Mangelnde OrtskenntnisKrankenwagen braucht 23 Minuten für Notfall-Einsatz in Pulheim
- In Pulheim hätte die fehlende Ortskenntnis der Einsatzkräfte schlimmer enden können.
- Statt acht Minuten brauchte ein Rettungswagen wegen der Sperrung der Rathauskreuzung 23 Minuten.
- Eine Pulheimerin beschwerte sich nun beim Bürgermeister. Der sieht die Schuld bei der Besatzung der Rettungswache.
Pulheim – Marianne Hütsch gerät am Morgen des 7. Oktober ganz schön ins Schwitzen. Ihr Mann Ewald Hütsch klagt über Unwohlsein, sie will den Notruf wählen. Doch bevor sie aus seinem Büro zum Telefon im Wohnzimmer gelangt, hört sie einen Knall. Ihr Mann liegt auf dem Boden, aschfahl und verschwitzt. Und der Rettungswagen kommt nicht.
Die gute Nachricht vorweg. Es ist noch mal glimpflich ausgegangen. Niemand ist zu Schaden gekommen. „Ich bin froh, dass es meinem Mann gut geht und er hier ist“, sagt Marianne Hütsch. Ganz verarbeitet hat die Pulheimerin, die mit ihrem Mann Ewald im Europaviertel wohnt, die Ereignisse des 7. Oktobers noch nicht. „An dem Vormittag haben wir 23 Minuten auf einen Rettungswagen gewartet“, so die Pulheimerin.
Kurz nach halb neun habe ihr Mann über Unwohlsein geklagt. „Ich habe mich schlecht gefühlt, konnte mich nicht auf den Beinen halten. Es war das erste Mal, dass ich mir nicht helfen konnte“, erinnert sich Ewald Hütsch. Um die 112 vom Wohnzimmer aus anzurufen, sei sie vom Büro ihres Mannes die Treppe ins Wohnzimmer hochgelaufen. „Ich hatte schon gewählt, da hörte ich einen Knall. Als ich zurück ins Büro kam, sah ich, dass Ewald auf dem Boden lag.“ Der Mitarbeiter der Kreisleitstelle habe sie gefragt, wie es ihrem Mann gehe, ob er ansprechbar sei. „Das war er, aber die Augen fielen ihm immer wieder zu. Er war aschfahl und völlig verschwitzt.“
Marianne Hütsch meldet sich beim Bürgermeister
Um 8.44 Uhr alarmierte der Disponent der Kreisleitstelle die Rettungswache in Sinnersdorf. Um 9.01 Uhr hat die Besatzung des Rettungswagens eine „Verzögerung aufgrund einer Verkehrsbehinderung“ gemeldet. Um 9.07 Uhr trafen die Sanitäter laut Protokoll der Kreisleitstelle im Haus der Hütschs ein. „Sie haben meinen Mann versorgt, um 9.20 Uhr kam der Notarzt.“ Ein paar Minuten später hätten die Sanitäter, der Notarzt und ihr Mann das Haus verlassen. „Ich war unsicher, aber konnte selbstständig zum Rettungswagen gehen“, so der 63-Jährige.
Zwei Tage nach dem Vorfall – Ewald Hütsch war inzwischen wieder zu Hause – rief Marianne Hütsch bei Bürgermeister Frank Keppeler an, um den Fall zu schildern. Am 10. Oktober habe er sie angerufen und versichert, dass er sich um den Fall kümmern werde.
Rettungswache handelte gegen Alarm- und Ausrückordnung
Der Bürgermeister und der Beigeordnete Uwe Zaar bedauerten den Vorfall sehr, sagt Stadtsprecherin Ruth Henn auf Nachfrage. Sie hätten die Einsätze umgehend prüfen lassen, damit sich ein solcher Vorfall nicht wiederhole.
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Die Besatzung der Rettungswache in Sinnersdorf, die vom Malteser Hilfsdienst betrieben wird, habe bedauerlicherweise entgegen der bestehenden und angepassten Alarm- und Ausrückordnung der Feuerwehr gehandelt. Das habe eine Prüfung ergeben, so Ruth Henn weiter. Die Alarm- und Ausrückordnung sieht vor, dass „während der Sperrung der Rathauskreuzung bei einem Einsatz südlich der Bahnlinie die Umgehungsstraße Richtung Geyen zu nutzen ist“.
Verspätung durch mangelnde Ortskunde der Besatzung
Davon wussten die Einsatzkräfte, die von der Kreisleitstelle um 8.44 Uhr alarmiert worden waren, aber nichts. „Aufgrund eines Kommunikationsfehlers ist diese Information innerhalb der Wache nicht an die Besatzung weitergegeben worden“, sagt Kai Vogelmann, Sprecher der Landesgeschäftsstelle des Malteser Hilfsdienstes NRW. Damit so etwas nicht wieder vorkomme, hätten die Zuständigen den gesamten Fall unter die Lupe genommen und mit den Mitarbeitern besprochen. „Jeder ist jetzt auf dem aktuellen Stand. Wir haben allen ans Herz gelegt, dass die Alarm- und Ausrückordnung für uns bindend und einzuhalten ist.“
Es habe eine Zeitverzögerung gegeben, das sei sehr bedauerlich, sagt Martin Gawrisch, Ordnungsdezernent des Rhein-Erft-Kreises und somit zuständig für den Rettungsdienst. „Grund war wohl mangelnde Ortskunde der Besatzung. Wir gehen auf die Malteser zu, die den Rettungswagen eingesetzt haben und werden klären, warum die Sanitäter nicht ortskundig waren.“
Sanitäter hätten sich früher bei Wache melden müssen
Der Alarm- und Ausrückordnung zufolge soll innerhalb von acht Minuten nach Alarmierung das erste Rettungsfahrzeug an der Einsatzstelle sein. Hätten sich die Sanitäter auf dem Rettungswagen früher bei der Kreisleitstelle zurückgemeldet und mitgeteilt, dass der Einsatzort nicht rechtzeitig erreicht werden könne, hätte der Disponent ein anderes Fahrzeug benachrichtigen können, so Gawrisch. „Das ist leider zu spät erfolgt.“
Marianne und Ewald Hütsch sind erleichtert, dass alles ohne gesundheitliche Folgen ausgegangen ist. „Uns ist es wichtig, dass so etwas bis zur Aufhebung der Sperrung am 30. November nicht wieder vorkommt“, so Marianne Hütsch.