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Medikamente, Nahrung, WindelnPulheimer brachte Hilfsgüter an Grenze zu Ukraine

Lesezeit 3 Minuten
Hilfstransport Ukraine Dietzel

Christian Dietzel  half beim  Entladen der Hilfsgüter, als die Transporter ihr Ziel erreicht hatten. 

  1. Fast 3000 Kilometer, 30 Stunden Fahrtzeit liegen hinter Christian Dietzel und seinen Kollegen und Freunden.
  2. Mit vier Transportern brachten sie gespendete Hilfsgüter ins Flüchtlingslager im polnischen Przemysl.
  3. Der Mitgründer des Pflegedienstes „Ein Herz für Menschen“ erzählt von der Begegnung mit den ukrainischen Kriegsopfern.

Pulheim – „Es hat ein paar Tage gedauert, das Erlebte zu verarbeiten und in Worte fassen zu können.“ Christian Dietzel (39) ist noch immer bewegt, wenn er von seinem Hilfsgüter-Transport an die polnisch-ukrainische Grenze denkt.

Fast 3000 Kilometer, 30 Stunden Fahrtzeit liegen hinter ihm und seinen sieben Kollegen und Freunden. Mit vier Transportern brachten sie fünf Tonnen gespendete Hilfsgüter wie Medikamente, Windeln, Decken und Nahrungsmittel ins Flüchtlingslager im polnischen Przemysl. Doch die Fakten sagen wenig über die tiefgreifenden Erlebnisse und Eindrücke ihrer Reise aus.

„Es war ein Wechselbad der Gefühle“, erinnert sich Christian Dietzel.

Pflegedienst „Ein Herz für Menschen“ gegründet

„Einerseits waren wir glücklich, dass wir alle Sachspenden dort abliefern konnten, wo sie am nötigsten gebraucht werden. Andererseits wurde mir vor Ort erst deutlich, was es wirklich bedeutet, vor dem Krieg nur mit dem Nötigsten fliehen zu müssen. Da muss man schon mal schlucken.“

Christian Dietzel ist ein pragmatischer Mann, der sich für Menschen, die Hilfe brauchen, einsetzt. Vor fast vier Jahren gründete er zusammen mit seiner Lebensgefährtin, der Krankenschwester Saskia Pattberg, in Pulheim den Pflegedienst „Ein Herz für Menschen“.

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Einige der 130 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sind aus Russland und der Ukraine, da wurde seit Kriegsbeginn viel diskutiert. Einig waren sich alle: Die Zivilisten sind die Leidtragenden und man muss ihnen helfen. „Das ist eine menschliche Katastrophe“ sagt Christian Dietzel. „Ein Angriffskrieg hier in Europa, fast vor unserer Haustür. Da musste ich was tun. Ich wollte vor Ort sein.“

Hilfsbereitschaft der Pulheimer riesig

Also startete er einen Spendenaufruf, die Hilfsbereitschaft der Pulheimer war unerwartet riesig. Mit vier prallvoll gefüllten „Ein Herz für Menschen“-Transportern ging es schließlich mitten in der Nacht los, quer durch Polen bis an die ukrainische Grenze. Beklommen machten sie dort die Kampfhubschrauber, die plötzlich über ihren Transportern kreisten.

Und dann die Panzer auf den Autobahnen, da spürt man schon sehr deutlich, hier ganz in der Nähe herrscht Krieg“, erinnert sich Christian Dietzel. Angekommen im polnischen Przemysl begegneten sie Hunderten von Menschen, die über die Grenze vor dem Krieg aus ihrer Heimat geflohen waren. „Mir prägten sich die Gesichter der Frauen und Kinder ein, voller Verzweiflung, Angst und unendlicher Müdigkeit“, erinnert er sich. „Einige hatten ihr Haustier dabei, viele kamen nur mit einem Rucksack.“

Große Solidarität der Polen mit der Ukraine

Mit einigen von ihnen kam er ins Gespräch. „Eine Ukrainerin, die mit ihrem kleinen Kind geflohen war, erzählte mir sorgenvoll, sie habe keine Angst um ihr eigenes Leben, sondern um das ihres Mannes und ihrer Eltern, die in der Ukraine bleiben mussten“. Die Solidarität der Polen sei sehr groß, sagt er. Doch viele der Geflüchteten, erklärt Dietzel, wollen gar nicht so weit hinter die rettende Grenze. Sie hoffen darauf, bald wieder in ihre Heimat zurückkehren zu können.

Nach all den erschütternden Erlebnissen, die er mit nach Hause nahm, ärgert sich Christian Dietzel über Menschen, die ihm nicht glauben oder das Leid der Kriegsflüchtlinge nicht wahrhaben wollen. „Doch, es ist genauso und schlimmer. Wir müssen den Menschen dort helfen.“

Christian Dietzel: „Wir wollen keine Menschenleben gefährden”

Wird er ein weiteres Mal mit Hilfsgütern Richtung Ukraine starten? „Ich möchte das nicht ausschließen“, sagt Dietzel nachdenklich. „Aber wir wollen keine Menschenleben gefährden. Der Krieg rückt näher an die Grenze. Jetzt ist auch schon der Westen der Ukraine unter Beschuss. Aber die Solidarität mit den Menschen dort ist uns sehr wichtig. Wir werden den Kriegsflüchtlingen auf jeden Fall weiterhin helfen.“