Kein Tampon-Automat für Pulheimer SchülerAbfrage der Verwaltung führte in die Irre
Pulheim – In der Sitzung des Hauptausschusses in der vergangenen Woche sah alles ganz klar und logisch aus. Es gebe im Schulzentrum Brauweiler keinen Bedarf an Hygiene-Automaten, schrieb die Stadtverwaltung in ihrer Beschlussvorlage. Die Mehrheit der Politiker folgte dieser Einschätzung und lehnte ein Pilotprojekt ab, das vorsah, dass die Schülerinnen von Gymnasium und Realschule künftig Tampons und Binden an einem Automaten ziehen könnten – kostenlos und vor allem diskret. Doch so einfach ist die Sache nicht. Viele der Schülerinnen sehen sehr wohl einen Bedarf. Und die Schulleitungen sagen, sie seien mitnichten konkret dazu befragt worden.
Diskussion über Hygieneartikel in Pulheimer Schulen
In der Sitzung des Ausschusses für Soziales, Generationen und Integration (SGI) am Dienstag stand das Thema wieder auf der Tagesordnung. Ausschussvorsitzender Torsten Rekewitz (SPD) hatte es draufgesetzt, wohl wissend, dass es nach der Entscheidung im Hauptausschuss keine erneute Abstimmung geben konnte.
Allerdings hatte er gehofft, dass zumindest darüber diskutiert würde und dass dabei auch die Schülerinnen zu Wort kämen, die im Publikum saßen. Doch dafür fand er keine Mehrheit – CDU, WfP, FDP und AfD stimmten dagegen. Im Mai hatte der SGI übrigens beschlossen, die Automaten im Schulzentrum aufzustellen: als auf ein Jahr angelegtes Pilotprojekt für die Ausstattung von Behörden, Schulen und öffentlichen Einrichtungen mit Hygiene-Automaten.
„An unserer Schule gibt es sehr wohl Bedarf“, stellt Martin Sina klar. Weder ihn als Leiter des Abtei-Gymnasiums noch seinen Stellvertreter habe die Stadtverwaltung gefragt: „Ich möchte wissen, mit wem Sie gesprochen haben. Da hätte ich gern den Namen.“
In der Verwaltungsvorlage heißt es: „Die Verwaltung hat Kontakt zu den weiterführenden Schulen aufgenommen. Das Ergebnis: In allen weiterführenden Schulen haben Schülerinnen bereits heute die Möglichkeit, kostenlose Hygieneartikel im Bedarfsfall im Sekretariat zu erhalten. Im Geschwister-Scholl-Gymnasium erhalten Schülerinnen auch bei der Toilettenaufsicht kostenfreie Hygieneartikel. Ein zusätzliches Angebot wird auch von den Schulen nicht gesehen.“
Es habe irgendwann mal einen Anruf im Sekretariat gegeben, erinnert Sina sich, bei dem gefragt worden sei, ob dort Hygieneartikel vorgehalten würden. Dort könnten die Mädchen tatsächlich Tampons oder Binden abholen. „Aber vielen ist das peinlich“, sagt der Schulleiter.
Pulheimer Schülerinnen „sehr traurig und sauer“
In der Schülervertretung seien die Hygiene-Automaten ein wichtiges Thema. Und wenn die Stadtverwaltung ihn nach dem Bedarf gefragt hätte, hätte er das mit der SV besprochen, so Sina. Einige Schülerinnen seien in die Sitzung des Hauptausschusses gegangen, weil sie gedacht hätten, sie könnten dort Stellung nehmen. „Was sie dort erlebt haben, entspricht nicht ihrer Vorstellung von Demokratie.“
Ähnlich schildert es Amelie Urschel, Lehrerin an der Gesamtschule im Schulzentrum. Die Schülerinnen seien „sehr traurig und sauer“. Auch an der Gesamtschule sei nur nachgefragt worden, ob es Hygieneartikel im Sekretariat gebe. Die Antwort hier wie da: Ja, das Angebot ist vorhanden. Es werde aber nicht gut angenommen, sagt Urschel. Die Gesamtschülerinnen haben das Problem auf unkonventionelle Art gelöst: Sie haben am Preisausschreiben einer Firma teilgenommen, die Hygiene-Automaten herstellt, und prompt ein Exemplar gewonnen. Das jetzt allerdings leer ist, die Nachfüllung war nicht im Preis enthalten.
Auch Sina geht die Sache pragmatisch an. Es gebe eine Anfrage an den Förderverein, der schon Unterstützung zugesagt habe. Der Schulleiter: „Notfalls zahle ich den Automaten aus eigener Tasche, weil ich unmöglich finde, wie das jetzt läuft.“ So sehr teuer seien die Geräte nicht, die kosteten rund 300 Euro. Bleibt die Frage der Befüllung.
Pulheimer Verwaltung gibt Kommunikationsfehler zu
Das Thema ist damit allerdings noch lange nicht vom Tisch. Torsten Rekewitz hat an Bürgermeister Frank Keppeler geschrieben und will wissen, wer an den Schulen gefragt wurde, „gerne auch unter Zurverfügungstellung der entsprechenden Antworten“.
Ruth Henn, Pressesprecherin der Stadtverwaltung, schafft Klarheit. Und gibt zu, dass in der Vorlage das Meinungsbild der Schulen unzutreffend wiedergegeben worden sei – aufgrund eines Kommunaktionsfehlers: „Tatsächlich ist bei den Schulen abgefragt worden, ob bereits heute Hygieneartikel kostenlos bereitstehen. Die konkrete Haltung zur Aufstellung von Hygiene-Automaten ist nicht eruiert worden.“
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Die Verwaltung werde die Abstimmung mit den Schulleitern nun „zeitnah“ nachholen. Über das Ergebnis würden die Fraktionen informiert. Und dann komme das Thema noch einmal im Hauptausschuss auf die Tagesordnung. Auch die Mädchen wollten am Thema dranbleiben, berichtet Amelie Urschel. Mit Publikum ist also in der Ausschusssitzung zu rechnen.