sich auf 25 Millionen Euro.
Bleibt zu hoffen, dass ein Bildungsträger einzieht, der Betriebswirtschaftslehre anbietet und günstige Kurse für Politikerinnen und Politiker anbietet.