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Immer mehr finden kein ObdachZahlen in Rhein-Erft entwickeln sich dramatisch

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Die Zahl der versteckten und sichtbaren Obdachlosen an Rhein und Erft (hier ein Foto aus Köln) steigt seit Jahren dramatisch an.

Rhein-Erft-Kreis – Die Zahl der Obdachlosen und versteckt Obdachlosen hat in den vergangenen Jahren dramatisch zugenommen.

Nach einer Statistik des Sozialdienstes Katholischer Männer Rhein-Erft (SKM) waren 2014 noch 379 Menschen in den Obdachlosenunterkünften in den Städten an Rhein und Erft gemeldet, 2017 waren es 636. „Im Jahr 2020 waren es schon 1278“, sagt Karina Dreja, Abteilungsleiterin der Wohnungsnotfallhilfe beim SKM.

Rhein-Erft-Kreis: Viele sind „versteckt“ obdachlos

Schwieriger zu ermitteln, aber ähnlich deutlich sind die Zahlen derer, die versteckt obdachlos sind, also in einer Notlage versuchen, bei Freunden und Verwandten unterzukommen und sich irgendwie von Couch zu Couch retten.

Kampagne der Fachberatung

Der Sozialdienst Katholischer Männer (SKM) informiert an drei Tagen über die Kampagne „Wohnung – Los!“. In Bergheim am Mittwoch, 14. September, von 10 bis 15 Uhr vor der SKM-Fachberatungsstelle an der Hauptstraße 61; in Frechen am Donnerstag, 15. September, von 10 bis 15 Uhr auf dem Johann-Schmitz-Platz vor der Volkshochschule; in Wesseling am Freitag, 16. September, von 9 bis 14 Uhr, auf dem Wochenmarkt auf dem Alfons-Müller-Platz. Darüber hinaus öffnen die Fachberatungsstellen des Sozialdienstes in Bergheim, Frechen und Wesseling am Dienstag, 20. September, von 9 bis 13 Uhr zu einem Tag der offenen Tür. (dv)

Bei den freien Trägern im Kreis, die Beratungen oder auch die postalische Erreichbarkeit für solche Menschen bieten, waren 2014 noch 45 verdeckt obdachlose Menschen vermerkt. 2017 waren es 59 und 2020 schließlich 140. Die Dunkelziffer dürfte weit höher liegen. „Die Menschen schlafen bei Freunden, Verwandten, im Zelt oder unter der Brücke“, sagt Karina Dreja. „Die Zahlen steigen stetig.“

Ursache für den starken Anstieg ist nach Ansicht von Vertretern der Sozialverbände unter anderen der völlig überhitzte Wohnungsmarkt. Selbst Wohnungssuchende mit geregeltem Einkommen würden nicht mehr fündig, sagt etwa Janine Harig, die Vorsitzende des Trägervereins für das Frauenhaus im Rhein-Erft-Kreis.

Die 24 Plätze des Frauenhauses seien wie eh und je ausgelastet mit Frauen, die vor häuslicher Gewalt geflüchtet seien, und deren Kindern, berichtet Harig. „Aber wir beobachten verstärkt, dass die Frauen große Probleme haben, von hier aus eine Wohnung zu finden.“ So würden die begehrten Plätze viel länger belegt, als sie eigentlich benötigt würden. „Der Wohnungsmarkt ist zu.“

Weniger Sozialwohnungen im Rhein-Erft-Kreis

Auch der SKM teilt die Beobachtung. „Inzwischen wird ja selbst bei den Kommunalen Wohnungsbaugesellschaften gesiebt“, sagt Karina Dreja. Bei der Vergabe der Sozialwohnungen werde geschaut, ob es ein geregeltes Einkommen, Einträge bei der Schufa oder Haustiere gebe. „Da bleiben gerade die auf der Strecke, die Hilfe brauchen. Sie rutschen in der Rangliste nach hinten.“

Überhaupt sei die Zahl der Sozialwohnungen gesunken, weil die Mietpreisbindung inzwischen abgelaufen sei, und die neuen Sozialwohnungen zu teuer seien. „Wir brauchen mehr Wohnraum“, fordert Karina Dreja.

Die Kommunen müssten in die Pflicht genommen werden, gerade denen Schwächeren Zugang zu Wohnungen zu verschaffen. „Das Problem ist nicht nur ein Thema von Randgruppen – mittlerweile ist die Problematik, bezahlbaren Wohnraum zu finden, in der Mitte der Gesellschaft angekommen.“

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Im Kreissozialausschuss, der am Mittwoch, 7. September, tagt, soll ein Antrag von CDU, Grünen und FDP behandelt werden, indem es um eine Verbesserung der Situation für Menschen geht, die von Obdachlosigkeit bedroht sind. „Die Situation am Wohnungsmarkt wird nun zusätzlich durch die Ankunft ukrainischer Kriegsflüchtlinge verschärft, die man selbstverständlich auch nicht unbegrenzt in Turnhallen unterbringen kann“, heißt es in dem von Willi Zylajew (CDU), Elmar Gillet (Grüne) und Christian Pohlmann (CDU) unterschriebenen Antrag.

Es brauche flexible Lösungen, um die Wohnungsnot kurzfristig zu lindern, etwa die Schaffung kleiner Gruppen von Wohnwagen, die täglich von Sozialhelfern angefahren würden, ein Register freier Wohnungen für hilfsbedürftige Menschen oder die dringend notwendige Erweiterung des Frauenhauses im Rhein-Erft-Kreis, sagt auch Jannis Milios, Kreistagsmitglied der Piraten.