Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

Kommentar

Kriminalitätsentwicklung
Weniger Straftaten Rhein-Erft – nur eine Momentaufnahme

Ein Kommentar von
Lesezeit 3 Minuten
Peter Kikulski ist Leiter der Direktion Kriminalität bei der Polizei Rhein-Erft.

Peter Kikulski ist Leiter der Direktion Kriminalität bei der Polizei Rhein-Erft.

Es besteht eine Diskrepanz zwischen der gefühlten Kriminalität und den Zahlen der Polizei. Sicher auch, weil Täter immer gewissenloser vorgehen.

Eine alte Dame ist zu Wochenbeginn in einer Grünanlage in der Nähe der Erftallee in Bergheim überfallen worden. Der Täter zerrte die Frau, die sich an ihrem Rollator festhielt, zu Boden und raubte ihre Handtasche. Sie erlitt laut Polizei schwere Verletzungen und musste ins Krankenhaus gebracht werden, ein Bekannter schreibt in einem sozialen Netzwerk, die 95-Jährige habe einen Beckenringbruch erlitten.

Der Überfall geschah gegen 11 Uhr. Eine Zeit, in der dieser Bereich nicht gänzlich unbelebt ist. Das Risiko, gesehen zu werden, ignorierte der Täter oder die Täterin offenkundig.

Täter nahmen das Risiko, beobachtet zu werden, offenbar in Kauf

Den Schutz der Dunkelheit haben dagegen Täter in der Wochenmitte genutzt, als sie die Glastür eines Schmuckgeschäfts in Brühl einschlugen. Ein Zeuge sah noch, wie drei Männer ihre Beute in den Kofferraum eines schwarzen BMW schafften und davon rasten. Zeitpunkt des Diebstahls war nach 3 Uhr nachts, in der Fußgängerzone. Dort, wo Menschen wohnen; die Täter das Risiko, beobachtet zu werden, aber offenbar in Kauf nahmen.

Ebenfalls in dieser Woche legte die Polizei die Zahlen für die Kriminalitätsstatistik für 2024 vor. Zentrale Botschaft war die: Die Straftaten im Rhein-Erft-Kreis nehmen weiter ab, im Vergleich zum Vorjahr um knapp fünf Prozent. 31.276 Fälle von Straftaten liegen der Kreispolizei für das vergangene Jahr vor, 32.891 waren es 2023 und 34.592 im Jahr 2022.

Größer könnte die Diskrepanz kaum sein: Auf der einen Seite zwei Verbrechen, die zeigen, wie rücksichtslos und bar jedweder Skrupel Täter vorgehen; auf der anderen die nüchternen Zahlen, die den unangebrachten Rückschluss zulassen könnten, dass die Kriminalität rückläufig ist. Statistiken sind eine Momentaufnahme und immer von verschiedenen Faktoren abhängig, zuvorderst von den Möglichkeiten der Strafverfolgung durch die Polizei.

Die hängt von der Anzahl der Polizistinnen und Polizisten ab und daher auch davon, wie engmaschig gefahndet wird: Wird eine Bande gefasst, die für eine Vielzahl von Einbrüchen verantwortlich ist, erhöht dies nicht nur die Aufklärungsquote, sondern führt zu dem simplen Ergebnis, dass eine Serie gestoppt wird und keine weiteren Straftaten begangen werden können.

Alte Dame bangt um ihre Gesundheit, Juwelier um die Wiedergutmachung des Verlusts und des Schadens

Und natürlich wirkt es sich auf die Zahl bestimmter Delikte aus, wenn Innenminister Herbert Reul die Kreispolizeibehörden anweist, mehr gegen Einbruchskriminalität oder Rauschgiftdelikte zu tun. Dann wird   zwangsläufig Personal von A nach B geschoben – mit dem Ergebnis, dass Delikte an der einen Stelle sinken, an anderer aber zunehmen.

Das wissen die Verantwortlichen bei der Kreispolizeibehörde in Bergheim auch. Daher verbreiteten sie in dieser Woche bei der Vorstellung der Zahlen auch keinen Optimismus. Die Bekämpfung der Kriminalität ist eine fortwährende Aufgabe, leider.

Und ob die Statistik im nächsten Jahr zur selben Zeit einen Rückgang bei den Einbruchsdelikten oder bei der Straßenkriminalität aufweist, hilft der alten Dame und dem Juwelier nicht. Sie bangt um ihre Gesundheit, er um die Wiedergutmachung des Verlusts und des Schadens.