Auf dem Marktplatz fand die Kundgebung „Pulheim zeigt sich“ statt. Vierstündiges Bühnenprogramm mit mehr als 200 Musikern und 20 Rednern.
KundgebungRund 1500 Menschen in Pulheim im Einsatz für Demokratie und Vielfalt
Die Berliner Sängerin und Künstlerin Kim Seligsohn musste ihr Publikum auf dem Marktplatz nicht zweimal bitten. Zu einem Klangteppich aus vielen Kehlen forderte sie das Publikum auf: „Am schönsten ist es, wenn sich die Tonflächen reiben.“ Langanhaltende Töne stimmten die Menschen an, auf denen Seligsohn 20 Namen in einen improvisierten Gesang verwandelte, die der Heimatforscher Josef Wißkirchen zusammengestellt hatte.
Schon am Vormittag hatte die Darstellerin der NS-Dokumentation „Liebe Angst“ Schülerinnen und Schülern des Geschwister-Scholl-Gymnasiums von ihrer Großmutter Marianne und ihrer Urgroßmutter Klara erzählt, die in Konzentrationslagern ermordet worden waren. Einzig ihre Mutter Lore hatte zusammen mit zwei Söhnen im Versteck auf einem Dachboden überlebt.
Vielfältiges Bühnenprogramm
Kim Seligsohn war eine von mehr als 200 Musikerinnen und Musikern und mehr als 20 Rednerinnen und Rednern, die in vielfältigen Beiträgen vier Stunden lang die Kundgebung „Pulheim zeigt sich! – für Vielfalt, Demokratie und Menschlichkeit“ begleiteten.
Schülersprecher Yann Niehoff und Tillmann Seibel vom Geschwister-Scholl-Gymnasium äußerten sich da ganz im Geiste der Namensgeber ihrer Schule. Annalena Kraft und Josephine Groß von der Gesamtschule setzten sich in flammender Rede für Andersdenkende und -fühlende sowie behinderte Menschen ein.
Zwölf Organisatoren
Für zusätzliche Beiträge des Schulzentrums an der Jahnstraße hatten die zwölf Organisatoren die Kundgebung kurzfristig noch um eine Stunde auf 17 Uhr vorverlegt. Zu Spitzenzeiten des rund vierstündigen Bühnenprogramms hatte Wolf Keßler, einer der Organisatoren, 800 Menschen beim Fest für Demokratie, Vielfalt und Menschlichkeit gezählt, auf 1500 schätzte er die Feiernden insgesamt.
Auf Plakaten war neben einem Banner in Regenbogenfarben mit der Aufschrift „Happy Pride“ ein lilafarbenes Schild mit der Aufschrift „Kein Glitzer für Nazis“ zu sehen. Mit Texten wie „Menschenrechte statt rechte Menschen“ und Regenbogenflaggen forderten Demonstranten für „Respekt – Kein Platz für Rassismus“. Auf einem Plakat war zu lesen „Die AfD ist nerviger als Hausaufgaben“. In der Plakatwerkstatt neben der Bühne hatten manche ihrer Empörung Luft gemacht.
In der Aktion „Hand drauf“ trugen die Vorsitzenden der demokratischen Fraktionen im Rat der Stadt Pulheim mit Bürgermeister Frank Keppeler ihre „Erklärung für Demokratie, Weltoffenheit und Vielfalt“ vor und gaben sich symbolisch die Hand.
In einer Speakers Corner durften jede und jeder zweiminütige Reden vortragen, es blieb Raum auch für kontroverse Beiträge. Ganz bewusst hätten die zwölf Organisatoren die Kundgebung nicht als Demo gegen Rechts bezeichnet, sagte Wolf Keßler. Ihnen gehe es darum, die Tonlage im Einsatz für Demokratie wieder „auf ein konstruktives Niveau zu heben“. Als Erfolg verbuchte Keßler die Erfahrung, dass viele Menschen Teil einer solchen Initiative für bürgerschaftliches Engagement sein wollten, und zwar über die obligatorische Demo am Wochenende hinaus.