Pro-Kopf-VerschuldungBedburg hat die meisten Miesen – Wesseling ist der Musterknabe
Rhein-Erft-Kreis – Das bringt sofort den Landrat auf den Plan: IT NRW, das frühere Statistische Landesamt, hat die Pro-Kopf-Verschuldung der Kreiseinwohner mit zwei Euro deklariert. Falsch, lässt Michael Kreuzberg seine Pressestelle übermitteln: „Der Rhein-Erft-Kreis ist unverändert schuldenfrei.“ Die Kommunen sind es nicht.
Es handele sich bei einem dem Rhein-Erft-Kreis anteilig zugerechneten Kredit um Verbindlichkeiten für den Neubau des Chemischen Veterinäruntersuchungsamtes Rheinland (CVUA) mit Sitz in Hürth, heißt es in der Pressemitteilung der Kreisverwaltung. „Träger der Einrichtung sind alle Kreise und kreisfreien Städte des Regierungsbezirkes Köln sowie das Land NRW. Der Bau wurde vorletztes Jahr kreditfinanziert in Hürth errichtet, ist aber kein Eigenbetrieb des Kreises; der Standort in Hürth ändert an dieser Tatsache nichts. Die für den Bau getätigten Investitionen wurden, da kreditfinanziert, rein rechnerisch allen Trägerkommunen anteilig durch IT.NRW zugerechnet. Real liegen die Verbindlichkeiten beim CVUA selbst.“
Die Kreisverwaltung trägt also nichts zur Pro-Kopf-Verschuldung der Bürger an Rhein und Erft bei, nicht einmal zwei Euro. Die Kommunen schon: Rein rechnerisch, so hat IT.NRW errechnet, steht jeder Bürger im Rhein-Erft-Kreis mit 2333 Euro in der Kreide. Unter dem Durchschnittswert bleiben Bergheim, Brühl, Frechen, Kerpen, Pulheim und Wesseling. Höher verschuldet sind Bedburg, Elsdorf, Erftstadt und Hürth.
Pro-Kopf-Verschuldung in Bedburg am höchsten
Bedburg hat mit einer Pro-Kopf-Verschuldung von 4189 Euro die meisten Miesen. Wesseling dagegen ist der Musterknabe. In der Stadt am Rhein hat jeder Einwohner nur 682 Euro Schulden durch die Wirtschaft seiner Stadtverwaltung. Bedburgs Kämmerer Herbert Baum erläutert die Auffälligkeit, dass sich die Pro-Kopf-Verschuldung der Stadt in den vergangenen zehn Jahren um mehr als 487 Prozent gesteigert hat, allein von 2015 auf 2016 um 10,7 Prozent. „Wenn wir uns die Zahlen genauer anschauen, sehen wir, dass es sich im Wesentlichen um Kredite für Investitionen handelt, denen ein Wert gegenübersteht“, sagt Baum. Rund 50 Millionen der Kredite in Höhe von knapp 73 Millionen Euro habe die Stadt allein in den Windpark Königshovener Höhe investiert. „Und der wirft jährlich einen Nettogewinn im Bereich rund 1,5 Millionen Euro ab, entlastet also den Haushalt der Stadt.“ Die restlichen Kredite seien in Projekte wie den Ankauf des Toom-Marktes, die Herrichtung der Begegnungsstätte Alte Schule in Kirchtroisdorf oder in den Umbau des Bahnhofs geflossen, sagt Baum.
Problematisch seien die Kassenkredite (Liquiditätskredite) zur Deckung der laufenden Verwaltungskosten, räumt er ein. Die seien 2015 noch einmal um 2,5 Millionen Euro angestiegen und spiegelten mit einer Gesamthöhe von 22 Millionen Euro das Haushaltsdefizit wieder. Das Haushaltssicherungskonzept (HSK) der Stadt sehe vor, dass 2022 wieder ein ausgeglichener Haushalt vorgelegt und ab dann mit dem Abbau der Liquiditätskredite begonnen werden könne.
Die Stadt Wesseling befindet sich ebenfalls im HSK, hat aber keine Probleme mit der Liquidität. „Um Defizite bei den laufenden Kosten der Verwaltung auszugleichen hatten wir bisher immer noch genügend Rücklagen, sodass wir, um es verständlich zu formulieren, nie, wie andere Kommunen, einen Überziehungskredit in Anspruch nehmen mussten“, sagt Kämmerer Manfred Hummelsheim. Auch für Investitionen zum Beispiel in den Straßenbau habe die Stadt zuletzt keine Kredite mehr aufnehmen müssen und sogar Schulden tilgen können.
Wesseling habe Jahre mit hohen Gewerbesteuereinnahmen und dann wieder Phasen, in denen diese Geldquelle wegbreche. Das schwanke mit dem Erfolg der großen Chemieunternehmen. Der wiederum sei abhängig von allen möglichen Faktoren auf dem Weltmarkt, unter anderem beispielsweise vom Ölpreis.