„Wir hatten ja keine Ahnung“Pulheimer Schüler entwerfen Ausstellung zur NS-Zeit

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Schülerinnen und Schüler bauen ihre Installation auf. In 15 Boxen der Mauer befinden sich Biografien, Zeichnungen und andere Erinnerungen an ehemalige Gefangene.

Pulheim-Brauweiler – Wie aus einem zweistündigen Workshop nach und nach eine Ausstellung wird, erfahren Besucher derzeit in der Gedenkstätte des Landschaftsverbandes Rheinland (LVR).

Im Keller des ehemaligen Frauenhauses der Arbeitsanstalt, das heute ein Bürogebäude ist, ist „die geschriebene, gemalte, fotografierte, gebaute und digital bearbeitete Erinnerungsarbeit“ von Schülerinnen und Schülern der Kultour-Klassen am Abtei-Gymnasium Brauweiler (AGB) zu sehen.

Konzentrationslager und Gestapo-Gefängnis

Mit „Spuren in die Vergangenheit 1933-1945“ ist der Rückblick in ein sehr düsteres Kapitel der Geschichte Brauweilers betitelt. In der NS-Zeit war die Arbeitsanstalt Brauweiler, die bis Ende der 1960er-Jahre bestand, Konzentrationslager, Gestapo-Gefängnis und Sammellager für Kölner Juden vor der Deportation nach Dachau.

Besucher können sich in der Ausstellung die virtuelle Präsentation auf Tablets anschauen. Markus Thulin (l.) und Thomas Hartz prüfen, ob die Verbindung steht.

Die Dauerausstellung in der 2008 eröffneten Gedenkstätte erinnert an die Nazi-Gräuel. Die Wechselausstellung der Schülerinnen und Schüler wird dort noch bis Montag, 4. April gezeigt.

Neugierig und betroffen

Sechs Themenfelder haben die 14- und 15-Jährigen für ihre Fotorallye ausgewählt. Die Idee, auch außerhalb der Abtei Brauweiler nach Spuren der NS-Zeit zu suchen, sei nach dem Workshop mit Markus Thulin, wissenschaftlicher Referent für Gedenkstättenpädagogik im LVR, aufgekommen, sagt Thomas Hartz.

„Sie waren neugierig, sie waren betroffen, sie wollten mehr wissen“, sagt der Pädagoge am AGB, der das Projekt mit seiner Kollegin Susanne Koch betreut hat. Ben Sandforth, einer der Schüler, formulierte es bei der Eröffnung so: „Wir hatten keine Ahnung, dass so nah an unserer Schule so schreckliche Dinge passiert sind.“

Virtuelle Präsentation

Die Themenfelder sind auf großformatigen Tafeln mit historischen und aktuellen Fotos und kurzen Texten dokumentiert. Die Schülerinnen und Schüler gingen noch einen Schritt weiter. Mit einem Web basierten Tool haben sie eine virtuelle Präsentation erstellt. Sie haben weitere Fotos, auch historische, eigene Texte und fiktive Tagebucheinträge eingefügt.

Auf diese Weise rekonstruieren sie die tragischen Ereignisse des Jahres 1941. Damals versuchten zwei schwer erziehbare Jugendlich (Fürsorgezöglinge) aus der Arbeitsanstalt zu fliehen. Der Versuch scheiterte, sie wurden hingerichtet. Auch Videos des LVR sind zusehen. Wer den QR-Code einscannt, erhält all diese Informationen aufs Handy.

Mauer der Erinnerung

Auch eine Installation ist in der Wechselausstellung zu sehen. Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufe acht haben eine Mauer der Erinnerung gebaut. Sie besteht aus 15 Boxen. Jede dieser Boxen enthält die Biografie einer/eines Gefangenen der Arbeitsanstalt, fiktive, von ihnen verfasste Tagebucheinträge, Zeichnungen und Bilder.

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Die Ausstellung „Spuren der Vergangenheit“ in der Gedenkstätte Brauweiler, Ehrenfriedstraße 19, ist noch bis zum 4. April zu sehen. Sie kann bei einem begleiteten Rundgang montags bis freitags jeweils um 10, 12 und 16 Uhr sowie an Wochenenden und Feiertagen um 11 und um 15 Uhr besucht werden. Tickets gibt es im Abtei-Shop sowie im Internet.

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